Gericht kippt Bayerns Kiff-Verbot im Englischen Garten
Im Mai 2024 verbietet die bayerische Staatsregierung den Konsum von
Cannabis im Englischen Garten in München. Jetzt hat ein Gericht das
Vorgehen gekippt. Während die Regierung schweigt, feiern andere.
München (dpa/lby) - Schwere Schlappe für die Staatsregierung: Der
Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat das Cannabiskonsumverbot im
Englischen Garten in München gekippt. Das generelle Konsumverbot in
dem Park sowie im angrenzenden Hofgarten und Finanzgarten sei
unwirksam, urteilten die VGH-Richter und gaben der Klage von zwei
Männern statt, die in der Parkanlage Cannabis konsumieren wollen -
einer zum Genuss, der zweite aus gesundheitlichen Gründen.
Nach einer Eil-Entscheidung im Sommer war das Verbot im Nordteil des
Englischen Gartens bereits aufgehoben worden. Sollte die Entscheidung
des Gerichts rechtskräftig werden, wäre der Konsum vorerst wieder in
der kompletten Parkanlage sowie dem angrenzenden Hof- und
Finanzgarten erlaubt. Zwar hat der VGH keine Revision zugelassen,
dagegen kann der Freistaat Bayern aber Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht einlegen.
Hanfverband feiert Urteil als Sieg gegen CSU
«Heute haben wir die CSU daran erinnert, dass Bayern in Deutschland
ist. Gleiches Recht für alle», sagte Georg Wurth vom Deutschen
Hanfverband. Er spielte damit auf den Versuch der Staatsregierung an,
über die im Bundesgesetz zum Cannabis-Konsum bereits verankerten
Regelungen hinauszugehen. Dies verbietet Cannabiskonsum, wenn sich
Kinder und Jugendliche in unmittelbarer Nähe aufhalten oder ein
Spielplatz in Sichtweite ist. Inwieweit das Urteil auch Folgen für
Cannabisverbote der Schlösserverwaltung an anderen Orten in Bayern
hat, blieb zunächst offen.
Emanuel Burghard, einer der Kläger, sagte, das sei erst der erste
Stein, der nun ins Rollen gekommen sei. «Das ist der erste kleine
Sieg von einer längeren Schlacht, die jetzt eigentlich ziemlich zu
unserem Nachteil war. Und jetzt können wir die Sache endlich mal
umdrehen.» Dass man gemeinsam im Englischen Garten kiffen dürfe, dem
sollten nun noch weitere Schritte folgen.
Staatsregierung schweigt zu Urteil - Schlösserverwaltung wartet ab
Die Staatsregierung wollte die Entscheidung zunächst nicht bewerten.
«Die konkrete Urteilsbegründung des Gerichts bleibt nun zunächst
abzuwarten, wir werden diese selbstverständlich genau prüfen», teilte
eine Sprecherin der bayerischen Schlösserverwaltung auf Anfrage der
Deutschen Presse-Agentur in München mit. Aktuell seien keine weiteren
Äußerungen möglich.
Die Entscheidung ist in jedem Fall ein herber Rückschlag für die
restriktive Drogenpolitik der Staatsregierung, die die
Teil-Legalisierung von Cannabis auf Bundesebene nicht verhindern
konnte und darum angekündigt hatte, es Kiffern im Freistaat besonders
schwer zu machen.
Unabhängig vom Urteil halte Bayern an seinem restriktiven
Cannabis-Kurs fest, sagte Gesundheitsministerin Judith Gerlach.
Die Legalisierung von Cannabis zu Konsumzwecken bleibe vor allem mit
Blick auf den Gesundheits- und Jugendschutz falsch. «Die
Legalisierung muss unbedingt so schnell wie möglich rückgängig
gemacht werden.»
Richter bezweifelten Verbotsbegründung
Schon in der Verhandlung hatte der VGH darauf hingewiesen, dass die
bayerische Schlösserverwaltung ein solches Verbot grundsätzlich
erlassen dürfe. Nötig sei dafür aber «eine Gefahr oder erhebliche
Belästigung für Andere». Die Richter bezweifelten damals, dass die
Begründung des Freistaats ausreiche, um ein Verbot aller Arten des
Cannabiskonsums im gesamten Englischen Garten zu rechtfertigen. Eine
detaillierte Begründung des Urteils will das Gericht in den kommenden
Wochen schriftlich nachreichen.
Über die am Finanzministerium angesiedelte Bayerische Schlösser- und
Seenverwaltung, die für staatliche Parks wie den Englischen Garten
zuständig ist, und deren Nutzungsverordnung wurde der Cannabiskonsum
untersagt. Seit Mai 2024 gilt diese entsprechende Änderung der
Parkanlagenverordnungen, in der es heißt, es sei untersagt,
«Cannabisprodukte zu rauchen, zu erhitzen oder zu dampfen
einschließlich einer Nutzung von zu diesem Zweck verwendeten
E-Zigaretten, Vaporisatoren oder vergleichbaren Produkten». Es gilt
auch für den Hofgarten in Bayreuth.
«Die Alt-68er haben hier schon gekifft», sagte Emanuel Burghard noch
vor der Verhandlung. Er konnte nicht nachvollziehen, warum auf einem
mehr als zwei Millionen Quadratmeter großen Areal das Kiffen generell
verboten sein soll - auch in Bereichen weit entfernt von
Spielplätzen. Der Englische Garten gilt als eine der größten
innerstädtischen Parkanlagen weltweit, er ist größer als der Central
Park in New York und der Hyde Park in London.
Nur fünf Verstöße gegen bisheriges Kiff-Verbot
Ungeachtet des juristischen Verfahrens scheint der Cannabiskonsum im
Park auch nicht wirklich für Probleme gesorgt zu haben. Nach Angaben
der Schlösserverwaltung wurden seit Einführung des Verbots gerade
einmal fünf Verstöße dagegen offiziell registriert, die meisten davon
im an den Englischen Garten angrenzenden Hofgarten.
Die Schlösserverwaltung hatte wie die Staatsregierung vor Gericht mit
dem Gesundheits- und Jugendschutz argumentiert und befürchtete
Geruchsbelästigung durch Rauchschwaden von Joints. Der normale Konsum
von Tabak war dagegen immer erlaubt.
Das Gericht folgte nun aber der Argumentation der Klägerseite, wonach
die Staatsregierung über die ihr unterstellte Verwaltung versuche,
«die Bundesregelung so weit wie möglich auszuhebeln». Der Anwalt der
Kläger sprach in der Verhandlung von einer «drogenpolitischen
Maßnahme im Gewande einer Nichtraucherschutz-Richtlinie».
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