Augenscreening und Hautanalyse bei dm - Kritik und Skepsis Von Marco Krefting, dpa

Augenscreening, Online-Hautarzt, Blutproben: dm testet neue
Gesundheitsangebote in Filialen - und sieht sich scharfer Kritik von
Ärzteverbänden und Verbraucherschützern ausgesetzt.

Karlsruhe (dpa) - Augenscreening, KI-gestützte Hautanalyse und ein
Online-Hautarzt sowie Blutanalysen - irgendwo zwischen Shampoo,
Windeln und Lippenstift. Die Drogeriemarktkette dm testet seit Kurzem
in ausgewählten Filialen neue Gesundheitsdienstleistungen. Und stößt

damit auf Kritik.

Was bietet dm an?

Beim Augenscreening geht es nach Angaben des Karlsruher Unternehmens
um eine Netzhautfotografie und einen Sehtest. Im Angebot zur
Hautanalyse ist unter anderem ein Online-Gespräch mit Fachärzten oder
-ärztinnen enthalten. Und das Blut kann auf verschiedene Aspekte
untersucht werden wie Herz-Kreislauf- oder Diabetes-Risiken. Dafür
arbeitet dm jeweils mit Partnerfirmen zusammen. Bis auf die
KI-gestützte Hautanalyse kosten alle Angebote Geld - Sehtest und
Netzhautfotografie zum Beispiel zusammen 14,95 Euro.

Was kritisieren Ärzteverbände daran?

Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der
Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) haben eine ganze
Reihe an Kritikpunkten veröffentlicht. Unter anderem monieren sie,
dass fachliche Standards nicht eingehalten würden. Vor allem der
Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sei mit Vorsicht zu
genießen. BVDD-Präsident Ralph von Kiedrowski hat den Angaben nach
einen Selbstversuch gemacht - und eine falsche «Diagnose» bekommen.
Zudem Empfehlungen für mehrere dm-Produkte, wie er kritisiert. 

«Eine nicht unerhebliche Anzahl an Patientinnen und Patienten, die
Online-Hautchecks nutzen, können gar nicht abschließend rein digital
versorgt werden», erklärt Kiedrowski weiter. Als Beispiel nennt er
Muttermale mit Verdacht auf schwarzen Hautkrebs. «Hier reichen Fotos
zur Beurteilung keinesfalls aus und unterschreiten den fachärztlichen
Standard.» Ähnliche Kritik übt der BVA. Er sieht auch einen
«preislichen Unterbietungswettbewerb». 

Zudem fürchten die Verbände, dass die Wartezimmer in Praxen voller
werden könnten. Spätestens, wenn die Menschen auffällige Ergebnisse
erhalten, könne nur noch die Untersuchung einer Augenärztin oder
eines Augenarztes Klarheit schaffen, teilt der BVA mit. «Kundinnen
und Kunden mit fehlerhaft auffälligen Befunden könnten verunsichert
sein und dadurch zusätzliche Termine in den Augenarztpraxen in
Anspruch nehmen, die für andere Patienten wichtiger sein könnten»,
warnt der 1. BVA-Vorsitzende Daniel Pleger.

Was entgegnet dm?

Das Karlsruher Unternehmen betont, dass es sich etwa bei der
KI-gestützten Hautanalyse nicht um medizinische Untersuchungen oder
Diagnosen handle. Darauf würden Kundinnen und Kunden transparent
hingewiesen, erklärt Sebastian Bayer, dm-Geschäftsführer im Ressort
Marketing + Beschaffung. Die telemedizinische Behandlung hingegen
werde «ausschließlich von erfahrenen Fachärztinnen und Fachärzten f
ür
Dermatologie durchgeführt - vergleichbar mit einer regulären
Hautarztpraxis». Sollte der Verdacht auf eine ernsthafte oder
bösartige Hauterkrankung bestehen, verwiesen sie in die Versorgung
vor Ort.

Auch die Netzhautaufnahmen prüften Fachärztinnen beziehungsweise
Fachärzte für Augenheilkunde. «Diese ärztliche Prüfung garantiert

eine qualitätsgesicherte Auswertung und gewährleistet die Einhaltung
höchster fachlicher Standards.» So sollten auch die von der KI
erkannten Auffälligkeiten korrekt eingeordnet werden. Auch hierbei
würden Kundinnen und Kunden informiert, dass das Angebot keine
fachärztliche Untersuchung ersetzen solle.

Bayer verweist unter anderem auf volle Praxen und monatelange
Wartezeiten. «Das Ziel ist es, Patientinnen und Patienten frühzeitig
eine fachärztliche Einschätzung zu ermöglichen und sie gezielt an die

richtige Stelle weiterzuleiten - als ergänzende Orientierung, nicht
als Ersatz für die persönliche Untersuchung», erläutert der
Geschäftsführer.

Wie sehen Verbraucherschützer das Thema?

Ebenfalls kritisch. Zwar belebe Wettbewerb das Geschäft, sagt Peter
Grieble, Leiter der Abteilung Versicherungen, Pflege, Gesundheit bei
der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er vergleicht die
dm-Angebote mit den sogenannten Igel-Leistungen, also ärztliche
Zusatzleistungen, die über den Leistungsumfang der gesetzlichen
Krankenkassen hinausgehen.

Entscheidend sei dabei der Rahmen, betont Grieble. Schon die Werbung
müsse deutlich machen, was ein Angebot leisten kann, wie
eingeschränkt es sei und dass es beispielsweise nicht dem entspreche,
was ein Augenarzt leisten könne. «Das muss in der Darstellung klar
werden.» Und hier habe er Zweifel, wie das - den Anforderungen
entsprechend - umgesetzt werden könne.

Ein Problem sieht er auch beim individuellen Umgang mit möglichen
Patienten und Patientinnen. Deren Bedarf müsste vorab geklärt werden.
Dazu zählt nach seinen Ausführungen, wie jemand mit einer womöglich
kritischen Diagnose umgeht, ob er sie überhaupt wissen möchte. Eine
weitere Frage sei, wie valide die Ergebnisse sind. «Was da rauskommt,
muss stimmen», betont Grieble.

Sein Rat: «Je gesundheitsrelevanter eine Thematik ist, desto mehr ist
sie beim Arzt angesiedelt.» Die Frage, ob für die eigene Haut die
frei verkäufliche Creme A oder B besser ist, sei in der Regel nicht
mit Gesundheitsrisiken verbunden. Eine Krebsdiagnose «ist aber
nichts, das man en passant machen kann».

Planen andere Drogerieketten ähnliches?

So weit wie dm gehen andere Drogeriemarktketten in Deutschland nicht.
Der Handelskonzern Müller hatte im Juli mitgeteilt, «als Antwort auf
den Megatrend Gesundheit» eine «Gesundheitswelt» als
Shop-in-Shop-Konzept einzuführen. Auf bis zu 120 Quadratmetern
Verkaufsfläche solle ein Sortiment rund um Themen wie
Apothekenkosmetik, Naturheilkunde und Nahrungsergänzung
zusammengestellt werden. Samt Beratungstischen und KI-basiertem
Beratungstool mit interaktivem Chat und Produktempfehlungen.

Rossmann teilte auf Anfrage lediglich mit, alle Entwicklungen im
Bereich Gesundheitsleistungen sehr aufmerksam zu beobachten. «Zu
möglichen zukünftigen Maßnahmen oder Planungen geben wir jedoch keine

Auskunft.»

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