HIV-Erkrankungen werden in Europa oft erst spät erkannt

Das europäische Gesundheitswesen ist bei der Früherkennung und
Behandlung von HIV-Infektionen häufig zu spät dran. Das erschwert den
Kampf gegen Aids, wie führende Gesundheitsbehörden warnen.

Kopenhagen/Stockholm (dpa) - HIV-Erkrankungen werden in Europa zu oft
erst spät erkannt und behandelt. Zu diesem Schluss kommen die
EU-Gesundheitsbehörde ECDC und das europäische Regionalbüro der
Weltgesundheitsorganisation WHO in einem gemeinsamen Bericht, den sie
vor dem Welt-Aids-Tag am kommenden Montag veröffentlichten.

Mehr als die Hälfte (54 Prozent) aller HIV-Diagnosen in Europa wurden
demnach im Jahr 2024 zu spät für eine optimale Behandlung gestellt.
Dies und eine wachsende Zahl an unentdeckten Fällen gefährdeten das
Ziel, die Immunschwäche-Krankheit Aids bis zum Jahr 2030 als Gefahr
für die öffentliche Gesundheit beseitigt zu haben, warnten das in
Stockholm ansässige ECDC und die in Kopenhagen sitzende WHO Europa.

Welche Folgen eine zu späte Diagnose haben kann

Dem jährlichen HIV/Aids-Überwachungsbericht der beiden Behörden
zufolge wurden 2024 knapp 106.000 HIV-Diagnosen in der WHO-Region
Europa gestellt. Zu ihr zählen insgesamt 53 Staaten, die über die EU
hinaus bis nach Zentralasien reichen. Betrachtet man nur den
Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), der die EU sowie Island,
Liechtenstein und Norwegen umfasst, dann waren es dort etwas mehr als
24.000 Diagnosen, von denen 48 Prozent erst spät erfolgten.

Der hohe Anteil an Spätdiagnosen habe zur Folge, dass viele
Betroffene nicht früh genug Zugang zu lebensrettender Therapie und
Versorgung hätten, warnten WHO und ECDC. Dies wiederum erhöhe das
Risiko, HIV weiterzuverbreiten sowie an Aids zu erkranken und zu
sterben. 

Die beiden Behörden riefen dazu auf, umfassender auf HIV zu testen
und auch Selbsttests besser zugänglich zu machen. Das Ziel für 2030
im Kampf gegen Aids sei erreichbar - aber nur, wenn sich die Region
Europa jetzt daran setze, die Testlücke zu schließen.

Rund 2.300 Infektionen in Deutschland

Weltweit infizierten sich 2024 nach UN-Angaben etwa 1,3 Millionen
Menschen mit dem HI-Virus, das unbehandelt Aids auslösen kann. Rund
630.000 starben demnach an den Folgen von Aids. Ende 2024 lebten 40,8
Millionen Menschen auf der Welt mit HIV, von denen mehr als drei
Viertel Zugang zu Medikamenten hatten, mit denen das Virus bekämpft
werden kann.

In Deutschland haben sich voriges Jahr geschätzt rund 2.300 Menschen
mit HIV infiziert. Der Wert liege um etwa 200 Neuinfektionen höher
als 2023, erklärte das Robert Koch-Institut (RKI) in seiner jüngsten
Schätzung.

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