Medizinisches Wunder - Frühchen Sema überlebt seltene OP

Nur 490 Gramm schwer, ein Loch im Zwerchfell - und trotzdem Hoffnung:
Wie ein winziges Frühchen in Pforzheim zum medizinischen Wunder
wurde.

Pforzheim (dpa) - Mit großen Augen blickt das kleine Mädchen zu
seiner Mutter auf, saugt an der Flasche, die kleinen Fäustchen
geballt - Sema Oran lebt. Es bedeutet eine medizinische Sensation und
unendliches Glück für die Eltern Sumeyra Kizilboga und Mahmut Oran,
dass ihr damals viel zu früh geborenes Baby am Helios Klinikum in
Pforzheim nur einige Tage nach der Geburt erfolgreich an einer
lebensbedrohlichen Fehlbildung operiert werden konnte.

Die Kleine war Ende Januar mit einem Geburtsgewicht von lediglich 490
Gramm auf die Welt gekommen, kaum größer als eine Hand. Und sie war
sehr krank. Sie litt an einer sogenannten Zwerchfellhernie, bei der
sich der Darm im Brust- statt im Bauchraum befindet. Semas
Überlebenschance? Sehr gering, wie die Ärzte den Eltern sagen
mussten.

Die kritischen Lebenstage 17 und 19

An Tag 17 ihres Lebens wäre Sema fast gestorben, ihr Zustand
verschlechterte sich. An Tag 19 wurde operiert. Da wog sie gerade mal
540 Gramm. So leicht wie zwei Stück Butter. Und doch stark genug, um
diesen Eingriff zu überstehen, der in Deutschland bei diesem Gewicht
zuvor noch nie durchgeführt worden war.

«Auch weltweit gehört sie zu den drei leichtesten Frühgeborenen, bei

denen ein solcher Eingriff erfolgreich durchgeführt wurde», sagt Kai
Siedler, Leiter der Abteilung für Früh- und Neugeborene am
Helios-Klinikum.

Das Glück und die Dankbarkeit

Sie sei überglücklich und allen Ärzten und Schwestern unendlich
dankbar, sagte die 37 Jahre alte Mutter. Große Angst habe sie gehabt
- aber immer große Hoffnung. Seit Anfang Juni ist Sema zu Hause, bei
Papa und Schwester, erzählt sie. Inzwischen kann das kleine Mädchen,
dessen blaue Äderchen durch die zarte Haut der Schläfen schimmern,
selbstständig trinken, Medikamente bekommt sie über eine Sonde und
sie benötigt nur noch wenig Sauerstoff.

Mit der Operation habe man Neuland betreten, betont Thomas Ringle,
Chefarzt der Kinderchirurgie und einer der drei Operateure. Nach dem
gelungenen Eingriff seien zwei Ärzte rund um die Uhr zuständig und
erreichbar gewesen und es sei dem Kind immer besser gegangen. «Es war
natürlich auch bewegend zu sehen, wie gut es den Eltern damit ging.»
Für die OP musste das Loch im Zwerchfell, durch das der Darm in den
Brustraum drang, mit einem winzig kleinen Patch (Flicken) geschlossen
werden. Der Patch wächst nicht mit - Sema musste seither noch zweimal
operiert werden.

Die Kämpferin und die Hoffnung auf eine normale Zukunft

Das wichtigste: «Es kam zu keinen Hirnblutungen oder sonstigen
Komplikationen, sodass wir davon ausgehen, dass sie eine normale
Entwicklung haben wird», sagt Siedler. Ringle ergänzt: «Man hat in
allen Stufen vor der OP, während der Intensivmedizin, nach der OP
immer gesehen, wie stark diese Lebenskraft und wie dieser Lebenswille
dieses Kindes ist bis zum heutigen Tag.»

Am 17. November ist übrigens Welt-Frühchentag. Und Sema wiegt jetzt
3.900 Gramm.

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