Polizei warnte früh vor Täter - Revierleiter soll aussagen
Monate vor dem Anschlag in Magdeburg gab es Hinweise auf die
Gefährlichkeit des Täters. Warum die Warnungen nicht zu Konsequenzen
führten, wird den Untersuchungsausschuss weiter beschäftigen.
Magdeburg (dpa/sa) - Welche Hinweise hatte die Polizei vor der
Todesfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt über die
Gefährlichkeit des Täters? Polizeibeamte aus dem Salzlandkreis haben
Monate vor dem Anschlag eine Überprüfung angeregt, ob der Mann in
einem so sensiblen Bereich wie dem Maßregelvollzug als Arzt arbeiten
sollte. Er und ein Kollege hätten Bedenken gegenüber dem Revierleiter
vorgetragen, sagte der Sachgebietsleiter polizeilicher Staatsschutz
im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Anschlag.
Er habe angeregt, «dass diese Person kritisch zu betrachten ist an
seiner Arbeitsstelle». Hintergrund sei auch gewesen, dass man sich
gefragt habe, was passiere, wenn es etwa zu einer Geiselnahme im
Maßregelvollzug kommen sollte. Der Beamte ging davon aus, dass der
Revierleiter im Anschluss entsprechende Telefonate geführt habe. Wie
das weiter verfolgt worden sei, wisse er nicht. Letztlich hätte eine
höhere Ebene gegebenenfalls an den Maßregelvollzug herantreten
müssen, etwa das Innen- oder das Sozialministerium, sagte der Beamte.
Immer wieder fiel der Mann bei den Behörden auf
Zwei Beamte aus dem Bereich Staatsschutz hatten im Jahr 2023 eine
Gefährderansprache gegenüber Taleb al-Abdulmohsen durchgeführt.
Hintergrund war, dass er mit der Behandlung eines Verfahrens durch
die Staatsanwaltschaft Köln unzufrieden war und dieser gedroht hatte.
In dem Zuge erfuhren die Polizeibeamten, dass der Mann im
Maßregelvollzug in Bernburg (Salzlandkreis) tätig war. Er arbeitete
als Stationsarzt, sein Aufgabengebiet umfasste die psychiatrische
Betreuung von Straftätern.
Später fuhr al-Abdulmohsen im Dezember 2024 mit einem Auto über den
Weihnachtsmarkt von Magdeburg. Sechs Menschen wurden getötet, mehr
als 300 wurden zum Teil schwerst verletzt. Derzeit läuft am
Landgericht Magdeburg der Prozess gegen den Mann aus Saudi-Arabien.
Revierleiter soll nun befragt werden
SPD-Obmann Rüdiger Erben sagte der Deutschen Presse-Agentur am Rande
der Sitzung, dass man nun den Revierleiter im Ausschuss als Zeuge
laden wolle. «Den wird man hören müssen», sagte Erben.
Grünen-Obmann Sebastian Striegel betonte, erstmals sei deutlich
geworden, dass im Polizeirevier Salzlandkreis über die Gefährlichkeit
von al-Abdulmohsen gesprochen worden sei. Bisher sei offen, was
danach geschehen und ob etwa der Arbeitgeber des Mannes gewarnt
worden sei, so Striegel. Dies müsse jetzt aufgearbeitet werden.
Auch AfD-Innenpolitiker Matthias Büttner sagte, die Polizei habe die
Gefahr erkannt. «Nun ist zu klären, wie mit dem Sachverhalt weiter
umgegangen worden ist.» Es stehe die Frage im Raum, wer nicht
gehandelt habe, so Büttner.
Arbeitgeber hatte keine Hinweise auf Tat
Der ehemalige Arbeitgeber des Todesfahrers hatte nach eigenen Angaben
keine Anhaltspunkte für die Tat. Der Mann sei zwar bei seiner Arbeit
immer wieder auffällig geworden, unter anderem durch lange, wirre
Mails, Unzuverlässigkeit und wenig Engagement, heißt es in einem
Untersuchungsbericht. Das Unternehmen hätte jedoch nicht wissen
können, dass al-Abdulmohsen eine solche Tat plante.
Im Untersuchungsausschuss wurde zudem erneut deutlich, dass
al-Abdulmohsen vor dem Anschlag bei den Behörden mehrfach als
Anzeigenerstatter sowie als Beschuldigter in Erscheinung getreten
war. Ein weiterer Polizeibeamter aus dem Salzlandkreis räumte ein,
dass er zwar Anzeigen von al-Abdulmohsen bearbeitete, jedoch nichts
davon wusste, dass der Mann gleichzeitig Beschuldigter in anderen
Verfahren war.
Politiker fordern besseren Informationsaustausch
Auch im Zuge der Gefährderansprache im Jahr 2023 soll es keinen
näheren Austausch zwischen dem Anzeigenbearbeiter und den Kollegen
des Staatsschutzes gegeben haben, die die Gefährderansprache
durchführten.
Politiker fordern einen besseren Informationsaustausch innerhalb der
Polizei. Im Polizeirevier Salzlandkreis sei einiges liegen geblieben,
sagte FDP-Obmann Guido Kosmehl. «Der Informationsaustausch muss
dringend verbessert werden», so Kosmehl.
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