Nie wieder wie früher - Corona-Impfopfer will Schmerzensgeld Von Birgit Reichert und Harald Tittel , dpa

Nach schwerem Impfschaden kämpft Mandy Klöckner vor Gericht um
Schmerzensgeld. Ihr Sohn sieht gute Chancen: «So war es noch nie.»

Trier/Mainz (dpa/lrs) - Für viele ist die Corona-Pandemie längst
Geschichte. Bei Familie Klöckner in Trier aber ist sie noch jeden Tag
präsent. Mandy Klöckner hat bei einer Corona-Impfung Anfang März 2021

einen schweren Hirnschaden erlitten und ist bis heute rund um die Uhr
auf Betreuung angewiesen.

Die damalige Erzieherin in einem Kindergarten bekam den Impfstoff des
Herstellers Astrazeneca: Im Gehirn kam es zu einer
Sinusvenenthrombose, einer gefährlichen Verstopfung der Venen, an der
sie fast gestorben wäre. Den Impfhersteller hat sie nun unter anderem
auf Schmerzensgeld verklagt. Der Prozess vor dem Landgericht Trier
beginnt an diesem Donnerstag.

Wie geht es ihr heute? «Den Umständen entsprechend», sagt die
51-Jährige zu Hause am Esstisch. Sie sei stark eingeschränkt, könne
vieles nicht allein machen. Fast jeden Tag gehe sie in Therapie -
Logopädie, Psychotherapie oder Ergotherapie. Und: «Es macht mich
durchaus wütend, dass ich nicht mehr als Erzieherin aktiv sein kann.»

Impfschaden als einer von 21 im Land anerkannt

Trotz aller Anstrengungen: «Es wird nie wieder wie früher», sagt ihr

Mann, Alexander Klöckner. Es gebe ständig «Aufs und Abs», man
versuche, einen gewissen «tatus Quo» zu halten. Leider habe seine
Frau vor rund einem Jahr als Folge des Impfschadens noch eine
Epilepsie entwickelt. 

Ihr Impfschaden ist laut Landesamt für Soziales, Jugend und
Versorgung offiziell anerkannt - als einer von bisher insgesamt 21
Fällen in Rheinland-Pfalz. 

Vor Gericht wollen die Klöckners nun erreichen, dass Mandy Klöckner
ein Schmerzensgeld in angemessener Höhe zugesprochen wird, sagt ihr
Sohn Jan Klöckner. Zudem solle sie eine lebenslange Rente gezahlt
bekommen, für die vielen Schäden, die entstanden sind und für die,
die noch kommen werden. «Es ist ein degenerativer Prozess. Vieles
können wir noch nicht abschätzen.»

In Deutschland hat es bereits mehrere Impfschaden-Klagen gegeben.
Bisher sind sie in erster Instanz stets abgewiesen worden - mit der
Begründung, der Nutzen der Impfung für die Allgemeinheit sei höher
als das Risiko eines möglichen Impfschadens.

Klöckners hoffen auf Beweisaufnahme vor Gericht

Warum sollte das jetzt anders sein? «Wir sehen dafür gute Chancen»,
sagt Jan Klöckner. Und zwar aus zwei Gründen: Erstens sei seine
Mutter ein besonders schwerer Fall eines Impfschadens. «So war es
noch nie.» Zudem sei bei den Klagen bisher niemand so sehr ins Detail
gegangen wie sie, meint der 25-Jährige, der sich jahrelang intensiv
mit der Materie beschäftigt hat. 

Er setze darauf, dass vor dem Trierer Landgericht der Fall - nicht
wie andere zuvor an anderen Gerichten - abgewiesen werde, sondern,
dass das Gericht in die Beweisaufnahme einsteige. Im Kern gehe es
darum, ob nach heutigem Kenntnisstand rückblickend ein negatives
Nutzen-Risiko-Verhältnis angenommen werden könne, sagt er.

Fakt ist, dass nach mehreren Fällen von Thrombosen infolge einer
Astrazeneca-Impfung in Deutschland am 19. März 2021 Impfungen mit dem
Vakzin vorübergehend ausgesetzt worden waren. Dann empfahl die
Ständige Impfkommission (Stiko) den Stoff in Deutschland nur noch für
Menschen über 60 Jahren zu verimpfen.

Es sei die erste Klage dieser Art vor dem Trierer Gericht, sagt der
Sprecher. Ein Urteil sei an dem Tag nicht zu erwarten. Wenn es keine
gütliche Einigung gebe, schließe sich direkt ein Haupttermin an. Rund
drei Wochen später werde es dann einen Verkündungstermin geben. 

Sollte die Kammer den Rechtsstreit für entscheidungsreif halten,
werde dann ein Urteil verkündet. Es könnte aber auch eine
Beweisaufnahme erforderlich werden: Dann werde bei dem Termin ein
Beweisbeschluss verkündet, sagt der Gerichtssprecher.

In Rheinland-Pfalz sind bislang 753 Anträge wegen möglicher
gesundheitlicher Schäden nach einer Corona-Impfung gestellt worden,
teilt das Landesamt in Mainz mit. In 636 Fällen wurden Anträge
abgelehnt, 25 weitere hätten sich anders erledigt, in 20 Fällen wurde
eine vorübergehende Gesundheitsstörung festgestellt. 51 Fälle seien
noch in Bearbeitung. 

Ehemann will «ein Stück weit Gerechtigkeit»

In den 21 anerkannten Fällen ging es demnach sechsmal um den
Impfstoff von Astrazeneca, sechsmal um den von Johnson&Johnson,
achtmal um das Vakzin von Biontech und einmal um Moderna, wie eine
Sprecherin sagt.

Mandy Klöckner wird bei dem Prozess nicht im Gerichtsaal sitzen.
«Nein, das kann ich mir nicht anhören», sagt sie. Ihr Mann hofft
darauf, nach dem Prozess einen Abschluss finden zu können. Wenn seine
Frau Schmerzensgeld zugesprochen bekomme, wäre das eine gewisse
Genugtuung: «Dann kann man sagen: Man hat ein Stück weit
Gerechtigkeit erfahren», sagt er.

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