Prozess um Klinikbrand - Patient wegen Demenz schuldunfähig?

Mitten in der Nacht soll ein Patient sein Krankenhausbett angezündet
haben. Drei Menschen sterben. Dem mutmaßlichen Brandstifter droht die
dauerhafte Unterbringung in einer Psychiatrie.

Hamburg (dpa/lno) - Knapp sechs Monate nach dem verheerenden Brand im
Hamburger Marienkrankenhaus wird der mutmaßliche Brandstifter in
einem Rollstuhl in den Gerichtssaal geschoben. Der 73-Jährige hat
volles graues Haar, einen wachen Blick und antwortet auf die Frage
der Richterin nach seinem Namen mit fester Stimme.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der ältere Mann wegen
einer fortschreitenden Demenz schuldunfähig ist. Der Prozess am
Landgericht Hamburg ist ein sogenanntes Sicherungsverfahren, bei dem
es um die Frage geht, ob der Beschuldigte auf Dauer in einer
Psychiatrie untergebracht wird.

Vorwurf: Brandstiftung und dreifacher Mord

Dem ehemaligen Patienten des Krankenhauses wird vorgeworfen, in der
Nacht zum 1. Juni sein Kopfkissen mit einem Feuerzeug angezündet und
so den Brand mit drei Toten und zahlreichen Verletzten verursacht
haben. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Deutschen besonders schwere
Brandstiftung mit Todesfolge und Mord mit gemeingefährlichen Mitteln
in drei Fällen vor.

Das Zimmer des Mannes im Erdgeschoss des Krankenhauses im Stadtteil
Hohenfelde brannte vollständig aus. Der Rauch beschädigte die gesamte
geriatrische Station und weitere Zimmer in dem Gebäude, wie die
Staatsanwältin erklärt. Drei Patienten - nach früheren Angaben im
Alter von 84, 85 und 87 Jahren - starben an einer
Kohlenmonoxidvergiftung.

Verletzte Krankenschwester erlitt Herzinfarkt

34 weitere Menschen wurden verletzt, einer von ihnen
lebensgefährlich, wie die Feuerwehr nach dem Brand mitgeteilt hatte.
Zwei Pflegerinnen und ein anderer Patient erlitten zum Teil schwere
Inhalationstraumata. Eine der verletzten Krankenschwestern bekam
außerdem einen Herzinfarkt, ebenso ein Security-Mitarbeiter. Bei
weiteren Patienten seien leichtere Symptome sowie psychische
Belastungsstörungen aufgetreten.

Der 73-Jährige war nach dem Brand festgenommen und vorläufig in einer
psychiatrischen Klinik untergebracht worden. Er zählte nicht zu den
Verletzten.

Todesopfer relativ weit weg vom Brandherd

Wie dramatisch der Brand war, erklärt eine Anwältin, die zwei
Geschwister eines Verstorbenen als Nebenkläger vertritt. Der weit
über 80 Jahre alte Patient habe in einem Zimmer gelegen, das sich der
Zimmernummer nach relativ weit weg von dem Brandherd befand. Der
Senior sei zur Reha in der Klinik gewesen und habe eigentlich
entlassen werden sollen. Anwältin Claudia Krüger zeigt sich
überzeugt, dass er «sicher noch ein paar schöne Jahre vor sich gehabt

hätte, wenn der Brand nicht passiert wäre».

Auch die beiden anderen Todesopfer lagen in anderen Krankenzimmern
der geriatrischen Station. Ein Patient, der mit dem mutmaßlichen
Brandstifter das Zimmer teilte, konnte dagegen von Pflegekräften und
Feuerwehrleuten gerettet werden.

Rettung mit Fluchthauben und Drehleitern

Bei Eintreffen der Einsatzkräfte hätten mehrere Patienten an den
Fenstern um Hilfe gerufen haben, sagte ein Feuerwehrsprecher am
Brandort. Ältere Kranke im Rollstuhl mussten mit Fluchthauben durch
verqualmten Flure gebracht werden. Patienten, die einigermaßen mobil
waren, wurden über eine Drehleiter oder tragbare Leitern gerettet.

Die Flammen waren nach 20 Minuten gelöscht. Doch rund 220
Feuerwehrleute und Retter waren an jenem Sonntagmorgen über mehrere
Stunden im Einsatz.

Ermittlungen gegen Krankenhaus-Verantwortliche

Ihre Mandanten beschäftige die Frage nach dem Warum, sagte
Nebenklagevertreterin Krüger. Es gebe dazu weitere Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft. Diese richten sich gegen Verantwortliche aus dem
technischen Bereich des Krankenhauses, wie eine Sprecherin der
Staatsanwaltschaft bestätigte. Es bestehe der Verdacht der
fahrlässigen Tötung. Die Ermittlungen seien noch im vollen Gange und
es stünden mehrere Gutachten aus.

Nach Angaben des Hamburger Senats verfügt das Marienkrankenhaus über
verschiedene technische Brandschutzeinrichtungen, aber keine
Sprinkleranlagen. Das sei in Krankenhausbauten aber auch nicht
regelhaft vorgesehen, hieß es in einer Antwort auf eine Kleine
Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Das größte Hamburger
Krankenhaus, das Universitätsklinikum Eppendorf, habe
Sprinkleranlagen nur in offenen Fluren und im Bereich der
Anmeldungen.

Prozess möglicherweise nicht-öffentlich

In den Hamburger Krankenhäusern - laut Krankenhausgesellschaft sind
es 36 - kommt es häufiger zu Bränden. Die Feuerwehr zählte nach
Angaben des Senats im vergangenen Jahr 32 Brände, von denen acht
gelegt wurden. Im Jahr 2023 brannte es 43 Mal in den Hamburger
Kliniken, zehnmal infolge einer Brandstiftung.

Das katholische Marienkrankenhaus ist eine der größten Kliniken
Hamburgs. Es hat nach eigenen Angaben rund 600 Betten und behandelt
jedes Jahr etwa 93.000 Patienten. Das Krankenhaus ist auf die
Versorgung älterer Menschen spezialisiert.

Das Gericht hat sechs weitere Verhandlungstermine angesetzt. Die
Strafkammer erwäge, die Öffentlichkeit am nächsten Verhandlungstag
(3. Dezember) auszuschließen, sagt die Vorsitzende Richterin Jessica
Koerner.

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite