Polnische Ärzte wegen Tod von schwangerer Frau verurteilt
Die Hürden für eine Abtreibung in Polen sind hoch - so hoch, dass
manche Mediziner scheinbar Angst haben zu handeln. Nun betont ein
Urteil das Recht der Frauen auf lebensrettende Hilfe.
Warschau (dpa) - In Polen sind drei Ärzte wegen des Todes einer Frau
mit Schwangerschaftskomplikationen verurteilt worden. Angesichts des
strengen Abtreibungsrechts im Land hatten die Gynäkologen nicht
gewagt, das Leben der Frau durch einen Schwangerschaftsabbruch zu
retten.
Das Urteil werde «in die Geschichte des Kampfes der polnischen Frauen
für ihre Rechte, d.h. den Kampf für Menschenrechte, eingehen»,
kommentierte die liberale Zeitung «Gazeta Wyborcza». Vertreterinnen
der Frauenrechtsbewegung Strajk Kobiet (Frauenstreik) sagten der
Nachrichtenagentur PAP, es sei ihres Wissens nach der erste derartige
Richterspruch.
30-Jährige starb im Krankenhaus
Der Fall hatte sich 2021 in der südpolnischen Stadt Pszczyna nach
einer Verschärfung des Abtreibungsrechts ereignet. Eine 30 Jahre alte
Frau, die ein Kind mit Fehlbildungen erwartete, kam mit geplatzter
Fruchtblase ins örtliche Krankenhaus. Die Ärzte warteten, dass der
Embryo von allein abstirbt; doch die Mutter starb an einem septischen
Schock.
Wegen dieser Fehlentscheidung verurteilte ein Gericht in Pszczyna
einen Arzt zu anderthalb Jahren Haft, einen zweiten zu einem Jahr und
drei Monaten. Beide erhielten sechs Jahre Berufsverbot. Ihr
Vorgesetzter wurde zu einem Jahr auf Bewährung und vier Jahren
Berufsverbot verurteilt. Das Urteil vom Donnerstag ist nach Angaben
von PAP noch nicht rechtskräftig.
Eng begrenzte Gründe für Schwangerschaftsabbruch
Unter der damaligen nationalkonservativen Regierung in Polen hatte
das Verfassungsgericht 2020 entschieden, dass Frauen auch dann nicht
abtreiben dürfen, wenn das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen
aufweist. Ein Abbruch ist nur noch nach einer Vergewaltigung oder
Inzest möglich - oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist.
In den Jahren seitdem sind mehrere Frauen unter ähnlichen Umständen
wie in Pszczyna ums Leben gekommen, was jedes Mal Proteste
hervorrief.
Die derzeitige Mitte-Links-Regierung scheiterte 2024 mit einer
Liberalisierung. Wegen Abweichlern in den eigenen Reihen gelang es
nicht einmal, die Strafandrohung wegen Beihilfe zu Abtreibung
aufzuheben, die auch Ehemänner, Partner oder Verwandte treffen kann.
Gynäkologen beklagen rechtliche Grauzone
Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna sagte im Zusammenhang mit dem
Prozess, die Krankenhäuser hätten klare Leitlinien zu Abtreibungen in
Situationen, in denen Leben oder Gesundheit einer Frau gefährdet sei.
Das Leben der Frau müsse immer vorgehen, sagte der Vorsitzende des
polnischen Gynäkologenverbands, Piotr Sieroszewski. Er kritisierte
aber, dass es in den Rechtsvorschriften des Ministeriums weiter eine
Grauzone gebe.
In Deutschland ist eine Abtreibung grundsätzlich strafbar, es sei
denn, sie findet in den ersten zwölf Wochen statt und die Frau hat
sich zuvor beraten lassen - geregelt wird das im Paragraf 218. Nicht
strafbar ist ein Abbruch nach derzeitiger Rechtslage auch, wenn
medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung
erfolgt.
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