Abnehmspritzen locken Kriminelle im Norden an
Um an die heiß begehrten Abnehmspritzen zu kommen, fälschen manche
Menschen Rezepte dafür. E-Rezepte machen es Fälschern schwerer -
dennoch werden die kriminellen Taten für manche teuer.
Hamburg/Kiel/Schwerin (dpa) - Als Lifestyle-Produkte werden
Abnehmspritzen in sozialen Medien beworben und sind begehrt. Gepusht
wird die Nachfrage auch durch Promis: Unter anderen der SpaceX- und
Tesla-Chef Elon Musk hatte sich öffentlich dazu bekannt, sie zu
nutzen. Zwischenzeitlich gab es Lieferengpässe für die Medikamente.
Der Hype ruft Kriminelle in Hamburg, Schleswig-Holstein und
Mecklenburg-Vorpommern auf den Plan - sie fälschen Rezepte für die
gewichtsreduzierend wirkenden Arzneimittel. Mit teuren Folgen für die
Apotheken.
Apotheker vermutet organisierte Kriminalität
Gefälschte Rezepte für Produkte wie Ozempic, Wegovy, oder Mounjaro
kommen immer wieder vor, sagte ein Sprecher des Apothekerverbandes
Schleswig-Holstein der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Während die Präparate Ozempic und Mounjaro in erster Linie zur
Behandlung von Diabetes gedacht sind, ist Wegovy ein
verschreibungspflichtiges Medikament, das beim Abnehmen und Halten
von Gewicht helfen soll. In Deutschland sind Diabetes-Medikamente
verschreibungs- und somit apothekenpflichtig.
«Wir haben den Eindruck, dass die Fälscher regelmäßig organisierte
Kriminelle sind - das ist sehr auffällig», sagte der Sprecher. Die
Zahl der Fälschungen habe zuletzt abgenommen: Noch im Frühjahr waren
es demnach in seiner Apotheke in Nordfriesland rund drei bis vier
gefälschte Rezepte pro Monat - jetzt sei die Zahl auf eins pro Monat
gesunken.
E-Rezept erschwert Fälschungen
Ähnlich sieht es auch in Mecklenburg-Vorpommern aus, wie der
stellvertretende Geschäftsführer der dortigen Apothekenkammer,
Christian Gillot, der dpa berichtet. «Uns erreichen regelmäßig
Informationen über Rezeptfälschungen, die große Welle an Fällen zu
Ozempic scheint abgeflaut zu sein.» Grund dafür sei unter anderem die
Einführung des E-Rezepts, das Fälschungen erschwere.
«E-Rezepte sind ohne erheblichen Aufwand nur schwer zu fälschen.»
Anders sieht das bei den Privatrezepten in Papierform aus, die
Fälscher vorlegen. Denn hier gibt es laut Gillot keine
vorgeschriebene Form.
Problematisch bei möglichen Anzeigen bei der Polizei sei allerdings
die Schweigepflicht. Diese könne nur bei Verdacht auf eine Gefahr für
die Allgemeinheit oder die einzelne Person umgangen werden - das sei
bei Präparaten wie Ozempic und Wegovy aber nur schwer nachzuweisen.
Die Apotheker warnen sich demnach gegenseitig, woran ihnen gefälschte
Rezepte auffallen und seien ohnehin wachsamer bei solchen Rezepten,
besonders in Papierform. Wenn eine Fälschung in der Apotheke zu spät
als solche auffällt oder von der Krankenkasse gemeldet wird, sind in
den meisten Fällen die Apotheken die Geschädigten und bleiben auf den
Kosten sitzen, sagt der Experte.
Gestohlene Rezepte in Hamburg
Die Zahl der gefälschten Rezepte für Ozempic und anderen Präparate
sei auch in Hamburg rückläufig, seit die Apotheker mit den Ärzten
vereinbart hatten, dass diese nur über fälschungssichere E-Rezepte
verordnet werden, sagte Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger
Apothekervereins der dpa. «Durch die E-Rezepte ist den Fälschern
zumeist das Handwerk gelegt.»
Dennoch sagt er: «Die Welle rollt weiter, nach wie vor.» Die
Apotheker in Hamburg seien gewarnt und erkennen Fälschungen in der
Regel. Unentdeckt bleiben können Fälschungen demnach allerdings
schon, sagte Graue.
Immer wieder tauchten auch vermutlich aus Praxen gestohlene Rezepte
mit realen Namen von Patienten auf. Diese «mafiösen Gesellschaften»
seien schwer zu kontrollieren. «Kriminalität ist wie Wasser - und
Wasser dringt irgendwie immer durch.»
Anzeigen bei der Polizei hält auch er aufgrund der Schweigepflicht
nicht in jedem Fall für umsetzbar. Zudem stehe es den Apotheken frei,
sich an die Polizei zu wenden, eine Verpflichtung gibt es laut Graue
nicht.
Gestiegene Zahlen bundesweit
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat in den vergangenen beiden Jahren
einen Anstieg der Fälle von Rezeptfälschungen beobachtet, mit denen
Menschen an gewichtsreduzierend wirkende Arzneimittel kommen wollten.
Eine genaue Statistik dazu gibt es laut einem Sprecher aber nicht.
Die Ersatzkassen hatten zuletzt in ganz Deutschland einzelne Fälle
mit Fälschungen von Ozempic- oder Wegovy-Verordnungen registriert,
die sich auf das gesamte Bundesgebiet verteilen, teilte die
Landesvertretung Hamburg des Verbands der Ersatzkassen (vdek) der dpa
mit. «Es gibt weder bundesweit noch bezogen auf bestimmte
Bundesländer besondere Auffälligkeiten oder Häufungen.»
Zahlen darüber, wie groß der finanzielle Schaden 2024 durch
gefälschte Rezepte für Ozempic, Trulicity sowie Wegovy für die
Krankenkassen war, konnten laut Kaufmännische Krankenkasse (KKH)
nicht verzeichnet werden.
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