Apothekerverband warnt vor Arzneimittel-Engpässen in Hessen
Es fehlt unter anderem an Antibiotika, Schmerz- und Blutdruckmitteln.
Hunderte Medikamente gelten laut Apothekerverband in Hessen als
schwer verfügbar. Was sagt das Gesundheitsministerium?
Offenbach/Kassel (dpa/lhe) - In Hessen drohen wie bundesweit auch
Lieferengpässe bei Medikamenten.«Es fehlen unter anderem
Standardantibiotika, die üblichen sowie stärkere Schmerzmedikamente,
aber auch Spezialpräparate gegen ADHS und ganz einfache Medikamente
für Typ 1-Diabetiker sowie Blutdruckmittel und Cholesterinsenker»,
sagte der Vorsitzende des hessischen Apothekerverbands, Holger
Seyfarth.
Er beklagte, die Situation sei seit Jahren schlecht. «Zugespitzt kann
man sagen, dass fast aus jeder Indikationsgruppe immer irgendwo ein
Medikament fehlt.» Die Angestellten der Apotheken müssten immer
wieder Kunden vertrösten, weil Medikamente nicht vorrätig seien. Die
Präparate müssten dann unter großem Aufwand bestellt werden.
Das hessische Gesundheitsministerium erklärte, ein Lieferengpass sei
«nicht gleichzeitig mit einem Versorgungsengpass gleichzusetzen, da
oftmals alternative Arzneimittel zur Verfügung stehen, durch die die
Versorgung der Patientinnen und Patienten weiter sichergestellt
werden kann».
Mehr als 500 Medikamente schwer verfügbar
Kürzlich hatte auch der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher
Apothekerverbände, Thomas Preis, davor gewarnt, dass die Versorgung
mit einigen Arzneimitteln in Gefahr sei. Über 500 Medikamente seien
offiziell als schwer verfügbar gemeldet, bei einigen liege sogar ein
«Versorgungsmangel» vor.
Als Grund für Engpässe nannte Preis die Abhängigkeit von
Produktionsstätten außerhalb Europas. Früher sei Deutschland die
Apotheke der Welt gewesen, jetzt stehe die Apotheke der Welt in China
oder Indien. Wenn dort Werke Produktionsprobleme haben, dann schlage
sich das sofort in der Versorgung in Europa und in Deutschland
nieder.
Seyfarth: «Ist Bankrotterklärung»
«Wenn der Patient in der Apotheke steht und sein Medikament nicht
oder nur verzögert bekommt, dann ist das eine Bankrotterklärung»,
betonte Seyfarth. Die Engpässe bedeuteten längere Wartezeiten und
mehr Aufwand. «Im schlimmsten Fall kann man eben nicht liefern. Dann
geht der Patient wieder zurück zum Arzt oder am Wochenende in die
Ambulanz ins Krankenhaus.» Dadurch werde das Gesundheitssystem noch
mehr strapaziert, als es ohnehin sei.
Seyfarth rät Patienten mit Dauermedikation, rechtzeitig zum Arzt
gehen. «Ein oder zwei Wochen Vorlauf wären gut, damit die Apotheken
ein bisschen Zeit haben, alle Lieferanten abzuklappern, ob irgendwo
noch was vorrätig ist», erläuterte er. Mit Blick auf die nahende
Grippesaison appellierte er an die Menschen, sich rechtzeitig impfen
zu lassen.
Apotheker fordern mehr Befugnisse
Die hessische Apothekerschaft fordert unter anderem ein Ende des
Preisdiktats bei Rabattverträgen zwischen Herstellern und
Krankenkassen. Außerdem dringt sie darauf, den Handlungsspielraum für
Apothekerinnen und Apothekern zu erweitern und ihnen mehr Befugnisse
im Bereich Arzneimittel zuzugestehen.
Das Gesundheitsministerium in Wiesbaden betonte: «Die Sicherstellung
der Arzneimittelversorgung ist ein wichtiges Anliegen der hessischen
Landesregierung, wenngleich diese originär in der Zuständigkeit des
Bundes und der EU liegt.»
Mehrere Neuregelungen
Das bundesweit gültige Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und
Versorgungsverbesserungsgesetz von 2023 sehe Maßnahmen insbesondere
für Kinderarzneimittel, Antibiotika und Krebsmedikamente vor. Zudem
habe die EU-Kommission im März 2025 einen Regelungsentwurf für eine
bessere Versorgungssicherheit mit kritischen Arzneimitteln
vorgelegt.
Die Landesregierung begrüßt laut Gesundheitsministerium zudem, «dass
die Bundesregierung in ihren Eckpunkten zur Apothekenreform
angekündigt hat, die Austauschmöglichkeiten von Arzneimitteln in der
Apotheke zu erweitern, um die Apotheken bei Lieferengpässen zu
entlasten und eine schnelle Versorgung sicherzustellen».
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