Raus aus Komfortzone: Warum Bas Kast fürs Unbequeme plädiert Von Julia Kilian, dpa

Bestsellerautor Bas Kast («Der Ernährungskompass») findet, wir
sollten uns öfter mal aus der Komfortzone herausbewegen. Warum es ihn
ins Eisbad zieht und er Spaß für überbewertet hält.

Berlin (dpa) - Öfter mal etwas Unbequemes aushalten. Wenn sich Autor
Bas Kast (52) etwas Gutes tun will, steigt er in eine Badewanne
voller Eiswasser. Das tue weh - «aber danach fühle ich mich belebt
und viel besser», erzählt er. Kast, der mit seinem
«Ernährungskompass» einen Bestseller landete, plädiert in seinem
neuen Buch dafür, den Reiz des Unangenehmen wiederzuentdecken.

Kälte, Fasten, Sport - um solche Herausforderungen geht es im Essay
«Lob des Unbequemen. Wie ich lernte, die Eisbäder des Lebens zu
genießen». Kast argumentiert, dass wir in der modernen Welt viel
entwickelt haben, um Anstrengungen zu vermeiden. Autofahren,
Zentralheizung, volles Tiefkühlfach.

Doch gerade anstrengende Momente zahlten sich im Nachhinein aus,
meint er. «Nicht alles, was unangenehm ist, schadet uns. Nicht alles,
was sich gut anfühlt, tut uns gut. Oft ist es genau umgekehrt.»

Wie Kast anfangs beim Krafttraining schummelte

In dem rund 80-seitigen Essay beschreibt Kast zum Beispiel, wie sich
sein Blick aufs Krafttraining verändert habe. Anfangs habe er Übungen
abgekürzt und geschummelt. Erst später habe er verstanden, dass es
nötig sei, die Anstrengung auszuhalten, um etwas zu erreichen.

«Der Gedanke, die Unbequemlichkeit nicht als Feind, sondern als
Verbündeten zu betrachten, ließ mich nicht los», schreibt er. Weil
unsere Gesellschaft - verständlicherweise - Widerstände abgebaut
habe, sei es an uns, wieder bewusst Herausforderungen zu setzen: sich
der Kälte aussetzen und dann die Wärme genießen, mal länger nichts

essen oder sich körperlich fordern.

«Hat uns dieses Vermeiden glücklicher gemacht?»

Das Prinzip lasse sich auch auf andere Lebensbereiche übertragen:
Statt Konflikten aus dem Weg zu gehen und Frust in sich
hineinzufressen, könne es lohnend sein, sich ihnen zu stellen. Auch
der permanente Griff zum Smartphone diene mitunter dazu, unangenehmen
Gefühlen zu entkommen.

«Hat uns dieses Vermeiden unbequemer Gefühle wirklich glücklicher
gemacht?», fragt Kast im Buch. «Oder wird uns zunehmend klar, dass
gerade das Überwinden von Widerständen zu unserer Lebenszufriedenheit
beiträgt - ja, eine entscheidende Voraussetzung dafür ist?»

Was in seinem Frühstücks-Shake landet

Auch beim Spaziergang am Berliner Schlachtensee erzählt Kast, wie ihn
dieser Gedanke heute prägt. Er ist ein drahtiger Typ, der schnell
geht, sich als introvertiert beschreibt und drei Kinder hat. Er
beschäftigt sich schon länger mit der Frage, wie man gesund leben und
alt werden kann. Im Februar erscheint sein neues Buch «Der
Vitaminkompass».

Wenn er über Ernährung, Fasten oder Eisbäder spreche, werde er häuf
ig
mit dem Vorwurf der Selbstoptimierung konfrontiert, schreibt Kast.
Dabei werde übersehen, dass vieles davon früher schlicht Alltag
gewesen sei.

Mit seinem Training etwa gehe es ihm nicht darum, auszusehen wie
Arnold Schwarzenegger, erzählt der Wissenschaftsautor, sondern
möglichst gesund alt zu werden. Stichwort «longevity»
(«Langlebigkeit»). Inzwischen trinkt er zum Beispiel keinen Alkohol
mehr.

Bei der Ernährung sei er streng. Morgens trinke er einen
«supergesunden Shake» - ein Mix aus allem, was er für besonders
wertvoll halte: Blaubeeren, Sojabohnen, Kurkuma, Ingwer, Leinsamen,
Nüsse, Joghurt, Obst oder Karottenreste seiner Kinder. «Manchmal auch
ein bisschen Tomatenmark.» Der Geschmack sei egal, so habe man
morgens schon etwas für sich getan.

Womit belohnt er sich? Mit einfachen Dingen: früh ins Bett gehen und
in Ruhe einen Podcast hören, Urlaub mit der Familie, oder mit seinem
jüngsten Sohn spielen - und sich bewusst machen, dass man sich später
nach genau diesen Momenten zurücksehnen wird.

Warum er Vergnügen für überschätzt hält

Eine Stelle im Buch, bei der vielleicht nicht jeder mitgeht. «Viele
finden es komisch, wenn ich sage, dass ich Spaß und Vergnügen für
überschätzt halte», schreibt Kast. Auch seine Schwester gehe da nicht

mit, erzählt er im Gespräch. Was er meint: dass Verantwortung, Sinn
und innere Entwicklung seiner Meinung nach erfüllender sein können
als kurzfristige Vergnügen.

Für manche seien Spaß und Glück der Sinn des Lebens, schreibt Kast.
Doch da das Leben nun mal so konstruiert sei, dass man nicht immer
Spaß haben und glücklich sein könne, erscheine es ihm eine sehr
fragile Philosophie, den Sinn des Lebens auf einem so wackeligen
Fundament aufzubauen.

Selbstverständlich gebe es Schicksalsschläge oder Erfahrungen von
Ungerechtigkeit und Gewalt, die einfach nur traumatisch seien,
schreibt Kast. Häufig seien es aber schwierige Situationen, die nicht
nur zur eigenen Resilienz beitragen, sondern dem Leben so etwas wie
Sinn und Tiefe verleihen würden. «Die Widerstände und Hürden selbst

sind es, die unser Leben wertvoll machen. Weil sie uns die Chance
geben, über uns hinauszuwachsen.»

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