Stabiles Rentenniveau: Kabinett bringt Gesetz auf den Weg Von Verena Schmitt-Roschmann und Andreas Hoenig, dpa
Es ist der erste Reformschritt: Das Rentenniveau soll bis 2031 nicht
weiter sinken und Millionen Mütter mehr bekommen. Die großen
Zukunftsfragen der Altersvorsorge bleiben aber vorerst offen.
Berlin (dpa) - Das Gesetz für ein stabiles Rentenniveau bis 2031 und
bessere Renten für Millionen Mütter ist auf dem Weg. Das
Bundeskabinett billigte einen Entwurf von Sozialministerin Bärbel Bas
(SPD), den der Bundestag bis Jahresende beschließen soll. Obwohl die
Verbesserungen mit Steuergeld bezahlt werden sollen, müssen sich auch
Arbeitnehmer und Arbeitgeber laut Gesetzentwurf auf etwas höhere
Kosten einstellen: Ab 2027 soll der Rentenbeitrag von heute 18,6 auf
18,8 Prozent steigen - etwas mehr als erwartet.
Das Rentengesetz ist der erste von mehreren geplanten
Reformschritten. Das Rentenniveau soll bis 2031 bei 48 Prozent
gehalten werden. Damit fallen die Renten dauerhaft etwas höher aus
als ohne die Reform. Zudem bekommen Eltern von vor 1992 geborenen
Kindern ab 2027 statt zweieinhalb nun drei Jahre Erziehungszeit bei
der Rente angerechnet. Das künftige Gesetz soll es Älteren
erleichtern, im Rentenalter bei ihren Arbeitgebern weiter tätig zu
sein. Die Rücklagen der Rentenkassen sollen von 20 auf 30 Prozent
einer Monatsausgabe aufgestockt werden, um etwas mehr Puffer zu
haben.
«Botschaft in unsicheren Zeiten»
«Gerade in unsicheren Zeiten sendet das Rentenpaket 2025 eine klare
Botschaft an alle Generationen: Die Rente bleibt stabil und gerecht»,
erklärte Sozialministerin Bas nach dem Kabinettsbeschluss. Diesem
ersten Paket würden weitere folgen: die Stärkung der Betriebsrente,
die sogenannte Aktivrente mit Anreizen zum Arbeiten im Rentenalter
und die «Frühstartrente» mit staatlichen Hilfen zur Altersvorsorge
schon im Kindesalter. «Die kommen jetzt auch nach der Sommerpause»,
kündigte Bas an.
Zu grundsätzlicheren Reformen, wie das Rentensystem auf Dauer bezahlt
werden soll, soll eine Kommission ab 2026 Vorschläge erarbeiten. Da
sind Union und SPD uneins.
Bas gegen Rente mit 70
Bas ging im ZDF auf Distanz zu einem Vorschlag von
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU), das
Renteneintrittsalter zu erhöhen. Eine generelle Rente mit 70 wäre für
viele Menschen eine Rentenkürzung, die nicht so lange arbeiten
könnten, sagte die Sozialministerin. Die Koalition erleichtere es
jenen, die im Alter weiter bei ihrem Arbeitgeber tätig sein wollten.
«Es ist ja nicht verboten, länger zu arbeiten», sagte Bas.
Reiche sagte nach dem Kabinettsbeschluss, nun sei die Grundlage
gelegt, «dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die länger arbeiten
wollen und können, dass es diesen auch ermöglicht wird». Auch die
Bundesarbeitsministerin halte dies für richtig. Angesichts der
demografischen Situation müsse man erreichen, «die Lebensarbeitszeit
für jene Menschen, die das körperlich können und auch wollen
generell» zu öffnen.
Diskussion über Erwerbstätigenversicherung
Bas wiederholte Ideen für eine Erwerbstätigenversicherung. «Unser
Problem ist doch, dass nicht alle in dieses System einzahlen», sagte
die Ministerin. Sie nannte dabei auch Selbstständige und Beamte. Mit
einem ähnlichen Vorstoß war Bas vor Wochen auf Kritik gestoßen.
Nun zeigte sich Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg aber offen für
die Debatte. «Der Vorschlag von Frau Bas ist mindestens einer, den
man diskutieren kann», sagte Middelberg bei RTL/ntv. «Ob er wirklich
zur Lösung beiträgt, ist eine andere Frage.»
Milliardenkosten für Steuerzahler
Das Rentenniveau ist nur eine Rechengröße. Sie setzt Renten nach 45
Beitragsjahren mit Durchschnittsverdienst ins Verhältnis zum
aktuellen Durchschnittslohn. Das sagt nichts über die eigene Rente,
ist aber ein Orientierungswert. Das Sozialministerium rechnete vor:
«Durch die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent fällt eine
Rente von beispielsweise 1.500 Euro zum 1. Juli 2031 um etwa 35 Euro
pro Monat höher aus. Das ist ein Plus von 420 Euro im Jahr.»
Dafür sollen Milliardensummen aus dem Bundeshaushalt zusätzlich in
die Rentenkassen fließen. So kostet die sogenannte Haltelinie beim
Rentenniveau nach Schätzungen des Ministeriums 2029 zunächst rund 3,6
Milliarden Euro. Die Summe steigt 2030 auf rund 9,3 Milliarden Euro
und 2031 auf rund 11 Milliarden Euro. Die Finanzierung der besseren
Mütterrente kostet die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ab 2027
jährlich rund fünf Milliarden Euro.
Bisher werden für die Erziehung von ab 1992 geborenen Kindern drei
volle Jahre bei der Rente angerechnet. Für Kinder, die davor geboren
wurden, sind es bisher nur zweieinhalb Jahre. Das soll mit der Reform
auf einheitlich drei Jahre angeglichen werden. Betroffen sind nach
Regierungsangaben rund zehn Millionen Menschen, vor allem Frauen.
Höherer Beitragssatz
Der Gesetzentwurf schlüsselt auch auf, dass der Beitragssatz zur
Rente 2027 voraussichtlich auf 18,8 Prozent des Bruttolohns steigt.
Nach geltendem Recht wäre übernächstes Jahr ein Anstieg auf 18,7
Prozent zu erwarten gewesen. 2026 bleibt der Satz voraussichtlich
stabil.
Das liegt am Aufbau der Rücklagen: «Durch die Anhebung der
Mindestrücklage kann in einem Jahr einmalig ein höherer Beitragssatz
erforderlich werden», heißt es in der Kabinettsvorlage. Der Bund soll
hingegen nicht für das Auffüllen der Rücklage zahlen: «Die daraus
resultierenden unmittelbaren Auswirkungen auf die Leistungen des
Bundes an die allgemeine Rentenversicherung werden ausgeschlossen.»
Dass der Beitragssatz ab 2027 steigt, war erwartet worden - das hängt
mit den steigenden Ausgaben der Rentenversicherung zusammen und der
Tatsache, dass mehr Ältere in Rente gehen und nach und nach weniger
Jüngere einzahlen. Dem Gesetzentwurf zufolge steigen die
Rentenausgaben einschließlich der Krankenversicherung für Rentner von
394,4 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 476,3 Milliarden Euro im
Jahr 2029.
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