Drogen-Expertin: Wir müssen dringend mehr aufklären Von Iris Leithold, dpa

Hat Mecklenburg-Vorpommern ein Drogenproblem? 2021 starben 20
Menschen an illegalen Drogen. Vergangenes Jahr waren es 15, darunter
ein Teenager. Zuletzt gab es drei Tote binnen weniger Tage. Was tun?

Schwerin (dpa/mv) - Drogentote im Teenager-Alter, Spuren erheblichen
Konsums im Abwasser und ein Oberbürgermeister, der im Fernsehen sagt,
er wisse nicht, was man dagegen tun könne. Birgit Grämke,
Geschäftsführerin der Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen in
Mecklenburg-Vorpommern, appelliert: «Wir müssen dringend mehr tun, um
Leben zu retten.» 

«Wir beobachten, dass gerade die jüngere Generation ohne Hemmungen
konsumiert, die probieren wirklich alles aus», sagt Grämke. Das endet
mitunter tödlich. Zwei Opfer in den vergangenen zwei Jahren waren
erst 13 und 15 Jahre alt. Die Situation sei fundamental anders als
der Drogenmissbrauch früherer Jahrzehnte, als oft Langzeitabhängige
ihrer Sucht erlagen. 

Wie ist die Lage?

Der Missbrauch illegaler Drogen hat Mecklenburg-Vorpommern früher
kaum berührt. Bis in die 2010er Jahre lag die Zahl der Drogentoten
pro Jahr im niedrigen einstelligen Bereich - zwischen 2020 und 2021
waren es bereits 20. Allein im Jahr 2022 wurden elf Todesopfer
gemeldet, 2023 16 und 2024 dann 15. 

Zuletzt meldete die Polizei drei mutmaßliche Drogentote auf Rügen und
im Raum Stralsund binnen weniger Tage und warnte vor möglicherweise
verunreinigten oder anderweitig gefährlichen Substanzen.

Der Markt sei voller synthetischer Drogen - häufig in Pillenform,
jugendgerecht gestaltet und günstig, berichtet Grämke. So starb im
Herbst vergangenen Jahres in Zingst ein 15-Jähriger nach dem Konsum
mehrerer «Rote Super Marios»-Pillen, designt in Anlehnung an eine
Comic-Figur. 2023 starb eine 13-Jährige in Altentreptow, nachdem sie
eine außergewöhnlich hoch dosierte «Blue Punisher»-Pille genommen
hatte. Auch diese Pille sah poppig aus.

«Sie wollen einen Rausch, aber nicht sterben»

«Die jungen Leute, die Drogen ausprobieren, wollen einen Rausch, aber
sie wollen nicht sterben», sagt Grämke. Doch ihnen fehle das Wissen
um die große Gefahr, in die sie sich begeben. Eine regelmäßige,
strukturierte Drogenaufklärung finde demnach im Land bislang nicht
statt.

Mit Hilfe des Landes hat die Koordinierungsstelle seit dem Frühjahr
25 Drogenpräventionskräfte ausgebildet, die von Schulen und
Jugendeinrichtungen gebucht werden können, wie Grämke berichtet. Sie
sollen in den nächsten Wochen ihre Zertifikate bekommen. Ein zweiter
Kurs für noch einmal 25 Kräfte soll in Kürze beginnen. Allerdings
können sie die Drogenprävention nur nebenberuflich und auf Anfrage
leisten.

Was fehlt in MV?

Als zwingend nötig erachtet die Suchtexpertin eine strukturierte,
regelmäßige Drogenaufklärung in den Kommunen und Schulen. Jeder
Landkreis und jede kreisfreie Stadt brauche zwei hauptamtliche
Drogenpräventionskräfte, die einen Plan aufstellen - etwa wann und wo
welche Veranstaltung in welcher Klasse stattfindet.

Ein Verdrängen des Themas sei keine Lösung: «Das bringt nichts. Die
Kinder erfahren von Mitschülern, was es an Drogen gibt, sie wissen
auch, wer was nimmt und wo sie es herbekommen.» Viel wichtiger sei
Wissen über die Wirkungen und das könne schützen.

Grämke findet auch Drug-Checking bei Veranstaltungen gut, also das
Testen illegaler Drogen auf ihre Bestandteile, um die Konsumenten vor
Verunreinigungen oder extremen Dosierungen warnen zu können. «Wir
müssen uns klarmachen, was uns wichtig ist», sagt Grämke. «Ich mein
e,
Leben zu retten.»

Schwerin ist auf dem Weg

Grämke lobt die Landeshauptstadt Schwerin. Dort wurden zwei
Präventionskräfte eingestellt und ein Aufklärungsplan mit Beteiligung

der Polizei entwickelt. «Schwerin ist auf dem Weg, eine Struktur
hinzubekommen. Das ist enorm wichtig.»

Fassungslos habe sie hingegen die Äußerung des Neubrandenburger
Oberbürgermeisters Nico Klose (parteilos) gemacht, der diese Woche im
NDR-Fernsehen sagte: «Eine ganz konkrete Drogenpolitik als Stadt
Neubrandenburg, die gibt es nicht und die sehe ich auch in Zukunft
nicht. Weil die Frage wäre, wie soll sie aussehen?» Ein Abwasser-Test
im Auftrag des NDR hatte zuvor für die drittgrößte Stadt des Landes
hohe Werte an Drogen-Rückständen ergeben.

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