In Relation weniger Behandlungsfehler im Norden nachgewiesen

Haben Patienten den Verdacht auf einen Behandlungsfehler, können sie
die Kasse informieren. Die lässt im begründeten Fall vom
Medizinischen Dienst ein Gutachten erstellen. Wie ist die Bilanz für
2024?

Hamburg/Kiel (dpa/lno) - Gutachter des Medizinischen Dienstes Nord
(MD Nord) haben in Schleswig-Holstein und Hamburg im vergangenen Jahr
mehr als 200 Behandlungsfehler bestätigt. In fast einem Viertel (23,5
Prozent) der insgesamt 910 im Auftrag der Krankenkassen erstellten
Gutachten wurde ein Zusammenhang zwischen Behandlungsfehlern und
gesundheitlichen Schäden belegt, wie der MD Nord berichtete. 2023
hatte dieser Wert noch bei 25,4 Prozent und 2022 bei 26,4 Prozent
gelegen. Allerdings wurden den Krankenkassen im vergangenen Jahr mehr
Verdachtsfälle gemeldet.

Insgesamt prüfte der MD Nord im vergangenen Jahr 2.867 den
Krankenkassen gemeldete Verdachtsfälle. Nach medizinischer Vorprüfung
wurden in 910 Fällen Gutachten erstellt. In 247 dieser Fälle stellten
die Experten Behandlungsfehler mit nachgewiesenem Schaden fest - das
entspricht 27,1 Prozent.

In 23,5 Prozent der Gutachten wurde der gesundheitliche Schaden durch
den Behandlungsfehler verursacht, in 2,1 Prozent der Fälle blieb ein
Zusammenhang unklar, in 1,5 Prozent der Fälle konnte keine Kausalität
festgestellt werden. In weiteren 2,6 Prozent gab es zwar
Behandlungsfehler, aber ohne gesundheitliche Folgen. Aufgeschlüsselte
Zahlen für die beiden Bundesländer einzeln gab es nicht.

Als Beispiel führt der Dienst den Fall einer 27-Jährigen an. Die
Norddeutsche erhielt nach einem Zahnarztbesuch mit
Wurzelspitzenresektion ein Schmerzmittel, das sie bei Bedarf zu Hause
nehmen sollte. Durch die Einnahme kam es zu einer seltenen, aber
medizinisch bekannten Nebenwirkung. Aufgrund einer verzögerten
Diagnose konnte eine adäquate Behandlung nicht rechtzeitig beginnen.
In der Folge mussten der Frau beide Unterschenkel und die Hände
amputiert werden.

Erlebtes verarbeiten

Der Medizinische Dienst Nord fordert eine Meldepflicht für
vermeidbare, aber folgenschwere Behandlungsfehler. «Die Aufklärung
eines Behandlungsfehlervorwurfs ist für die Betroffenen oft
entscheidend, um das Erlebte zu verarbeiten», sagte der Leitende Arzt
des Dienstes, Andreas Krokotsch. Gleichzeitig zeigten die Zahlen aber
auch, dass längst nicht alle Beschwerden oder Probleme nach einer
medizinischen Behandlung bedeuteten, dass es dabei Fehler gegeben
habe.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch,
erklärte, die Dunkelziffer bei Behandlungsfehlern sei groß. «Es kann

jedoch jährlich von 1.000 fehlerbedingten, vermeidbaren Todesfällen
in Hamburg und Schleswig-Holstein ausgegangen werden.» Die
vorgestellten Zahlen seien nur die Spitze des Eisbergs. «Denn bei
Gerichten und Ärztekammern werden solche Fälle ebenso behandelt.
Immer noch fehlt eine gelebte Fehlerkultur in der ambulant-ärztlichen
Versorgung und in den Krankenhäusern.»

Medizinische Einrichtungen bräuchten ein transparentes und lernendes
System, forderte Brysch. «Dazu zählen manipulationssichere
Patientenakten und eine KI-gesteuerte Medikamentenausgabe.»
Geschädigte blieben beim Feststellungsverfahren eines
Behandlungsfehlers größtenteils außen vor. In der Regel würden sie

nicht persönlich angehört, die Entscheidung falle dann nach
Aktenlage. Selbst wenn ein Behandlungsfehler angenommen werde,
warteten Betroffene oft viele Jahre auf Schadenersatz und
Schmerzensgeld. Nötig sei ein Härtefallfonds.

Bundeszahlen

Die Zahl der bestätigten Behandlungsfehler in Schleswig-Holstein und
Hamburg liegt in etwa im Bereich der bundesweiten Ergebnisse. 2024
legten die Medizinischen Dienste insgesamt 12.304 Gutachten vor, bei
denen in 23 Prozent ein kausaler Zusammenhang zwischen Schaden und 
Behandlungsfehler nachgewiesen werden konnte. Die Jahresstatistik ist
den Angaben zufolge aber nicht repräsentativ. Da Daten zu
Behandlungsfehlern nicht zentral erfasst und ausgewertet werden,
gehen wissenschaftliche Untersuchungen von einer hohen Dunkelziffer
aus.

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