Gesundheitszustand der Obdachlosen verschlechtert sich
Fast 70 Prozent der in Hamburg befragten Obdachlosen berichten von
gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Über eine Krankenversicherung
verfügen aber längst nicht alle.
Hamburg (dpa/lno) - Der Gesundheitszustand der Obdachlosen auf
Hamburg Straßen wird immer schlechter. Bei einer Befragung bewertete
mehr als die Hälfte der Obdachlosen ihre Gesundheit als weniger gut
oder schlecht, wie die Gesundheitsbehörde mitteilte. 41 Prozent gaben
an, psychische oder Suchterkrankungen zu haben, weitere 16 Prozent
erklärten, zusätzlich an körperlichen Erkrankungen zu leiden.
Lediglich 26 Prozent bewerteten ihre Gesundheit als gut oder sehr
gut.
Rund 3.800 Obdachlose in Hamburg
Nach dem jüngsten, im Januar veröffentlichten Wohnungslosenbericht
des Bundes gibt es in Hamburg rund 3.800 Obdachlose. Die Behörde hat
nun nach eigenen Angaben 300 Fragebögen obdachloser Menschen
ausgewertet.
Obwohl mehr als zwei Drittel der Befragten über dauerhafte
gesundheitliche Probleme berichteten, gab nur knapp ein Drittel an,
Unterstützung zu benötigen - aus Sicht der Behörde ein Hinweis auf
eine eingeschränkte Krankheitseinsicht oder mangelnde
Behandlungsbereitschaft. Rund 31 Prozent der Befragten suchten Sucht-
oder Drogenberatungsstellen auf - fast doppelt so viele wie in
früheren Jahren.
Fehlende Krankenversicherung weiter großes Problem
Weiterhin ein Problem für viele Obdachlose ist das Fehlen einer
Krankenversicherung. So seien 72 Prozent der deutschen, aber nur 42
Prozent der nichtdeutschen Befragten versichert. 77 Prozent nutzten
daher in den vergangenen sechs Monaten niedrigschwellige Angebote,
über die zumindest eine medizinische Grundversorgung verfügbar ist.
Nur 51 Prozent nahmen reguläre medizinische Leistungen in Anspruch.
Besonders schwer haben es dabei obdachlose Menschen ohne deutsche
Staatsangehörigkeit, die mehr als die Hälfte der obdachlosen Menschen
Hamburgs ausmachten. Sie haben nach Angaben der Behörde aufgrund sehr
häufig fehlender Leistungsansprüche oder Sprachbarrieren überwiegend
keinen Zugang zur Regelversorgung.
Senatorin von Umfrageergebnissen nicht überrascht
«Die Ergebnisse der Gesundheitsbefragung überraschen uns nicht»,
sagte Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD). Die Befragung
zeige, dass viele nur schwer Zugang zu Hilfe finden. «Das bestärkt
uns darin, unseren eingeschlagenen Weg konsequent fortzusetzen.» Mit
der Neukonzeption der Straßensozialarbeit, dem Social Hub
Hauptbahnhof und dem Streetwork-Mobil würden obdachlose Menschen
direkter auf der Straße erreicht. «Parallel setzen wir den
Landespsychiatrieplan um, um insbesondere schwer psychisch und häufig
auch gleichzeitig suchterkrankte obdachlose Menschen noch gezielter
zu unterstützen.»
Der sozialpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Andreas Grutzeck,
nannte die Ergebnisse alarmierend und warf dem Senat vor, nur mit
kleineren Korrekturen innerhalb eines Systems zu reagieren, das
offenkundig versage. «Es reicht nicht, immer neue Konzepte und
Arbeitsgruppen vorzustellen, während auf der Straße Menschen krank
werden, ohne medizinische Versorgung bleiben und vielfach sterben.»
Der rot-grüne Senat dürfe sich nicht länger damit zufriedengeben,
Symptome zu verwalten, während die soziale Not wachse.
Sozialverband kritisiert Umgang mit Obdachlosen
Kritik am Umgang mit Obdachlosen kam auch vom Sozialverband Hamburg.
So seien im vergangenen Winter mindestens 47 obdachlose Menschen in
der Hansestadt gestorben - 26 im Krankenhaus, 21 auf der Straße. Nur
auf die Notunterkünfte im Winter und eine verstärkte
Straßensozialarbeit zu setzen, werde nicht ausreichen, um
Obdachlosigkeit nachhaltig zu bekämpfen, sagte der
Sozialverbandsvorsitzende Klaus Wicher. «Darum ist klar - im Winter
müssen die Notunterkünfte auch am Tag geöffnet bleiben und
Verpflegung ausgeben.» Ein Muss sei auch der Ausbau des Projekts
«Housing First», bei dem Obdachlose ohne Vorbedingungen und vor allen
anderen Hilfsleistungen eine Wohnung erhalten.
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.