Steigende Suchttendenz bei Nutzung sozialer Medien
Ein großer Teil der erwachsenen Bevölkerung nutzt soziale Medien laut
einer Untersuchung in einem bedenklichen Ausmaß. Das könne negative
Folgen im Alltag und für die psychische Gesundheit bedeuten.
Bochum (dpa) - Erwachsene in Deutschland nutzen einer Erhebung
zufolge im Schnitt täglich mehr als drei Stunden soziale Medien.
Besorgniserregend sei dabei eine steigende Suchttendenz, berichtete
das Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit der
Uni Bochum. Bei mehr als einem Viertel fand das Forschungsteam
bereits eine «suchtartige Nutzung».
Mehr als 96 Prozent aller Menschen ab 18 Jahren in Deutschland
befassen sich mit Messenger-Diensten wie Whatsapp und Plattformen wie
Instagram oder TikTok. Das ergab eine repräsentative Erhebung unter
gut 22.000 Erwachsenen, die das Zentrum zwischen September 2024 und
November 2025 befragt hatte.
Frauen verbringen etwas mehr Zeit mit sozialen Medien
Die tägliche Nutzungsdauer betrage im Schnitt drei Stunden und 18
Minuten, «wobei Frauen etwas mehr Zeit damit verbringen als Männer».
Und jüngere Menschen nutzten Plattformen und Messenger länger als
ältere: Laut Auswertung verbringen Erwachsene unter 20 Jahren gut
vier Stunden täglich mit sozialen Medien, über 80-Jährige rund zwei
Stunden.
Wie wird suchtartige Nutzung ermittelt?
Julia Brailovskaia vom Forschungs- und Behandlungszentrum sagte, eine
suchtartige Nutzung könne den Alltag und die psychische Gesundheit
der Betroffenen beeinträchtigen. Man habe in einem Fragebogen anhand
von sechs Merkmalen erfasst, ob eine suchtartige Nutzung vorliege.
Dazu gehöre etwa körperliche oder psychische Unruhe, wenn keine
sozialen Medien genutzt werden oder auch die Unfähigkeit, die
Nutzungszeiten zu reduzieren.
Weitere Merkmale: Konflikte mit anderen Personen wegen übermäßiger
Social-Media-Nutzung sowie eine ständige aktive Nutzung oder
zumindest gedankliche Beschäftigung mit sozialen Medien. Das könne
etwa der Fall sein, wenn jemand gerade keinen Zugang zu sozialen
Medien habe, aber schon im Kopf plane, welche Fotos er später
hochlade oder welchen Post er absetzten werde, erläuterte
Brailovskaia auf dpa-Anfrage.
Bei jüngeren Personen ist suchtartige Nutzung häufiger
Bei 27,6 Prozent der Erwachsenen liegt nach einer international
anerkannten Skala eine suchtartige Nutzung vor, wie es hieß. «Frauen
sind davon mit 29 Prozent etwas häufiger betroffen als Männer mit
25,4 Prozent.» Betroffen seien vor allem Jüngere: Bei den unter
20-Jährigen waren es laut Erhebung 51,3 Prozent, bei der Altersgruppe
20 bis 39 Jahren knapp 35 Prozent. Vergleiche man diese Ergebnisse
mit Vorgänger-Untersuchungen, so zeige sich eine deutliche Zunahme,
betonte die Bochumer Wissenschaftlerin.
Um negative Langzeitfolgen abzuwenden, rät das Forschungsteam, die
Nutzungszeit «bewusst und kontrolliert zu reduzieren, am besten
gemeinsam mit Familie, Freunden und Arbeitskollegen». Schon 30
Minuten weniger am Tag könnten die psychische Gesundheit deutlich
verbessern. Mehr Aktivitäten wie Sport oder Gesellschaftsspiele und
Verzicht auf soziale Medien kurz vor dem Einschlafen seien wichtig.
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