Sparpaket gestoppt - Kommen höhere Krankenkassenbeiträge? Von Sascha Meyer, dpa
Die Beiträge zur Krankenversicherung sollen zum 1. Januar 2026 nicht
steigen, so hat es der Kanzler in Aussicht gestellt. Doch der
Bundesrat bremste ein Spargesetz der Koalition dafür aus - und nun?
Berlin (dpa) - Millionen Versicherte bekommen vorerst keine Klarheit,
ob ihre Krankenkassenbeiträge Anfang 2026 stabil bleiben können oder
noch weiter steigen. Der Bundesrat stoppte ein vom Bundestag
beschlossenes Sparpaket von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU)
und schickte das Gesetz in den Vermittlungsausschuss. Die Länder
wollen Ausgabenbremsen bei den Kliniken verhindern. Die gesetzlichen
Kassen beklagten ein «politisches Trauerspiel» und stehen vor akuten
Problemen beim Festlegen ihrer Zusatzbeiträge.
Der Chef des Spitzenverbands, Oliver Blatt, sprach von schlechten
Nachrichten für rund 75 Millionen Versicherte und die Arbeitgeber.
Ohne die vorgesehenen Einsparungen müssten die Beiträge zum
Jahreswechsel noch stärker steigen als absehbar. Das
Vermittlungsverfahren zum jetzigen Zeitpunkt sei ein riesiges Problem
für alle Kassen. «Denn sie stellen in diesen Tagen ihre Haushalte für
2026 auf und wissen nun nicht, ob es überhaupt noch ein Sparpaket
gibt.»
Länder wollen Kliniken schützen
Der Widerstand der Länder richtet sich gegen Einsparungen von 1,8
Milliarden Euro bei den Krankenhäusern, die den Großteil des
Sparpakets von insgesamt zwei Milliarden Euro ausmachen sollen. Dazu
soll der Anstieg der Klinik-Vergütungen 2026 auf die tatsächlichen
Kostensteigerungen begrenzt werden. Warken will so den Druck für
Anhebungen der Zusatzbeiträge mindern. Kanzler Friedrich Merz (CDU)
hatte bereits ausdrücklich in Aussicht gestellt, dass die Beiträge
zum 1. Januar 2026 nicht steigen. Ob es so kommt, ist ungewiss.
Im Bundesrat wurde eine parteiübergreifende Ablehnung der Pläne
deutlich. Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha
(Grüne) monierte, dass Einsparungen einseitig zulasten der Kliniken
gingen. Hessens Ministerin Diana Stolz (CDU) warnte, die Absenkung
2026 werde zur neuen Basis auch für die Folgejahre. Dies führe zu
einer dauerhaften finanziellen Schwächung. Der niedersächsische
Ressortchef Andreas Philippi (SPD) kritisierte, den Kliniken werde
ein kürzlich beschlossener Inflationsausgleich teils wieder genommen.
Zitterpartie bei Abstimmung
Die sonst gleich nach der Aussprache übliche Abstimmung wurde auf das
Ende der Sitzung verschoben - mit der Begründung, dass die
Bundesregierung mit Blick auf die Länder-Einwände noch eine Erklärung
erstellen wollte, die in der laufenden Sitzung zu Protokoll gegeben
werden sollte. Der Parlamentarische Staatssekretär im
Bundesgesundheitsministerium, Georg Kippels (CDU), rief die Länder
auf, auf den Vermittlungsausschuss zu verzichten. Vorerst gestoppt
sind nun auch in dem Gesetz vorgesehene erweiterte Kompetenzen für
Pflegekräfte.
Warken, die nicht an der Sitzung teilnahm, nannte den Beschluss zum
Anrufen des Kompromissgremiums von Bundestag und Bundesrat ein
«schlechtes Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland». Dies
werfe einen Schatten auf das gemeinsame Ziel, die Kranken- und
Pflegeversicherung auf ein stabiles Fundament zu setzen «Immer höhere
Beiträge oder Steuerzuschüsse können dafür keine Lösung sein.»
Trotz
der Sparmaßnahme dürften die Ausgaben für die Kliniken 2026 um acht
Milliarden Euro auf 120 Milliarden Euro steigen.
Das weitere Vorgehen ist offen und die Zeit bis zum Jahreswechsel
knapp. Wann der Vermittlungsausschuss zusammenkommt, steht noch nicht
fest. Die mitregierende SPD sieht eine «Chance», eine Lösung für di
e
Finanzlücke auf mehrere Schultern zu verteilen. Jetzt sei Ministerin
Warken gefordert, sehr zeitnah klare und tragfähige Vorschläge
vorzulegen, erklärten Fraktionsvize Dagmar Schmidt und der
gesundheitspolitische Sprecher, Christos Pantazis.
Kritik der Opposition
Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte der Deutschen
Presse-Agentur, Warkens Beitragssicherungsversprechen sei endgültig
kollabiert. Jetzt gebe es zusätzliche Unsicherheit: «Haushalte müssen
doppelt geplant, Verträge angehalten und Neuverhandlungen vorbereitet
werden - weil die Ministerin ein Paket vorgelegt hat, das schon vor
der Umsetzung implodiert.»
Die Krankenkassen und die Opposition hatten schon vor der
Entscheidung im Bundesrat vor absehbaren Anhebungen der
Zusatzbeiträge 2026 gewarnt, da viele Kassen Reserven auf
vorgeschriebene Mindestwerte auffüllen müssen.
Direkt stabile Beiträge festlegen kann die Politik nicht. Über die
Zusatzbeiträge für 2026 für ihre Versicherten entscheiden die Kassen
je nach ihrer Finanzlage in den nächsten Wochen selbst. Im Schnitt
liegt das Niveau derzeit bei 2,9 Prozent. Der gesamte Beitrag, den
sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen, umfasst daneben den
allgemeinen Satz von einheitlich 14,6 Prozent. Bei Anhebungen des
Zusatzbeitrags haben Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht. Erst
Anfang 2025 hatte es eine Welle kräftiger Erhöhungen gegeben.
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