Fünf Tote - Mann soll Familie und sich selbst getötet haben Von Aleksandra Bakmaz und David Nau, dpa
In Reutlingen findet eine Pflegekraft eine tote Frau. Schnell steht
der Verdacht im Raum: Die 60-Jährige wurde getötet. Die Ermittlungen
der Polizei offenbaren dann die Dimensionen des Falls.
Reutlingen (dpa) - Am Tag nach dem grausamen Fund liegt über einem
der Tatorte eine gespenstische Stimmung. In St. Johann auf der
Schwäbischen Alb zieht dichter Nebel durch die Straßen. An dem
Firmengebäude in einem Industriegebiet an der Hauptstraße sind die
Rollläden geschlossen, nur ein Polizeisiegel weist darauf hin, was
hier passiert ist.
Am Dienstag haben Einsatzkräfte der Polizei dort die Leichen zweier
junger Männer gefunden, beide offenbar erschossen. Der mutmaßliche
Täter: ihr Vater.
Der 63 Jahre alte Mann steht laut Polizei im Verdacht, nicht nur
seine beiden Söhne, sondern auch seine Ehefrau, seine Schwester und
dann sich selbst getötet zu haben. Wie die Polizei am Mittwoch
mitteilte, wurden die Toten im Laufe des Dienstags in Reutlingen,
Pfullingen und in St. Johann in Baden-Württemberg gefunden.
Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft wird «wegen des
Verdachts eines innerfamiliären Tötungsdelikts» ermittelt.
Tatverdächtig sei der 63 Jahre alte Deutsche, Hinweise auf einen
Fremdtäter gebe es derzeit keine.
Ermittler finden nach und nach fünf Tote
Die ganze Dimension der Tat offenbart sich den Ermittlern erst
Schritt für Schritt: Zunächst hatte eine Pflegekraft am
Dienstagmorgen die leblose 60 Jahre alte Schwester des Mannes in
ihrer Wohnung in Reutlingen gefunden. Es habe sich herausgestellt,
dass die Frau tödliche Verletzungen erlitten habe. Schnell habe sich
ein Verdacht gegen den Bruder der Frau ergeben.
Bei der Durchsuchung von dessen Wohnhaus in Pfullingen fanden
Spezialeinsatzkräfte am Dienstagabend die Leichen des 63-Jährigen und
seiner 57 Jahre alten Ehefrau. Beide hätten Schussverletzungen
aufgewiesen, die mutmaßliche Tatwaffen fanden die Ermittler neben den
Toten. Ob der Mann, der Jäger war, die Waffe legal besaß, werde
derzeit geprüft.
Anschließend durchsuchten die Einsatzkräfte die Firmenräume des
Mannes in St. Johann. Dort fanden sie die Leichen seiner 27 und 29
Jahre alten Söhne. Die getötete Ehefrau ist laut Polizei nicht die
Mutter der beiden Männer.
Die Fundorte der Toten befinden sich alle im Großraum Reutlingen.
Pfullingen, wo der mutmaßliche Täter und seine Frau wohnten, grenzt
direkt an Reutlingen. Der Firmensitz, wo die beiden Söhne gefunden
wurden, liegt in St. Johann auf der Schwäbischen Alb, wenige
Fahrminuten von Reutlingen entfernt.
Das Entsetzen vor Ort ist groß
Sie sei geschockt, sagte eine Nachbarin. Auch am Wohnort des
mutmaßlichen Täters ist das Entsetzen groß. Man habe von dem Fall
mitbekommen und sei über die Ausmaße und die Brutalität der
Ereignisse tief betroffen, ließ Pfullingens Bürgermeister Stefan
Wörner (parteilos) mitteilen. Die Jägervereinigung Reutlingen nannte
die Ereignisse unheimlich tragisch.
Viele Fragen zu der Tat sind noch offen. Warum der Mann offenbar zur
Waffe griff und seine Familie tötete, ist ebenso Gegenstand der
Ermittlungen wie die Frage nach dem genauen Ablauf. Nicht bekannt ist
auch, wann sich die Tat genau ereignete. Man wisse den Todeszeitpunkt
der einzelnen Personen bislang nicht, sagte ein Polizeisprecher.
Unklar ist derzeit auch noch, wie genau die Schwester des Mannes ums
Leben kam. Ihre Leiche wies nach Angaben der Polizei keine
Schussverletzungen auf.
Nach Angaben eines Polizeisprechers wurde eine Ermittlungsgruppe
eingerichtet. Sie soll versuchen, die offenen Fragen zu klären und
dafür auch mögliche Zeugen vernehmen. Zu Details der Ermittlungen
wollte der Sprecher nichts sagen. Nur so viel: «Die Ermittlungen sind
auf Hochtouren.»
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