Todesfahrer von Magdeburg überstimmte Kollisionssysteme des Wagens
Trotz aktiver Kollisionsschutzsysteme fuhr der Angeklagte mit hohem
Tempo über den Weihnachtsmarkt. Als der Wagen bremsen wollte, gab der
Todesfahrer extra Gas. Ein Sachverständiger berichtet.
Magdeburg (dpa) - Bei seiner Fahrt über den Magdeburger
Weihnachtsmarkt drückte der Todesfahrer das Gaspedal mehrfach maximal
durch und überstimmte aktiv die Kollisionswarnsysteme des Wagens. Die
Systeme waren eingeschaltet und aktiv, sagte der Sachverständige für
Straßenverkehrsunfälle, Timo Schubert, im Landgericht Magdeburg.
Gemäß einer Europäischen Richtlinie müsse ein Fahrer das System
grundsätzlich übersteuern können. Es sei bei der Fahrt am 20.
Dezember 2024, bei der sechs Menschen getötet und mehr als 300
verletzt wurden, überlastet gewesen.
Zum technischen Zustand fasste Schubert zusammen, das 340 PS starke
Auto sei nach der Tat äußerlich zwar stark beschädigt gewesen.
Lenkung, Bremspedal und Fahrwerk seien aber nicht eingeschränkt
gewesen in ihrer Funktionsfähigkeit. Der Ereignisspeicher, der Daten
zu Kollisionen registriert, habe nur einen Teil der Zusammenstöße
registriert. Die Speicherkapazität genüge für eine solche Vielzahl
von Ereignissen schlicht nicht.
Vier Videos von der Tat und eine Warnung des Richters
Zu Beginn des dritten Verhandlungstages wurden zunächst vier Videos
von Überwachungskameras gezeigt, die die Tat dokumentierten. Der
Vorsitzende Richter Dirk Sternberg sagte vorab: «Es mag sich sowohl
im Bereich der Nebenkläger als auch im Zuschauerraum jeder selbst
überlegen, ob er sich die Videos zumuten will.» Es bestehe die
Gelegenheit, den Raum zu verlassen. Doch alle blieben im Saal.
Laut der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg lenkte der damals
50-Jährige den mehr als zwei Tonnen schweren und 340 PS starken Wagen
etwa 350 Meter weit über den Weihnachtsmarkt. Er war demnach mit bis
zu 48 Kilometern pro Stunde unterwegs. Es starben ein Neunjähriger
und fünf Frauen, mehr als 300 weitere Menschen wurden verletzt.
Der Angeklagte hatte den modernen Wagen mit Assistenzsystemen, die
Kollisionen mit Fußgängern verhindern sollen, gemietet. Auf die Frage
des Vorsitzenden Richters, ob ihm während seiner Fahrt über den
Weihnachtsmarkt Warnsignale oder Änderungen im Lenkverhalten
aufgefallen seien, sagte der 51-Jährige, während der Fahrt habe er
nichts mitbekommen. «Es war heftig.» Nach der Tat seien seine Sachen
wie Kleidung, Hygieneartikel und Taschenlampen überall im Auto
verstreut gewesen. Er wurde gleich nach der Tat festgenommen. Auch
das zeigt ein Video.
Reue zeigt der Angeklagte bislang nicht
Der Strafprozess gegen den Mann aus Saudi-Arabien, der als Psychiater
im Maßregelvollzug mit psychisch kranken Straftätern arbeitete, hatte
am Montag begonnen. Al-Abdulmohsen gab die Tat zu. Reue zeigte er
bislang nicht. Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg wirft ihm unter
anderem vollendeten Mord in sechs Fällen und versuchten Mord in 338
weiteren Fällen vor.
Al-Abdulmohsen hatte am vorigen Verhandlungstag angegeben, er habe
sich das teuerste Auto gemietet, das zur Verfügung stand. Das habe er
auch in den Vorjahren gemacht. Teure Autos seien einfach seine
Sache.
Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt. Dann sollen
Polizeibeamte gehört werden, die am Tag des Anschlags eingesetzt
waren.
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