Klagen gegen Waffenlieferungen nach Israel erfolglos
Palästinenser sehen das Völkerrecht durch Waffenexporte von
Deutschland an Israel verletzt und ziehen vor Gericht. Die Situation
ist aber eine andere als noch vor einigen Monaten. Was bedeutet das?
Berlin (dpa) - Palästinenser im Gazastreifen sind mit ihrem Versuch
gescheitert, deutsche Waffenexporte nach Israel gerichtlich verbieten
zu lassen. Das Verwaltungsgericht Berlin wies ihre Klagen gegen die
Genehmigungspraxis der Bundesregierung aus prozessualen Gründen
zurück. (Az. VG 4 K 45/24 und VG 4 130/24).
Die Richter hatten über zwei unterschiedlich gelagerte Klagen zu
entscheiden. In einem Fall argumentierte der Kläger, die
Genehmigungspraxis verstoße gegen die völkerrechtlichen
Verpflichtungen Deutschlands. Der Vorsitzende Richter Stephan
Groscuth erklärte, dieser vorbeugende Rechtsschutz könne nur gewährt
werden, wenn absehbar sei, dass die Bundesrepublik genau so wieder
handele. «Das zu erwartende Handeln muss sich abzeichnen.»
Davon sei jedoch derzeitig nicht auszugehen. Die Bundesregierung habe
ihre Genehmigungspraxis zu Kriegswaffenlieferungen nach Israel
ausdrücklich geändert, so das Gericht. Bundeskanzler Friedrich Merz
(CDU) habe im August dieses Jahres erklärt, die Bundesregierung werde
bis auf Weiteres keine Genehmigungen mehr für die Ausfuhr von
Kriegswaffen erteilen. «Aus diesem Grund benötigten die Kläger
derzeit keine gerichtliche Entscheidung.»
Ein Kläger bei Luftangriff gestorben
Im zweiten Verfahren griffen vier im Gazastreifen lebende
Palästinenser - ein weiterer Kläger ist zwischenzeitlich bei einem
Luftangriff gestorben - eine Genehmigung für die Ausfuhr von 3.000
tragbaren Panzerabwehrwaffen an. Sie wollten, dass diese nachträglich
als rechtswidrig eingestuft wird.
Dies sei nur möglich, wenn die Gefahr bestehe, dass die
Bundesregierung unter denselben Bedingungen wie im Herbst 2023 erneut
so handeln würde, argumentierte das Gericht in diesem Fall. Das lasse
sich aber schon deswegen nicht vorhersagen, weil Entscheidungen über
Kriegswaffenlieferungen «in den Kernbereich exekutiver
Eigenverantwortung» fielen.
Veränderte Situation im Gaza-Krieg
Zudem hat sich die Situation im Gaza-Krieg im Vergleich zu der Lage
unmittelbar nach dem beispiellosen Terrorangriff der islamistischen
Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 maßgeblich geändert, wie die
Richter betonten. Die Genehmigung, um die es ging, war zu Beginn des
militärischen Einsatzes erteilt worden.
Um die deutschen Waffenlieferungen an Israel gibt es seit Monaten
Diskussionen. Nach dem Terrorangriff der Hamas hatte die
Bundesregierung ihre Rüstungsexporte nach Israel erheblich gesteigert
und priorisiert bearbeitet. Im August jedoch ordnete Bundeskanzler
Merz als Reaktion auf das seinerzeit zunehmend aggressive Vorgehen
der israelischen Streitkräfte an, vorerst keine Ausfuhren von
Rüstungsgütern nach Israel mehr zu genehmigen, die im Gaza-Krieg
verwendet werden können.
Danach genehmigte die Bundesregierung im September
Rüstungslieferungen im Wert von mindestens 2,46 Millionen Euro, wie
aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine
parlamentarische Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorging.
Zum Vergleich: Vom 1. Januar bis zum 8. August 2025 wurden
Exporterlaubnisse im Wert von gut 250 Millionen Euro für Israel
erteilt.
Kläger: Waffenruhe fragil
Im Gaza-Krieg gilt seit 10. Oktober eine Waffenruhe. Allerdings kam
es seither mehrmals erneut zu Kampfhandlungen, bei denen drei
israelische Soldaten und mehr als 240 Bewohner des Gazastreifens
getötet wurden.
Die Kläger bezeichneten die derzeitige Waffenruhe als fragil und die
humanitäre Situation als eine Katastrophe. Die Anordnung des
Bundeskanzlers zu Waffenlieferungen reichen ihnen nicht aus, wie sie
erklärten. Ihre Anwälte zeigten sich enttäuscht über das Urteil.
Arzt: Zerstörungskraft der Waffen
Der seit 22 Jahren in Berlin lebende Sohn des Klägers im ersten
Verfahren war zunächst mit seinem Vater gemeinsam vor Gericht
gezogen. Die Männer hatten bereits in mehreren Eilverfahren ohne
Erfolg versucht, Kriegswaffenexporte zu stoppen. Am Rande der
Verhandlung erklärte der 41 Jahre alte Oberarzt, er habe nicht mit
einem Erfolg gerechnet. Er wolle aber alles versuchen. «Ich will
meinen Eltern in die Augen schauen können», sagte er.
Sichtlich angefasst berichtet er von den Geschehnissen im
Gazastreifen, wo er nach eigenen Angaben mehrfach als Arzt war. Er
sei Zeuge von Verletzungen geworden und habe die Zerstörungskraft von
«Waffen made in Germany» gesehen, sagte der Mann mit deutscher
Staatsangehörigkeit.
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