Klinikverantwortliche nach Vergewaltigungsserie angeklagt
Sie sollen von Auffälligkeiten gewusst und nichts unternommen haben:
Jahre nach Bekanntwerden einer Vergewaltigungsserie durch einen Arzt
sollen leitende Mitarbeiter der Klinik vor Gericht.
Bielefeld/Duisburg (dpa/lnw) - Im Fall der von einem Arzt am
Bielefelder Klinikum Bethel betäubten und vergewaltigten Patientinnen
hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen leitendes Klinikpersonal
erhoben. Die Duisburger Ermittlungsbehörde, die den Komplex 2021
übernommen hatte, wirft einem Chefarzt, einem zur Tatzeit
angestellten Oberarzt sowie einem Pflegedienstleiter fahrlässige
Körperverletzung durch Unterlassen in jeweils mehreren Fällen vor.
Sie sollen von Auffälligkeiten hinsichtlich der Betäubungen gewusst
haben, die Hinweise aber nicht mit der notwendigen Sorgfalt
zusammengetragen, bewertet und an die Geschäftsführung weitergeleitet
haben, wie die Staatsanwaltschaft mitteilte.
Die Ermittlungen gegen den Geschäftsführer seien eingestellt worden,
weil bei ihm keine strafrechtlich relevanten
Sorgfaltspflichtverletzungen festgestellt worden seien.
Das Evangelische Klinikum Bethel unterstrich auf Nachfrage, dass die
Staatsanwaltschaft nach mehrjähriger Ermittlungsarbeit keinen
Nachweis dafür festgestellt habe, dass die Angeschuldigten Kenntnis
über die Sexualstraftaten des Assistenzarztes hatten. Die
Geschäftsführung habe von Beginn an «vollumfänglich mit den Behör
den
kooperiert und wird dies auch weiterhin tun», hieß es in einer
Stellungnahme des Klinikums. Es gelte die Unschuldsvermutung.
Den Ermittlungen der Staatsanwälte zufolge soll ein Assistenzarzt
zwischen September 2018 und April 2020 am Evangelischen Klinikum
Bethel während oder nach seinen Diensten insgesamt 34 Patientinnen -
zum Teil mehrfach - ohne medizinischen Anlass ein Narkosemittel
gespritzt haben. Wegen des Verdachts der mehrfachen Vergewaltigung
war er im September 2020 festgenommen worden. Nach Angaben der
Staatsanwaltschaft soll er seine mutmaßlichen Taten gefilmt haben. Er
hatte sich nach seiner Festnahme in der Haft das Leben genommen.
Klinikverantwortliche sollen deutliche Hinweise gehabt haben
Die beschuldigten leitenden Mitarbeiter hätten bereits im Herbst 2019
deutliche Hinweise darauf gehabt, dass der Assistenzarzt Patientinnen
Zugänge legte und ihnen sedierende Medikamente verabreichte, ohne
dass es hierfür einen medizinischen Grund gab, so die Anklage laut
Mitteilung.
Dem beschuldigten Chefarzt und dem Pflegedienstleiter wirft die
Staatsanwaltschaft vor, trotzdem keine verstärkte Kontrolle
veranlasst zu haben und die Vorkommnisse nicht der Geschäftsführung
gemeldet zu haben. Auch dem Oberarzt werde vorgeworfen, die
Informationen zu den Vorkommnissen nicht weitergegeben zu haben.
Den Nachweis, dass die Beschuldigten auch von den sexuellen
Übergriffen wussten, habe man dagegen nicht führen können, so die
Staatsanwaltschaft weiter. Gegenstand der Anklage sind auch nicht
alle Fälle: Taten zum Nachteil von 25 Patientinnen ereigneten sich
außerhalb des Zeitraums, ab dem eine Verantwortlichkeit der
Angeschuldigten festgestellt werden konnte, so die Staatsanwaltschaft
weiter.
Anklage im zweiten Anlauf erhoben
Die Ermittlungen gegen die Klinikverantwortlichen waren 2021 von der
Bielefelder Staatsanwaltschaft zunächst eingestellt worden, weil die
damaligen Ermittler keine Verstöße sahen. Das NRW-Justizministerium
hatte im Herbst 2021 die Duisburger Staatsanwaltschaft mit der
Wiederaufnahme des Verfahrens beauftragt.
Die sehr umfangreichen Ermittlungen seien mit der Anklageerhebung vor
dem Bielefelder Landgericht abgeschlossen, teilte die
Staatsanwaltschaft Duisburg nun mit. Unter anderem seien mehr als 100
Zeugen vernommen, zwei Sachverständigengutachten eingeholt und
IT-Asservate, darunter die Videos der Tat, ausgewertet worden. Das
Landgericht muss über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden.
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