Senatorin gibt Empfehlung statt Handyverbot
Ein pauschales Handyverbot an Hamburgs Schulen ist für Schulsenatorin
Bekeris nicht zielführend. Sie setzt weiter auf individuelle
Regelungen an den Schulen - gibt dafür aber Handlungsempfehlungen.
Hannover (dpa/lno) - Die Schulbehörde hat Handlungsempfehlungen zur
Handynutzung an den über 380 staatlichen Schulen in Hamburg
vorgelegt. Sie sollen den Schulen helfen, jeweils eigene Regeln für
die Nutzung mobiler Geräte rechtssicher, praxisnah und pädagogisch
fundiert aufzustellen, wie Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD)
sagte. «Pauschale Verbote sind hingegen nicht zielführend - sie
verfehlen die gewünschte Wirkung und verhindern, dass ein
verantwortungsvoller Umgang erlernt wird.»
Bekeris stellte die Empfehlungen gemeinsam mit ihrer
niedersächsischen Kollegin, Kultusministerin Julia Hamburg (Grüne),
in Hannover vor. Beide Länder hatten sie in den vergangenen Wochen
gemeinsam mit Experten erstellt.
Lange habe man auf ein bundeseinheitliches Verfahren gehofft -
letztlich aber vergeblich. «Wir wollten schlichtweg nicht länger
warten», sagte Hamburg. Die nun gemeinsam erarbeiteten Empfehlungen
zeigten eindrucksvoll, «was möglich ist, wenn zwei Bundesländer an
einem Strang ziehen und ein gemeinsames Ziel verfolgen», betonte
Bekeris.
Bei der Erarbeitung der Empfehlungen habe das Wohl und die Gesundheit
der Kinder im Mittelpunkt gestanden. Enthalten seien unter anderem
eine rechtliche Einordnung der Handynutzung und konkrete
altersspezifische Empfehlungen je nach Schulform und Altersstufen.
Außerdem gebe es einen «Werkzeugkasten» mit praxisnahen Materialien -
beispielsweise Vorlagen für Schulordnungen, Projektideen und
Beteiligungsformate.
Bekeris: Kein Grundschulkind braucht ein Smartphone
In Grundschulen wird die Nutzung von Smartphones und Smartwatches
ausdrücklich nicht empfohlen. «Kein Kind braucht im Grundschulalter
ein Smartphone», sagte Bekeris. «Aber jede Schülerin und jeder
Schüler braucht Orientierung und Unterstützung im Umgang mit
digitalen und sozialen Medien.»
Grundschulkinder verfügten jedoch noch nicht über die notwendige
Fähigkeit zur Selbstregulation. Zwar sei auch für die Grundschulen
kein pauschales Handyverbot vorgesehen. Aber: «Unsere Empfehlungen,
die wir hier aussprechen, sind für den Grundschulbereich sehr
eindeutig», sagte Bekeris.
Für weiterführende Schulen würden differenzierte Modelle empfohlen,
etwa handyfreie Zeiten und Zonen - aber keine Verbote. Digitale
Teilhabe beginne mit Vertrauen und Bildung, sagte sie. «Schulen
müssen Orte sein, an denen junge Menschen lernen, mit digitalen
Medien reflektiert und sicher umzugehen - nicht Orte, die den Zugang
pauschal verwehren.»
Kultusministerin Hamburg könnte sich vorstellen, für die räumliche
Regelung auch auf Altbewährtes zurückzugreifen: «So wie es früher
Raucherecken gab, könnte es Handyzonen geben.»
Schulgemeinschaft soll Handy-Regeln gemeinsam erarbeiten
Hamburgs Schulen hätten «eine gute und bewährte Tradition als
selbstverantwortete Schulen, sie gehen schon jetzt verantwortungsvoll
auch mit dem Thema Handynutzung um», sagte die Senatorin.
«Entscheidend ist, dass die Schulgemeinschaft die Regeln auf Basis
unserer Empfehlungen gemeinsam erarbeitet», betonte sie.
An 85 Prozent der Hamburger Schulen gebe es bereits Regeln zur
Handynutzung. Ziel sei es, dass es bis zu den Herbstferien nächsten
Jahres an allen Schulen verbindliche Regelungen gebe, sagte Bekeris.
Es handele sich um einen dynamischen Prozess. Die Empfehlungen sollen
daher fortlaufend überprüft und bei Bedarf weiterentwickelt werden.
CDU nennt Empfehlungen «halbherzige Lösung»
Bei der CDU-Opposition in der Bürgerschaft stieß das Vorgehen auf
Kritik. Birgit Stöver, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion,
sprach von einer «halbherzigen Lösung», da sich viele Lehrkräfte un
d
Schulen mehr Rechtssicherheit gewünscht hätten. «Es bleibt nun also
bei vagen, aber immerhin hamburgweiten Empfehlungen, da SPD und
Grünen der Mut zu echter Handhabe schlicht fehlt», sagte sie. «Eine
positive Verbesserung der Situation bleibt fragwürdig.»
Ein Antrag der CDU zur Änderung des Schulgesetzes, der die
Möglichkeit zum Verbot mobiler Geräte an Grund- und weiterführenden
Schulen zum Gegenstand hatte, hatte erst vor kurzem in der
Bürgerschaft keine Mehrheit gefunden.
Lob aus den Fraktionen von SPD und Grünen
Lob kam erwartungsgemäß aus den rot-grünen Regierungsfraktionen.
«Statt pauschaler Verbote geben wir den Schulen einen klaren Auftrag
und die passenden Leitplanken an die Hand, um selbst rechtssichere,
praxisnahe und pädagogisch fundierte Regeln für die
verantwortungsvolle Nutzung von Handys und Smartwatches festzulegen»,
sagte der Bildungsexperte der SPD, Nils Hansen.
Grünen-Fraktionschef Michael Gwosdz nannte es ein wichtiges Zeichen,
die Handynutzung für Grundschulen nicht zu empfehlen. «Mit
zunehmendem Alter wachsen Mediennutzung und Verantwortung - und damit
der Bedarf an Regeln, die von der gesamten Schulgemeinschaft getragen
werden», sagte er. Genau hier unterstütze die Handreichung die
Schulen. «So ermöglichen wir einen sicheren, gesunden und modernen
Schulalltag in Hamburg.»
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