Abgeordnete kritisieren Umgang mit Täter-Hinweisen im LKA
Im Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Magdeburg steht das
Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt in der Kritik. Wurden Hinweise in
der Behörde auf den späteren Täter richtig eingeordnet?
Magdeburg (dpa/sa) - LKA-Direktorin Birgit Specht hat im
parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den
Weihnachtsmarkt in Magdeburg parteiübergreifend Kritik auf sich
gezogen. Mehrere Abgeordnete bemängelten, dass das Landeskriminalamt
Sachsen-Anhalt die Radikalisierung des späteren Täters nicht richtig
erkannte.
Es sei sehr mutig, zu sagen, im Ergebnis sei alles richtig gemacht
worden, sagt SPD-Obmann Rüdiger Erben. Der Auftritt der LKA-Chefin
sei insgesamt bemerkenswert gewesen, so Erben. FDP-Obmann Guido
Kosmehl betonte, das LKA habe die Radikalisierung des Mannes nicht
richtig erfasst. Er verwies etwa darauf, dass dieser vor dem Anschlag
in einem sozialen Netzwerk ein Profilbild mit Sturmgewehr einstellte.
Direktorin: «Wir haben nicht in seinen Kopf gucken können»
Specht sagte dazu, eine konkrete Gefahr sei damals nicht erkennbar
gewesen. Schließlich würden sich ja auch viele Jäger mit ihren
Gewehren im Internet zeigen, sagte die LKA-Direktorin. «Wir haben
nicht in seinen Kopf gucken können.» Man habe keine Möglichkeit
gehabt, die Todesfahrt zu verhindern. Sie habe sich oft gefragt, ob
die Tat hätte verhindert werden können, so Specht. Für ihre Kollegen
habe es jedoch «keinen einzigen Anhaltspunkt» gegeben, dass Taleb A.
eine solch schreckliche Tat begehen würde.
Taleb al-Abdulmohsen war im Dezember 2024 mit einem Auto über den
Weihnachtsmarkt von Magdeburg gefahren. Sechs Menschen wurden
getötet, mehr als 300 wurden zum Teil schwerst verletzt. Derzeit
läuft am Landgericht Magdeburg der Prozess gegen den Mann aus
Saudi-Arabien. In den vergangenen Jahren war der Arzt immer wieder
mit den Behörden in Kontakt gekommen, entweder weil er selbst
Anzeigen erstattet hatte oder weil gegen ihn ermittelt wurde.
22 Hinweise zum späteren Täter
Dem LKA lagen vor dem Anschlag laut der Direktorin insgesamt 22
Informationen zum späteren Täter vor. In einigen Fällen wurden
Hinweise von anderen Behörden an das LKA weitergegeben, in anderen
wurden die Vorfälle nicht als Straftat bewertet.
Specht räumte auf Nachfrage ein, dass bei den verschiedenen
Polizeibehörden Informationen zu dem Mann vorlagen, diese jedoch
nicht zentral zusammengeführt worden seien, weil man dazu keine
Notwendigkeit sah. «Jeder hat seins bearbeitet», sagte die
LKA-Direktorin.
Andere Länder sind weiter
Grünen-Obmann Sebastian Striegel betonte, andere Bundesländer hätten
schneller ein systematisches Bedrohungsmanagementsystem zu potenziell
gefährlichen Personen installiert als Sachsen-Anhalt. Striegel
bezeichnete die Darstellungen Spechts als irritierend. Ihre
Äußerungen seien nicht geeignet, «unsere Zweifel am Fehlen eines
Bedrohungsmanagementsystems in Sachsen-Anhalt zu zerstreuen», sagte
Striegel.
CDU-Obfrau Kerstin Godenrath erklärte, die vielfältigen Schwächen und
Unaufmerksamkeiten in den Ebenen der Polizei hätten mit einem
etablierten Bedrohungsmanagement überwunden werden können. «Die
Direktorin des Landeskriminalamtes hat die Besorgnis verstärkt, dass
die polizeiliche Leistung zu positiv bewertet wurde.»
Eine Abteilungsleiterin aus dem Innenministerium sagte im Ausschuss,
ein Früherkennungs- und Bedrohungsmanagement werde aktuell
erarbeitet. Auf Nachfrage, warum Sachsen-Anhalt länger als andere
Länder dafür brauche, sagte sie, Ziel sei ein bundesweit
einheitliches, standardisiertes Konzept gewesen. Die Kriterien dafür
seien lange nicht klar gewesen.
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