Schnellere Arzttermine - oder neues Nadelöhr? Von Sascha Meyer, dpa

An Behandlungen bei Internisten oder Urologen zu kommen, ist für
viele Versicherte eine Geduldsprobe. Die Koalition will deshalb einen
gezielteren Zugangsweg einführen. Kann das Engpässe beseitigen?

Berlin (dpa) - Mal dauert es Wochen, mal Monate: Damit
Kassenpatienten nicht mehr so lange auf Termine bei Fachärztinnen und
Fachärzten warten müssen, soll eine gezieltere Vergabe zum Alltag
werden. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) plant mehr
Steuerung, indem Patienten in der Regel zuerst in eine Hausarztpraxis
gehen, um von dort effizienter überwiesen zu werden. Verbraucher- und
Patientenschützer warnen aber vor neuen Problemen.

Die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Ramona Pop, sagte
der Deutschen Presse-Agentur, das von der Regierung geplante System
werde den schwierigen Zugang nicht lösen. «Ohnehin schon überlastete

Hausarztpraxen werden zum Nadelöhr. Das ist nicht der richtige Weg.»
Stattdessen sollten echte Reformen angestoßen werden, um die
Versorgung zu verbessern.

Kein Unterschied für gesetzlich und privat Versicherte?

Warken will mit den Plänen auch Benachteiligungen von Kassenpatienten
entgegenwirken, die häufig schwieriger zum Zuge kommen. «Bei der
Terminvergabe darf es keinen Unterschied machen, ob jemand privat
oder gesetzlich versichert ist», sagte sie den Zeitungen der Funke
Mediengruppe. 

Die Ministerin verwies darauf, dass die Menschen hierzulande öfter
zum Arzt gehen als anderswo. «Deswegen brauchen wir mehr Steuerung,
um unnötige Arztbesuche zu vermeiden und um Patienten, die darauf
dringend angewiesen sind, schnellere Termine bei Haus- und Fachärzten
zu verschaffen.»

Die genaue Ausgestaltung des Modells ist noch offen. Union und SPD
wollen laut Koalitionsvertrag ein verbindliches «Primärarztsystem»
einführen, bei dem Patienten primär in eine Hausarztpraxis gehen, die
sie bei Bedarf - mit einem Termin in einem bestimmten Zeitraum - an
Fachärztinnen und Fachärzte überweist. Klappt das nicht in einer
Praxis, soll man sich auch von Fachärzten in Kliniken behandeln
lassen können. Dies soll eine «Termingarantie» darstellen.

Patientenschützer mit Einwänden - Hausärzte dafür 

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte, mit der geplanten
«Hausarzt-Zuerst-Pflicht» steuere die Bundesregierung die ambulante
Versorgung auf ein Riff. «Am Ende wird es weder genügend Hausärzte
noch eine Terminsicherheit geben», sagte Vorstand Eugen Brysch der
dpa. Zunächst wäre es auch notwendig, Praxenbezirke kleinteiliger und
bedarfsgerecht zu steuern.

Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband unterstützt dagegen die
Pläne. «Häufig können die Patientinnen und Patienten gar nicht
wissen, wo sie mit ihrem spezifischen medizinischen Problem richtig
aufgehoben sind», sagte der Vorsitzende Markus Beier den
Funke-Zeitungen. Auch deshalb gebe es so viele
Arzt-Patienten-Kontakte. Ein flächendeckendes System mit
Hausarztpraxen konsequent als ersten Ansprechpartnern könnte mehr
Struktur bringen. Die Patienten würden schneller dorthin gelotst, wo
ihnen geholfen werden kann.

Mehr digitale Lösungen

Verbraucherschützerin Pop sprach sich für Wege aus der Geduldsprobe
dafür aus, die Terminservicestellen der Kassenärztlichen
Vereinigungen auszubauen. Sie sind unter der bundesweiten
Telefon-Hotline 116 117 und online erreichbar. Angegangen werden
müssten auch Fehlanreize in der ärztlichen Vergütung und Ineffizienz

zwischen den Akteuren im medizinischen Sektor. «Sonst droht mit dem
Primärarztsystem eine weitere Verschlechterung bei der Suche nach dem
passenden Arzttermin: noch längere Wartezeiten und noch mehr
Bürokratie.»

Auch um Engpässe im System zu vermeiden, stehen digitale Lösungen im
Blick. Im Koalitionsvertrag kündigen Union und SPD an,
«Ersteinschätzungen» zur Dringlichkeit und dem passenden
Behandlungsort flächendeckend über digitale Wege in Verbindung mit
Telemedizin ermöglichen zu wollen. Tatsächlich ist das Netz der
Hausarztpraxen angespannt, rund 5000 Arztsitze sind unbesetzt. Die
Ampel-Koalition führte bereits Anreize und Vereinfachungen ein, um
den Beruf attraktiver zu machen und die Präsenz zu erhalten - vor
allem auf dem Land.

Großoperation nötig? 

Verbandschef Beier warb dafür, auf einem schon bestehenden Modell mit
Hausarztverträgen der Krankenkassen aufzubauen, an dem mehr als zehn
Millionen Menschen teilnehmen. «Wenn wir jetzt anfangen würden, alles
komplett neu aufzubauen, dann würde das wahrscheinlich viele Jahre
dauern.» Warken sagte zur Frage denkbarer weiterer Instrumente wie
einer Praxisgebühr: «Es gibt viele Möglichkeiten, Praxisbesuche so zu

steuern, dass die Patienten weiterhin gut versorgt werden, ohne sie
unnötig finanziell zu belasten.»

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