Warum der Protest gegen die Pflegekammer weitergeht Von Birgit Reichert, dpa

Pflegekräfte im Land protestieren erneut gegen die
Landespflegekammer. Pflichtbeiträge sorgen weiter für Unmut. Die
Kritik hat inzwischen die Politik erreicht.

Kaiserslautern/Mainz (dpa/lrs) - Die Proteste von Pflegekräften gegen
die Landespflegekammer gehen in eine neue Runde. Nach Demonstrationen
in Mainz, Trier und Koblenz ist die nächste Kundgebung der Kritiker
am 13. September in Kaiserslautern geplant.

Am meisten ärgerten sich Pflegefachkräfte darüber, dass die Kammer
sie verpflichte, Mitglied zu sein und jährlich Beträge zu zahlen,
sagte Bernhard Schäfer vom Westpfalz-Klinikum, der die Demo in
Kaiserslautern angemeldet hat. Und: «Die Pflegekammer macht nichts
für Pflegekräfte.»

Es gebe die Kammer nun seit 2016. «In den zehn Jahren gibt es jetzt
eine Berufsordnung und eine Fortbildungsordnung, an der ich massiv
Kritik äußere. Und das war es aber auch schon», sagte Schäfer, der

selbst Pfleger ist.

Zur Demo in Kaiserslautern rechne er mit rund 500 Teilnehmern. In
Mainz seien es Anfang März fast 200 gewesen, in Trier dann im Mai um
die 300 und später in Koblenz fast 600, sagt der Leiter des
Seniorenzentrums in Kell am See (Kreis Trier-Saarburg), Michael
Pauken. «Der Protest wird stärker», sagte er.

Petition bekommt mehr als 2.800 Unterschriften

Und er erreicht inzwischen die Politik. Eine Petition bei der
Bürgerbeauftragten des Landes für die Abschaffung der Pflegekammer
haben mehr als 2.800 Menschen unterschrieben. Am 30. September werde
die Petentin Alexandra Schug im Petitionsausschuss gehört, teilte die
CDU-Landtagsfraktion mit.

«Ich wollte auch den parlamentarischen Weg nutzen», sagte Schug, die
ein Seniorenzentrum in Baumholder im Kreis Birkenfeld leitet. Sie
erlebt die Kammer als Standortnachteil. Ihre Einrichtung liege an der
Grenze zum Saarland: «Es gibt Fachkräfte, die gehen ins Saarland,
weil sie da kein Zwangsmitglied sein müssen.» Gerade angesichts des
bestehenden Fachkräftemangels in der Pflege sei das eine schlechte
Entwicklung.

Die Landespflegekammer ist als gesetzliche Berufsvertretung aller
Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger in Rheinland-Pfalz
gegründet worden - auch mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen in der
Pflege zu verbessern. Sie hat rund 40.000 Mitglieder. Die Beiträge
der Pfleger hängen vom Gehalt ab und liegen im Schnitt bei knapp 140
Euro im Jahr.

Kammer nimmt Kritik ernst

«Grundsätzlich nehmen wir natürlich jede Kritik und jede Anregung
ernst und beziehen sie in unser Handeln mit ein», teilte die
Sprecherin der Kammer, Christine Orth-Theis, mit. Die verpflichtende
kostenpflichtige Mitgliedschaft stärke die Grundlage für die
Wirksamkeit der Kammer und bringe so für jedes Mitglied auch einen
konkreten, individuellen Nutzen. 

Die Arbeit der Kammer sei sehr wohl wirksam: Die Kammer engagiere
sich auf Landes- und auf Bundesebene in Gesetzgebungsverfahren,
entwickele ethische Leitlinien und fördere Fort- und Weiterbildung,
sagte die Sprecherin weiter. Sie unterstütze ihre Mitglieder mit
Beratungs- und Bildungsangeboten und setze sich für bessere
Arbeitsbedingungen ein. 

Politiker: Ein einfaches «Weiter so» geht nicht

CDU-Landeschef Gordon Schnieder fordert eine grundlegende
Neuaufstellung. «Die Pflegekammer hat es offensichtlich in den
vergangenen Jahren nicht geschafft, die notwendige Akzeptanz bei den
Pflegekräften zu erreichen. Zu groß ist der Unmut an der Basis, zu
zahlreich und nachvollziehbar sind die Beschwerden. Ein einfaches
«Weiter so» würde die Probleme weiter verschärfen», sagt er der
Deutschen Presse-Agentur.

«Zwangsmitgliedschaften ohne klaren Nutzen und mit zusätzlicher
finanzieller Belastung sind weder zeitgemäß noch fair gegenüber den
Pflegekräften, die ohnehin am Limit arbeiten», sagte Schnieder. Es
müsse aber weiterhin eine zentrale Stelle zur Interessenvertretung
geben. «Die Mitgliedschaft muss freiwillig sein, wie beispielsweise
nach dem bayerischen Vorbild.»

Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Sabine
Bätzing-Lichtenthäler, sagte: «Die Pflege im Land muss eine starke
Stimme und Vertretung haben. Das war auch der Kerngedanke, der hinter
der Einführung der Landespflegekammer stand. Wir nehmen aber aktuell
ernstzunehmende Stimmen wahr, die kritisieren, dass sich diese
Hoffnung bis heute nicht komplett erfüllt hat.»

Es seien auch zunehmend kritischere Stimmen rund um die Pflegekammer,
insbesondere von Pflegekräften selbst, zu hören. «Mit diesem Verlust

an Akzeptanz bei ihren eigenen Mitgliedern kann eine
Interessens-Vertretung nur schwer die maximale Kraft entfalten»,
sagte sie. Ein einfaches «Weiter so» könne es allein deshalb nicht
geben, weil dies auch die berechtigten Interessen an einer starken
Vertretung der Pflege ignorieren würde. 

Die Pflegekammer sollte aktuell alle Möglichkeiten nutzen, ihre
Mitglieder in der Breite zu überzeugen und an Akzeptanz zu gewinnen,
um zu zeigen, dass sie die berechtigten Interessen der Pflege mit
starker Stimme vertritt, sagte Bätzing-Lichtenthäler. «Wie das
gelingen kann, dazu stehen wir im intensiven Austausch mit den
Beteiligten.»

Bei Gesprächen mit Politikern stoße man oft auf Verständnis, sagte
Pauken, der selbst Pflegefachkraft ist. Seit Monaten fordere man eine
Vollbefragung aller Pflegekräfte, ob sie die Kammer mit gut 40
Mitarbeitern weiter behalten wollten. «Bis heute ist aber nichts
passiert.» Auf jeden Fall aber müssten die Pflichtbeiträge weg, die
es so in keinem anderen Bundesland gebe.

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