Brandanschlag auf Kabel - Zehntausende weiter ohne Strom Von Andreas Rabenstein und Julia Kilian, dpa

Plötzlich dunkel, Taschenlampen und Kerzen: Nach einem Brandanschlag
sind Zehntausende Berliner Haushalte und Firmen ohne Strom. Wie lange
müssen sie noch ausharren?

Berlin (dpa) - Zehntausende Haushalte im Südosten Berlins und viele
Firmen mussten einen ganzen Tag und vielleicht noch länger ohne Strom
auskommen - Grund ist vermutlich ein linksextremistischer
Brandanschlag auf Starkstromkabel. Die meisten der betroffenen
Menschen im Bezirk Treptow-Köpenick können auch in der Nacht zu
Mittwoch nicht wieder mit Strom rechnen. 

«Es ist nicht davon auszugehen, dass der Strom am heutigen Tage
wieder eingeschaltet werden kann», teilte die Feuerwehr am Nachmittag
mit. Die Arbeiten könnten noch bis Mittwoch dauern, sagte auch
Stromnetz Berlin-Geschäftsführer Erik Landeck vor Ort. Wie es dann
weitergehen wird, stand am Nachmittag noch nicht fest. Angekündigt
wurde aber, dass mehr als zehn Schulen geschlossen bleiben.

Die Polizei fuhr mit Lautsprecherwagen durch die Straßen und sagte
durch: «Es besteht keine akute Gefahr.» Sie forderte die Menschen
auf, Taschenlampen einzusetzen und Handys sparsam zu benutzen. In
Notfällen sollten die Menschen Polizeiwachen aufsuchen. 

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kündigte an, dass noch am
Dienstag zwei sogenannte Katastrophenschutz-Leuchttürme - das sind
Anlaufstellen für Krisenfälle mit Personal und Stromversorgung -
aufgebaut und in Betrieb genommen werden sollten. 

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) teilte mit, der
Stromausfall sei Folge eines gefährlichen Anschlags, der sich
unmittelbar gegen die Berliner richte. «Mit diesem Angriff auf unsere
Strominfrastruktur wurden bewusst Menschenleben und die Sicherheit
unserer Stadt gefährdet.»

Bekennerschreiben aufgetaucht 

Unterdessen prüft das Landeskriminalamt (LKA) ein Bekennerschreiben,
das auf der linksradikalen Internetseite «Indymedia» veröffentlicht
wurde. In dem Text hieß es, der Anschlag richte sich gegen den
Technologiepark Adlershof. «Den technologischen Angriff sabotieren -
dem militärisch-industriellen Komplex den Saft abdrehen.»
Unterzeichnet wurde das Schreiben mit: «Einige Anarchist:innen». 

Der Alarm bei der Feuerwehr ging um 3.30 Uhr ein. Die Täter hatten
mit Hilfe eines sogenannten Brandbeschleunigers, also etwa Benzin, am
Fuß von zwei großen Strommasten nahe einem Wohnviertel mit
Einfamilienhäusern und viel Grün am Königsheideweg Feuer gelegt. Die

Flammen zerstörten mehrere dicke Starkstromleitungen. 

Eine Stunde brauchten Feuerwehrleute, um den Brand zu löschen.
Kriminaltechniker untersuchten am Morgen den Tatort. Ein Anwohner
erzählte, eine Nachbarin habe nachts «ein Knistern und einen Knall»
gehört. 

15.000 Haushalte wieder am Netz, die anderen warten 

Durch den Schaden wurde die Stromversorgung in den umliegenden
Stadtvierteln lahmlegt. Rund 50.000 Haushalte und Firmen waren
betroffen, wie ein Sprecher von Stromnetz Berlin sagte. Davon konnten
15.000 Haushalte bis zum späten Vormittag wieder an die
Energieversorgung angeschlossen werden. Der Rest harrte weiter aus. 

In Berlin kommt es immer wieder zu Stromausfällen, allerdings von
kleinerem Ausmaß. «Diese Dimension ist die absolute Ausnahme», sagte

der Sprecher. 

