Import von Hunden - Wohnungsknast statt Straßenglück? Von Annett Stein, dpa

Sich einen Straßenhund anzuschaffen, ist Trend geworden. Doch bei
weitem nicht jedes dieser Tiere ist wirklich eine bedürftige Seele -
und auf dem Vermittlermarkt tummeln sich viele schwarze Schafe.

Berlin (dpa) - «Das ist ein geretteter Straßenhund», heißt es in
Deutschland immer öfter, wenn Hundebesitzer ihre Vierbeiner
vorstellen. Etwa ein Viertel der rund 10,5 Millionen Hunde in
Deutschland sollen inzwischen aus dem Ausland importiert sein - eine
realistische Schätzung, wie Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund
annimmt. Ein Glück für die armen Hundeseelen, mag man meinen. Doch
für so manchen Vierbeiner bedeutet die vermeintliche Rettung Experten
zufolge belastenden Wohnungsknast statt lebenslang genossener
Freiheit - oder endet gar im Tierheim. Zudem haben Kriminelle den
lukrativen Vermittlermarkt für sich entdeckt: Vermeintlich
hilfsbedürftige Hunde werden extra für diesen Markt produziert.

Eine, die über die Jahre sehr viele Straßenhunde intensiv beobachtet
und mit Menschen in deren Umfeld gesprochen hat, ist die
Hundetrainerin Sarah Fink. «Ich erlebe Straßenhunde häufig als sehr
glücklich», schreibt sie im Buch «Die geheime Welt der Straßenhunde
».
«Ich bin immer sehr zurückhaltend, was das Mitnehmen von Hunden
angeht», lautet ihr Résumé. Dabei fließe auch ihre Erfahrung mit
tausenden Kunden im Hundetraining ein. Manchen Hunden sei anzumerken,
dass sie die Gefangenschaft - «und nichts anderes ist es für manche
Hunde, die seit Generationen frei leben» - sehr stresst. 

Empörte Einwohner: Da will schon wieder einer einen Hund stehlen

Hinzu komme, dass sehr viele vermeintliche Straßenhunde etwa in
Griechenland, Bulgarien und der Türkei anders als vielfach angenommen
sehr wohl feste Bezugspersonen hätten, die sich um sie kümmern.
Deutlich häufiger als ernsthaft abgemagerte Hunde seien zu dicke
Straßenhunde zu sehen. 

Sarah Fink hat in mehreren Ländern Straßenhunde mit Senderhalsbändern

versehen, um mehr über ihren Tagesablauf zu erfahren. Das Projekt
stieß immer wieder auf dasselbe Problem: Der für den Sender
auserkorene Straßenhund war doch keiner, sondern hatte mindestens
eine feste Bezugsperson. Es habe fast keinen Hund gegeben, um den
sich tatsächlich niemand kümmerte - umgekehrt aber etliche Menschen,
die auf die Versuche, einem Hund das Senderhalsband umzulegen,
misstrauisch bis entrüstet reagierten. «Weil sie oft die Erfahrung
gemacht haben, dass Touristen ihre Hunde stehlen beziehungsweise
«retten» in der Annahme, es seien Straßenhunde.»

Echten Straßenhunden fehlt oft die entscheidende Prägung

Bei einem echten Straßenhund wiederum kann sich eine fehlende Prägung
und Sozialisierung als nicht zu behebendes Problem erweisen, wie
Schmitz erklärt. «Für eine gute Sozialisierung auf den Menschen ist
entscheidend, dass ein Hund insbesondere in den ersten Lebenswochen
positiven Umgang mit Menschen hat.» Hunde, die nicht mit dem streng
geregelten Leben in einer Menschenwohnung im dicht besiedelten
Deutschland sozialisiert wurden, können Experten zufolge schwere
Verhaltensprobleme entwickeln oder unter großem Stress leiden.

Typisch sind Schmitz zufolge zum Beispiel Angsthunde, die sich kaum
anfassen lassen, schnappen und panisch an der Leine ziehen - was von
Käufern oft fälschlicherweise als Hinweis auf erlittene Quälerei
gewertet wird. Abtrainieren lässt sich das nur mühsam oder auch gar
nicht. Am Ende sitzt so mancher einst frei mit seinem Rudel lebende
Hund lange Zeit oder für immer in einem deutschen Tierheim. 

Womöglich mehrere Hunderttausend Importhunde jährlich

Nach Daten des Trade Control and Expert Systems (TRACES) der EU
wurden zwischen 2019 und 2022 allein aus Rumänien, Spanien und Ungarn
pro Jahr durchschnittlich fast 72.000 Hunde legal nach Deutschland
importiert. Hinzu kommt eine immense Zahl illegal gehandelter Hunde -
Schätzungen zufolge womöglich mehrere Hunderttausend jährlich. 

Teils würden von Kriminellen unter schlimmen Umständen produzierte
Welpen als vermeintliche Tierschutzhunde verkauft, sagt Schmitz. In
sozialen Medien werde zudem oft mit emotionalem Druck gearbeitet.
Angeblicher Tierschutz sei ein lukratives Geschäft, warnt auch
Tiertrainerin Sarah Fink. «Mit Mitleid macht man viel Geld und je
schlimmere Bilder man zeigt, desto mehr Aufmerksamkeit bekommt man.»

Wie erkenne ich illegale Anbieter?

Häufigstes Herkunftsland für illegal gehandelte Hunde ist dem
Tierschutzbund zufolge seit Jahren Rumänien, auch aus Ungarn und
Bulgarien kommen viele Tiere. Vielfach machen bei illegalen
Transporten Menschen mit, die eigentlich nur helfen wollen: als
sogenannte Flugpaten. Per Flugzeug transportierte Hunde werden dabei
auf die Flugtickets gutwilliger Touristen gebucht.

«Tierschutzvereine, die mit solchen Flugpatenschaften arbeiten, sind
unseriös», warnt Schmitz. Vorsicht geboten sei auch bei Vereinen, die
Hunde direkt vermitteln, also ohne Tierheim oder Pflegestelle als
Zwischenstation. «Wenn irgendetwas nicht klappt, ist dann meist keine
Rückgabe möglich.» 

Misstrauisch sollte Käufer auch machen, wenn ein vermeintlicher
Tierschutzverein vor allem Welpen anbietet. Und, auch das sei sehr
wichtig: Ein seriöser Tierschutzverein bringe nie nur Tiere aus dem
Land, sondern engagiere sich auch vor Ort, etwa mit
Kastrationsprojekten. Generell seien Kastrationsprojekte der
wichtigste Baustein im Tierschutz und das Einzige, was pauschal Sinn
mache, betont Fink.

Die Hundetrainerin lobt den Tierschutzverein Bansko Street Dogs in
Bulgarien, der Hunde nicht einfach ins Ausland vermittle, sondern
zuerst Pflegestellen vor Ort suche und teste, wie sich die Hunde in
einer Wohnung verhalten. Schmitz nennt als Positiv-Beispiel den
deutschen Tierschutzverein Tierhilfe Hoffnung, der das Tierheim
Smeura in Rumänien betreibt - das größte Tierheim der Welt. Tausende

Hunde werden dort auf dem Gelände einer ehemaligen Fuchsfarm
beherbergt. 

«Ich finde, dass es definitiv Sinn macht, Hunde zu adoptieren, statt
vom Züchter zu kaufen», meint Fink. «Wichtig ist nur, sehr gut darauf

zu achten, woher man die Hunde adoptiert und was man damit fördert.»

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