Mordprozess gegen Palliativarzt dauert länger als geplant

Ein Berliner Palliativmediziner steht im Verdacht, Patienten getötet
zu haben. Der Mann schweigt zu den Vorwürfen. Stück für Stück trage
n
Ermittler Indizien zusammen. Das kostet Zeit.

Berlin (dpa/bb) - Nach 18 Verhandlungstagen zeichnet sich ab, dass
der Mordprozess gegen einen Palliativarzt bis weit ins nächste Jahr
gehen wird. Das Landgericht Berlin hat inzwischen weitere
Verhandlungstage bis 4. Mai 2026 eingeplant. Zunächst waren
Prozesstage bis Ende Januar vorgesehen.

Die Schilderungen eines Sachverständigen der Gerichtsmedizin
verdeutlichten unterdessen vor Gericht, wie der Mediziner zunehmend
unter Tötungsverdacht geriet. Der inzwischen 41-Jährige soll 15
Patienten im Zeitraum von September 2021 bis Juli 2024 in Berlin
getötet haben. In einigen Fällen soll der Deutsche Brände gelegt
haben, um die Taten zu vertuschen. 

Irritation über Medikament

Um toxikologische Gutachten zu fünf Fällen ging es am 18. Prozesstag.
Bei der Obduktion wurde die Untersuchung bei einigen Leichen
ausgeweitet und nach Substanzen gesucht, die möglicherweise zum Tod
geführt haben könnten. Kohlenmonoxid - wie es für Brandopfer typisch

wäre - wurde dabei nicht gefunden, wie der Leiter der Forensischen
Toxikologie, Stefan Scholtis, im Zeugenstand berichtete. 

In mehreren Fällen sei jedoch ein Medikament, ein Muskelrelaxans,
gefunden worden. «Die Indikation kam uns eigenartig vor», sagte
Scholtis. Denn das Medikament zur Muskelentspannung werde als Teil
einer Anästhesie eingesetzt und sorge für eine Lähmung der
Muskelgruppen. «Weil der Atemmuskel auch betroffen ist, erfolgt der
Einsatz immer bei Beatmung», erklärte der Toxikologe. Werde das
Medikament ohne künstliche Beatmung verabreicht, setze die Atmung
nach wenigen Minuten aus und der Tod trete ein. 

Ermittlungen bis nach Kroatien

Die Staatsanwaltschaft wirft dem promovierten Mediziner Mord aus
Heimtücke und sonstigen niedrigen Beweggründen vor. Sie hat zunächst

in 15 Fällen Anklage erhoben. Parallel laufen jedoch die Ermittlungen
zu weiteren Fällen weiter. In dem Rahmen ist auch eine weitere
Exhumierung geplant. Diese soll in Kroatien erfolgen, weil die Leiche
der betroffeneren Frau dort bestattet wurde. 

Ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen ist laut Staatsanwaltschaft
erfolgt. Staatsanwalt Philipp Meyhöfer hofft, dass das Grab noch in
diesem Jahr geöffnet und die Leiche untersucht werden kann, wie er am
Rande des Prozesses sagte. 

Vater von Arzt vernommen 

Unterdessen wurde der Vater des Angeklagten von der Polizei als Zeuge
befragt. Laut Staatsanwaltschaft sagte er umfassend aus. Zuvor hatte
sich der Mann öffentlich geäußert. Ob er auch vor Gericht als Zeuge
aussagen wird, ist offen. Seine Schilderungen könnten aber für die
Sachverständige von Bedeutung sein, die ein psychiatrisches Gutachten
über den Angeklagten erstellen soll. Der Arzt selbst hat bislang
nicht mit ihr gesprochen.

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