Außerdem waren Schulen, Kitas und zwei Pflegeheime ohne Strom. Ampeln
und Straßenbeleuchtung fielen aus. Die Feuerwehr kümmerte sich um die
beiden Heime. Mehrere Patienten, die auf Beatmungen angewiesen waren,
wurden in Krankenhäuser verlegt.

Taschenlampen nutzen 

Mobilfunk- und Festnetzverbindungen sowie die Erreichbarkeit der
Notrufe 110 und 112 waren teilweise gestört. Die Polizei forderte
dazu auf, sich in dringenden Notfällen direkt an die nächstgelegene
Wache zu wenden. 

Außerdem warnte sie: «Kochen Sie niemals mit dem Grill oder
Campingkochern in geschlossenen Räumen. Vorsicht beim Umgang mit
Kerzen. Lassen Sie diese zu keinem Zeitpunkt unbeaufsichtigt. Nutzen
Sie, wenn möglich, Taschenlampen.» 

Auf den Durchgangsstraßen von Köpenick Richtung Innenstadt und auch
in den Wohnvierteln blieb es laut Polizei ruhig. Auch von mehr
Unfällen oder sonstigen Zwischenfällen wurde nichts bekannt.
Polizisten regelten an Kreuzungen mit ausgefallenen Ampeln den
Verkehr. «Wir sind auch sonst auf den Straßen präsent, um ansprechbar

zu sein», sagte eine Polizeisprecherin. 

Die S-Bahnen fuhren, aber viele Lautsprecheransagen, Anzeigen,
Aufzüge und Fahrkartenautomaten funktionierten nicht.

Dunkle Geschäfte, weggeschickte Kunden

Das große Einkaufszentrum Schöneweide wirkte wie ausgestorben, die
Geschäfte waren dunkel, Verkäufer saßen drinnen. Nur ein Supermarkt
war hell erleuchtet. Bei einem anderen stand ein Einkaufswagen mit
einem Schild quer in der geöffneten Ladentür: «Geschlossen
Stromausfall !!!!»

Ein Friseur sagte, er habe sich schon beim Aufstehen gewundert:
«Alles war so dunkel.» Im Laden habe es dann am Morgen geheißen: «W
ir
können nicht arbeiten.» Bis mittags habe sich das auch nicht
geändert, es sei zu dunkel in den Räumen. 

Eine Apothekerin berichtete: «Wir müssen Kunden wegschicken, wir
können nicht kassieren, wir können die Rezepte nicht einlösen. Wir
mussten unsere Kühlware woanders hinbringen und das ganz, ganz
schnell.» 

«Blackout verursacht»

Die mutmaßlichen Täter schrieben im Internet: «Zwei 110KV Strommasten

in der Königsheide in Johannisthal wurden durch Brandstiftung der
Saft abgedreht und damit ein Blackout im Technologiepark verursacht.»
Dort seien Firmen und Forschung aus den Bereichen IT, Robotik, Bio- &
Nanotechnologie, Raumfahrt, KI, Sicherheits- und Rüstungsindustrie
vertreten. 

In dem ausführlichen Text wurden auch mehrere bekannte Firmennamen
erwähnt. Dazu hieß es, jedes denkbare Geschäftsmodell dieser
Hightech-Industrie fungiere auf die ein oder andere Weise
systemstabilisierend und sei unter anderem ein Produkt militärischer
Interessen. Zugleich wurden die vom Stromausfall betroffenen Anwohner
von den Autoren um Nachsicht gebeten. 

Ein Sprecher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sagte der
dpa: «Es gab bei uns in Adlershof einen Stromausfall, aber wir
verfügen über die notwendigen technischen Einrichtungen, um die
Stromversorgung des DLR weiterhin sicherzustellen.»

Nach Angaben der Stromnetz-Betreiber ist der Fall vergleichbar mit
einer Störung 2019 in Köpenick. Damals war ein Kabel bei Bauarbeiten
beschädigt worden. Der Stromausfall traf mehr als 30.000 Haushalte
und 2.000 Gewerbebetriebe und dauerte rund 30 Stunden.

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