Todesfahrer von Magdeburg: Kritik am Islam brachte Asyl
Seine Kritik am Islam und der Herrscherfamilie in Saudi-Arabien
öffnete dem Weihnachtsmarkt-Todesfahrer die Tür für eine längere
Perspektive in Deutschland. Was passierte vor dem Angriff in
Magdeburg?
Magdeburg (dpa/sa) - Wie bekam der Magdeburger Todesfahrer Asyl als
politisch Verfolgter? Der parlamentarische Untersuchungsausschuss im
Landtag von Sachsen-Anhalt hat sich erneut intensiv mit der Biografie
des Mannes befasst. Der Mann soll vor seinem Asylantrag in
Deutschland mit saudi-arabischen Institutionen in Verbindung gesetzt
und seine Ablehnung gegenüber der dortigen Herrscherfamilie und
gegenüber dem Islam deutlich gemacht haben.
Der Mann habe zwei Tage vor seiner Anhörung beim Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (BAMF) Kontakt mit der Botschaft
aufgenommen, sagte ein ehemaliger Mitarbeiter des BAMF. Er sei bei
der Anhörung im Jahr 2016 sicher aufgetreten und habe genau gewusst,
was er sagen müsse, so der ehemalige BAMF-Mitarbeiter, der inzwischen
im Ruhestand ist. «Der Mann hat einen ganz soliden Eindruck gemacht.»
Kritik am Islam und der Herrscherfamilie führten in Saudi-Arabien zu
Gefängnisstrafen, Folter oder Todesstrafe. «Es ist ein totalitärer
Staat.»
Abgeordnete haken nach
Taleb al-Abdulmohsen habe in dem Gespräch sein Handy gezeigt und so
die Kontaktaufnahme mit der Botschaft belegt, sagte der ehemalige
BAMF-Mitarbeiter. Aufgrund der drohenden Gefahren habe es letztlich
keine Alternative zur Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gegeben.
Das Risiko für Folter oder eine Haftstrafe bei einer Rückkehr nach
Saudi-Arabien wolle er nicht tragen, sagte der ehemalige
BAMF-Mitarbeiter. «Sie haben gar keine andere Möglichkeit.»
Mehrere Abgeordnete hakten nach, wie die Kontaktaufnahme mit den
saudi-arabischen Behörden nachgeprüft worden sei. Ob al-Abdulmohsen
die Nachricht wirklich abgeschickt hat, blieb im Ausschuss offen.
«Nachprüfen kann ich das nicht», sagte der ehemalige
BAMF-Mitarbeiter. Der Vortrag des Mannes und die beschriebene Abkehr
vom Islam seien insgesamt aber glaubwürdig gewesen.
Todesstrafe für Abfall vom Islam
«Nach unserer Auffassung hat Taleb A. genau gewusst, was er sagen und
zeigen muss, um eine positive Entscheidung in seinem Interesse zu
erreichen», erklärte die CDU-Abgeordnete Kerstin Godenrath. «Er
wusste, dass eine schlüssige und facettenreiche Erzählung in
Deutschland ausreicht, um die Hürden des Asylrechts zu nehmen.»
Ein anderer BAMF-Mitarbeiter verwies im Ausschuss darauf, dass der
Islam in Saudi-Arabien Staatsreligion sei und der Abfall vom Glauben
dort mit der Todesstrafe geahndet werde. Menschen aus diesem Land,
die sich vom Islam abwendeten, werde in Deutschland regelmäßig ein
Schutzstatus erteilt. Wer Regimekritik öffentlich mache, werde extrem
hart verfolgt und sei «im Prinzip verloren», sagte er.
Wann startet der Prozess?
Taleb al-Abdulmohsen hat einen Teil seiner Facharztausbildung in
Mecklenburg-Vorpommern absolviert. Er kam 2006 nach Deutschland. Nach
seiner Ausbildung beantragte er im Februar 2016 Asyl und erhielt im
Juli desselben Jahres Asyl als politisch Verfolgter. Ab März 2020 war
er als Facharzt für Psychiatrie im Maßregelvollzug in Bernburg in
Sachsen-Anhalt tätig, wo er suchtkranke Straftäter behandelte.
Kurz vor Weihnachten 2024 war al-Abdulmohsen mit einem Auto über den
Weihnachtsmarkt in Magdeburg gerast. Sechs Menschen verloren ihr
Leben, mehr als 300 Personen wurden verletzt. Die
Generalstaatsanwaltschaft Naumburg wirft al-Abdulmohsen unter anderem
sechsfachen Mord vor und versuchten Mord an 338 Personen. Der
Gerichtsprozess soll am 10. November beginnen.
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