Abgeordnete kritisieren Auftritt von Oberstaatsanwalt

Der leitende Magdeburger Oberstaatsanwalt kann im
Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Magdeburg kaum Angaben machen.
Die Abgeordneten reagieren irritiert.

Magdeburg (dpa/sa) - Der leitende Magdeburger Oberstaatsanwalt Horst
Walter Nopens hat sich im parlamentarischen Untersuchungsausschuss
zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt nicht näher zum Täter äußern
wollen. Auf Nachfrage der Abgeordneten antwortete er immer wieder,
dass er zu Verfahren vor seiner Zeit keine Auskunft erteilen könne.
Die Mitglieder des Ausschusses zeigten sich irritiert. Nopens soll
nun erneut als Zeuge geladen werden. 

In den vergangenen Jahren war der Todesfahrer Taleb al-Abdulmohsen
immer wieder mit den Behörden in Kontakt gekommen, entweder weil er
selbst Anzeigen erstattet hatte oder weil gegen ihn ermittelt wurde.

Nopens erklärte, er könne keine Angaben machen, weil die Verfahren
vor dem Anschlag im Dezember 2024 außerhalb seiner Dienstzeit liegen
würden. Er habe erst im Juli 2024 die leitende Stelle in Magdeburg
übernommen und vorher in Dessau-Roßlau gearbeitet. Wenn der Ausschuss
Informationen zu den Akten haben wolle, müsse er diese eigenständig
aufbereiten, sagte der Oberstaatsanwalt. «Ich bin als Zeuge geladen,
nicht als Sachverständiger oder Gutachter.»

Zeuge soll erneut geladen werden

FDP-Obmann Guido Kosmehl schlug nach einer Unterbrechung der
öffentlichen Sitzung vor, den Zeugen zu einem späteren Zeitpunkt
erneut vorzuladen. Kosmehl sagte in Richtung von Nopens, es gebe
sicherlich Möglichkeiten, sich in die Verfahren einzuarbeiten. Er
betonte, es gehe auch um das Handeln der Behörde insgesamt. 

«In Anbetracht des schrecklichen und brutalen Anschlages konnte ich
mir nicht vorstellen, dass ein Behördenleiter in Sachsen-Anhalt sich
so verhält. Von Respekt muss ich erst gar nicht sprechen», erklärte
die CDU-Obfrau Kerstin Godenrath. Das Auftreten des Zeugen sei weder
angemessen noch würdig «und stellte die Mitwirkungsbereitschaft der
Staatsanwaltschaft Magdeburg infrage».

Immer wieder ist der Arzt aufgefallen

Taleb al-Abdulmohsen war im Dezember 2024 mit einem Auto über den
Weihnachtsmarkt von Magdeburg gefahren. Sechs Menschen wurden
getötet, mehr als 300 wurden zum Teil schwerst verletzt. Derzeit
läuft am Landgericht Magdeburg der Prozess gegen den Mann aus
Saudi-Arabien.

Allein in Nordrhein-Westfalen war der Todesfahrer vor dem Anschlag
insgesamt in elf Verfahren involviert. In drei Verfahren sei er der
Beschuldigte gewesen, bei acht Vorgängen habe er Anzeige erstattet,
sagte der leitende Kölner Oberstaatsanwalt Stephan Neuheuser im
Untersuchungsausschuss.

40 Verfahren insgesamt

Bei den Auseinandersetzungen in Nordrhein-Westfalen ging es immer
wieder um den Verein «Säkulare Flüchtlingshilfe» in Köln. Er kü
mmert
sich um die Interessen atheistischer Flüchtlinge. Mehrfach stellte
al-Abdulmohsen Anzeige gegen Mitarbeiter, er warf ihnen etwa vor,
Spendengelder veruntreut zu haben, beleidigt worden zu sein oder im
Interesse der Regierung Saudi-Arabiens tätig zu sein. Außerdem wurde
al-Abdulmohsen Beleidigung vorgeworfen. Die Verfahren wurden
letztlich alle eingestellt.

Laut der Ausschussvorsitzenden Karin Tschernich-Weiske (CDU) gab es
bundesweit insgesamt 40 Verfahren - 25 Anzeigen von al-Abdulmohsen
sowie 15 Anzeigen gegen ihn. Zu Verurteilungen von al-Abdulmohsen sei
es aber nur in zwei Fällen gekommen - einmal wegen einer Bedrohung in
Rostock und einmal wegen eines Notrufmissbrauchs in Berlin, sagte
sie. In Magdeburg und Köln sei es nicht zu Verurteilungen gekommen,
so Tschernich-Weiske. Sie betonte, der Mann habe immer wieder
Drohungen ausgesprochen.

Kein hinreichender Tatverdacht

Oberstaatsanwalt Neuheuser sagte, man habe sich jeden Sachverhalt
angeschaut. Bei den eingestellten Verfahren in Köln habe es letztlich
keinen Anfangsverdacht oder hinreichenden Tatverdacht gegeben.

Ein Polizeibeamter in Köln hatte nach einem Gespräch mit
al-Abdulmohsen im März 2023 eine psychische Erkrankung bei dem Mann
vermutet und dies auch festgehalten. Das hatte jedoch keine größeren
Konsequenzen, die Information wurde auch nicht an die Behörden in
Sachsen-Anhalt übermittelt. Neuheuser sagte, es habe sich um eine
laienhafte Einschätzung gehandelt. Für eine Übermittlung der
Information habe es zudem keine Rechtsgrundlage gegeben.

Ein in die Ermittlungen involvierter leitender Magdeburger Beamter
aus dem Bereich polizeilicher Staatsschutz sagte im Ausschuss, man
habe al-Abdulmohsen als «querulantischen Vielschreiber» eingestuft,
der mit Entscheidungen von Behörden nicht einverstanden gewesen sei.
Er habe über Jahre hinweg immer die gleichen Sachverhalte
vorgetragen. «Von der Gefahr eines Anschlages bin ich zu keinem
Zeitpunkt ausgegangen.»

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite