Bundesrat stoppt erstmals ein Gesetz der Regierung Merz Von den dpa-Korrespondenten

Die Stimmung in der Koalition mau, der Rentenstreit noch längst nicht
ausgestanden - jetzt legt sich auch noch der Bundesrat quer. Er
schickt ein wichtiges Gesetz in den Vermittlungsausschuss.

Berlin (dpa) - Der Bundesrat hat erstmals ein Gesetzesvorhaben der
Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gestoppt. Die
Länderkammer beschloss, für das Sparpaket zur Stabilisierung der
Krankenkassenbeiträge den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das
gemeinsame Gremium von Bundestag und Bundesrat muss schnell einen
Kompromiss suchen, um eine Anhebung der Kassenbeiträge für gesetzlich
Versicherte Anfang kommenden Jahres doch noch zu verhindern.

Die für die Krankenhausversorgung zuständigen Länder hatten im
Vorfeld die geplanten Einsparungen bei den Kliniken von 1,8
Milliarden Euro im kommenden Jahr kritisiert. Schon jetzt geht es
vielen Krankenhäusern vor allem im ländlichen Raum schlecht. Die
Länder waren bereit, diese Ausfälle einmalig mitzutragen, wollten
aber verhindern, dass daraus eine dauerhafte Belastung in den
folgenden Jahren wird. 

Länder bestanden auf eindeutiger Erklärung des Bundes

Dies sollte der Bund in einer Protokollerklärung eindeutig zusagen.
An dieser Erklärung wurde während der Bundesratssitzung gearbeitet,
die Abstimmung daher zurückgestellt. Am Ende stimmte die Länderkammer
doch mehrheitlich für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses.

Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) kam nicht in den
Bundesrat, um für das Vorhaben zu werben. Dies überließ sie ihrem
Parlamentarischen Staatssekretär Georg Kippels (CDU). Nach der
Abstimmung erklärte Warken schriftlich, die Anrufung des
Vermittlungsausschusses sei ein schlechtes Signal für den
Wirtschaftsstandort Deutschland. 

Umfangreiche Tagesordnung mit fast 90 Punkten

Andere Vorhaben der Bundesregierung passierten den Bundesrat
problemlos. Ein Überblick: 

Finanzielle Absicherung des Deutschlandtickets steht

Das Deutschlandticket im Nah- und Regionalverkehr ist finanziell bis
2030 abgesichert. Nach dem Bundestag stimmte auch der Bundesrat einer
Gesetzesänderung zu. Demnach stellt der Bund bis 2030 pro Jahr 1,5
Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei
Verkehrsanbietern zur Verfügung. 

Die 16 Länder geben ebenfalls insgesamt 1,5 Milliarden Euro.
Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sagte, mit dieser
Regelung werde verhindert, dass sich ein «Flickenteppich» entwickelt.
Zudem bestehe Planungssicherheit bis 2030. Ein weiterer Vorteil sei,
dass die Landeshaushalte nicht übermäßig belastet würden. 

Die Verkehrsminister von Bund und Ländern hatten sich Mitte September
auf eine längere Absicherung des seit 2023 angebotenen
Deutschlandtickets verständigt, nachdem es zuvor immer wieder Gezerre
darum gegeben hatte. Bund und Länder vereinbarten auch eine erneute
Preiserhöhung: Ab Anfang 2026 kostet das als Abo angebotene Ticket 63
statt 58 Euro im Monat. 

Entlastung bei Energiepreisen kann kommen

Der Bundesrat ließ die Entlastungen von Unternehmen und privaten
Haushalten bei Energiepreisen passieren. Zum einen geht es um eine
Senkung der Strom-Netzentgelte. Den Betreibern der Übertragungsnetze
wird im kommenden Jahr ein staatlicher Zuschuss in Höhe von 6,5
Milliarden Euro gewährt. Das soll dafür sorgen, dass die Netzentgelte
für private Haushalte und Unternehmen sinken. 
Die Netzentgelte sind ein Bestandteil des Strompreises. Sie sind
deutlich gestiegen. 

Zum anderen werden Gaskunden von der sogenannten Gasspeicherumlage
befreit. Mit ihr war die staatlich angeordnete Befüllung der Speicher
nach der Energiekrise 2022 finanziert worden. Die bis Ende 2025
aufgelaufenen Kosten von bis zu 3,4 Milliarden Euro übernimmt der
Bund einmalig.

Länder wollen weniger Spritpreis-Schwankungen am Tag

Die Länder wollen unübersichtlichen, teils im Stundentakt
stattfindenden Preiserhöhungen und -senkungen an Tankstellen einen
Riegel vorschieben. Sie beschlossen eine Aufforderung an die
Bundesregierung, «geeignete Maßnahmen zu prüfen, um die
Kraftstoffpreise für Verbraucherinnen und Verbraucher wieder
transparenter zu machen.» 

In der von Baden-Württemberg eingebrachten Initiative wird eine
Preisbremse nach dem Vorbild Österreichs genannt. Im Nachbarland ist
es Tankstellen einmal täglich um 12.00 Uhr erlaubt, die Preise zu
erhöhen. Preissenkungen dürfen jederzeit vorgenommen werden. Geprüft

werden soll zudem ob «zeitliche Mindestabstände» - zum Beispiel drei

Stunden - zwischen Erhöhungen oder Senkungen festgelegt werden
können.

Unterirdische CO2-Speicherung künftig möglich

Die unterirdische CO2-Speicherung wird in Deutschland künftig in
größerem, industriellen Maßstab erlaubt sein. Diese Möglichkeit sol
l
Branchen wie der Zement-, Kalk- und Aluminiumindustrie helfen, wo
CO2-Emissionen derzeit als unvermeidlich gelten. Das vom Bundesrat
angenommene Gesetz sieht die CO2-Speicherung vor allem unter dem
Meeresboden vor - allerdings nicht in Schutzgebieten und in
Küstennähe. Es gibt aber auch eine Klausel, die einzelnen
Bundesländern eine Speicherung an Land ermöglicht. Außerdem wird der

Aufbau eines Pipelinenetzes ermöglicht, mit dem das Treibhausgas
abtransportiert werden kann.

Regelungen zur sozialen Absicherung von Paketboten entfristet

Der Staat kann weiter gezielt gegen Schwarzarbeit und illegale
Beschäftigung in der Paketzustellungsbranche vorgehen. Der Bundesrat
stimmte der Entfristung des Paketboten-Schutz-Gesetzes zu.
Paketdienstleister haften nach dem Gesetz, wenn von ihnen beauftragte
Subunternehmer Beschäftigte schwarz arbeiten lassen und
Sozialversicherungsbeiträge nicht bezahlen. 

Diese Haftungsandrohung soll dazu führen, dass Paketdienstleister
ihre Subunternehmer sorgfältiger auswählen und schwarze Schafe in der
Branche ausgesiebt werden. Ohne die Entfristung wären die Regeln zum
31. Dezember ausgelaufen. Nun gelten sie dauerhaft.

Neuer Bundesratspräsident fordert Abbau sozialer Ungleichheit

Der neue Bundesratspräsident Andreas Bovenschulte rief dazu auf, die
große soziale Ungleichheit in Deutschland zu verringern. Die
Wirtschaftsweisen hätten festgestellt, dass Deutschland von allen
Ländern des Euroraums die zweithöchste Vermögensungleichheit
aufweise, sagte der Bremer Regierungschef in seiner Antrittsrede. Auf
die oberen 10 Prozent der Bevölkerung entfielen demnach rund 60
Prozent aller Vermögenswerte, auf die unteren 50 Prozent der
Bevölkerung 2 Prozent. 

«Solche massiven Unterschiede sind nicht nur sozial ungerecht und
wirtschaftlich kontraproduktiv, sie gefährden auch die demokratische
Stabilität unseres Gemeinwesens», warnte der SPD-Politiker. «Hier
bedarf es dringend einer breiten, sachlich geführten Diskussion über
mögliche Gegenstrategien.»

Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK

Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.

Jetzt der TK beitreten





Zur Startseite