Reihenweise Patienten ermordet? - Urteil gegen Pfleger Von Petra Albers, dpa
Um möglichst wenig Arbeit zu haben, soll er schwer kranken Patienten
tödliche Injektionen verabreicht haben. Die Staatsanwaltschaft
fordert lebenslange Haft - die Verteidigung will einen Freispruch.
Aachen (dpa) - Die Vorwürfe sind monströs: Ein Krankenpfleger soll
auf einer Palliativstation in Würselen bei Aachen reihenweise
Patienten getötet haben. Seit März läuft der Prozess gegen den Mann
wegen neunfachen Mordes und 34-fachen Mordversuchs. Am Mittwoch will
das Aachener Landgericht das Urteil gegen den 44-Jährigen sprechen.
Der Angeklagte soll Patienten stark sedierende Medikamente gespritzt
haben, teils in Kombination mit Schmerzmitteln, und in einigen Fällen
mehrfach. Das hat laut Anklage in neun Fällen zum Tod der schwer
kranken Menschen geführt. Motiv: Der Pfleger habe die Patienten ruhig
stellen wollen, um in seinen Nachtschichten möglichst wenig Arbeit
mit ihnen zu haben. Als Mordmerkmale nennt die Anklage niedrige
Beweggründe und Heimtücke.
Staatsanwaltschaft geht von noch mehr Morden aus
In ihrem Plädoyer ging die Staatsanwaltschaft sogar von 13
vollendeten Morden aus. Sie hat für den Deutschen eine lebenslange
Freiheitsstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der
Schuld gefordert. Kommt das Gericht dem nach, wäre eine Freilassung
nach 15 Jahren in der Regel ausgeschlossen.
Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Er habe keine Medikamente mit
dem Ziel verabreicht, Leben zu verkürzen, sagte er im Prozess. Seine
Verteidiger beantragten Freispruch. Im Prozess hat das Landgericht
unter anderem Angehörige der Opfer, ehemalige Kollegen des
Angeklagten sowie verschiedene Sachverständige gehört.
Ermittlungen kamen durch Hinweis der Klinik ins Rollen
Die Ermittlungen waren durch einen Hinweis des Rhein-Maas-Klinikums
Würselen in Gang gekommen. Im Laufe der Ermittlungen waren auch
mehrere mutmaßliche Opfer exhumiert und obduziert worden. Im Juli
2024 wurde gegen den Pfleger Haftbefehl erlassen.
Die angeklagten Taten soll er innerhalb weniger Monate - zwischen
Dezember 2023 und Mai 2024 - begangen haben. Die Ermittler prüfen
allerdings, ob es noch mehr Fälle aus früheren Jahren gibt - und sind
offenbar fündig geworden: «Wahrscheinlich wird es eine weitere
Anklage geben», sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Aachen.
Staatsanwaltschaft prüft Verdachtsfälle aus Kölner Klinik
Zudem ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen den Mann, der
auch mehrere Jahre lang in den städtischen Kliniken Köln gearbeitet
hatte. Der Krankenpfleger stehe im Verdacht, dort ebenfalls
eigenmächtig Beruhigungs- und Schmerzmittel an Patienten verabreicht
zu haben, erklärte ein Sprecher der Behörde. Im Juli hatte die
Staatsanwaltschaft zahlreiche Unterlagen und Datenträger in der
Klinik sichergestellt - die Auswertung dauert noch an.
Immer wieder sorgen ähnliche Fälle in Deutschland für Schlagzeilen.
So steht seit Juli ein Palliativmediziner in Berlin vor Gericht. Laut
Anklage soll er mindestens 15 Patienten getötet haben - dutzende
weitere Verdachtsfälle werden überprüft.
Als bislang größte Mordserie der deutschen Nachkriegsgeschichte gilt
der Fall von Ex-Pfleger Niels Högel: Das Landgericht Oldenburg
verurteilte ihn 2019 wegen 85 Morden zu lebenslanger Haft. Sein Motiv
für die Taten blieb unklar.
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