Training und Essen nach Zyklus: Was bringt Cycle Syncing? Von Larissa Schwedes, dpa
Die britische Fußballerin Lucy Bronze spricht von einer «Superkraft»
im Zyklus. Warum viele Frauen sich zunehmend an ihrem Zyklus
orientieren - und was Forschende dazu sagen.
Freiburg/London (dpa) - Die englische Nationalspielerin Lucy Bronze
beschreibt eine Art Wunderwaffe: Es gebe eine Phase in ihrem Zyklus,
in der sie körperlich in der Lage sei, noch härter zu trainieren als
sonst. «Es ist, als würde man mir für eine Woche eine Superkraft
geben», sagte sie dem Magazin «Women's Health UK» vor dem Start der
Fußball-EM der Frauen. «Wir können unser Training auf die vier Phasen
des Zyklus abstimmen und profitieren sehr davon.»
Mit den vier Phasen des Zyklus meint Bronze neben der Menstruation
die sich anschließende Follikelphase, die Ovulationsphase mit
Eisprung und die Lutealphase kurz vor der nächsten Periode. Nicht nur
Bronze, sondern auch viele andere Frauen sind überzeugt: Es lohnt
sich, Sport und möglicherweise auch die Ernährung auf den eigenen
Zyklus abzustimmen. Das Konzept ist als «Cycle Syncing» bekannt.
Auf Instagram und Tiktok viel geteilt
Soziale Medien spielen dabei eine große Rolle: Influencerinnen und
Sportlerinnen erzählen von ihren Erfahrungen damit und geben ihren
Followerinnen Tipps und Pläne mit auf den Weg. Auf Instagram und
Tiktok werden Beiträge mit dem Hashtag #cyclesyncing
hunderttausendfach angeschaut und oft geteilt.
In einer Umfrage der KKH Kaufmännische Krankenkasse vermuteten im
Frühjahr rund drei Viertel (76 Prozent) der befragten Frauen, es habe
einen positiven Effekt auf die eigene körperliche und emotionale
Befindlichkeit, den Lebensstil an die Zyklusphasen anzupassen.
Kann sich auch für Hobbysportlerinnen lohnen
Ist die Orientierung am Zyklus ein Social-Media-Hype - oder
tatsächlich ein sinnvolles Konzept?
«Das ist definitiv erforscht und auch im Leistungssport angekommen»,
ist die Sportpsychologin Jana Strahler von der Universität Freiburg
überzeugt. Wie stark das zyklusbasierte Training schon verankert sei,
variiere je nach Sportart - aber das Bewusstsein, dass der
Menstruationszyklus etwas sei, das beachtet werden müsse, sei da. In
Teamsportarten könne zwar nicht der Wettkampfplan angepasst werden,
aber sehr wohl das individuelle Training dazwischen.
Es sei eine «fundamentale Entwicklung, dass wir das Training an den
Zyklus anpassen und dass sich das lohnt», betont Strahler. Hormone
wie Östrogene oder Progesteron hätten Effekte auf das Energielevel,
das Immunsystem, den Stoffwechsel und mehr.
Es könne sich auch für Hobby-Sportlerinnen lohnen, den Zyklus im
Blick zu behalten. «Das A und O ist das Tracking des Zyklus», erklärt
Strahler. Während sich etwa die erste Zyklusphase für intensiveres
Krafttraining eigne, sei in der zweiten Hälfte eher erhaltendes
Training oder leichtes Ausdauertraining empfehlenswert - und während
der Periode «alles, was gut tut». Einige Frauen hätten das Bedürfni
s,
während dieser Tage Sport ganz auszusetzen, für andere wirke die
angeregte bessere Durchblutung und Kreislaufaktivität beim Sport
krampflösend.
Studienlage noch relativ am Anfang
Auch eine Gruppe der britischen Northumbria University schreibt in
einer im Fachblatt «Sports Medicine» veröffentlichten Studie, dass
Training möglichst individuell dem Zyklus angepasst werden sollte -
allgemeine Leitlinien aber schwierig seien. Bei einer Auswertung von
78 Studien zum Thema zeigte sich ein kleiner Effekt, dass die
körperliche Leistungsfähigkeit in der frühen Follikelphase bei
menstruierenden Personen leicht reduziert sein könnte, allerdings war
der Effekt zu klein, um daraus allgemeingültige Schlüsse zu ziehen.
Insgesamt steht die Wissenschaft bei der Erforschung des Cycle
Syncings noch relativ am Anfang. Eine im «Journal of Physiology»
erschienene Studie eines Teams der kanadischen McMaster University in
Hamilton konnte - allerdings nur mit 12 Teilnehmerinnen - mit Blick
auf den Muskelaufbau keinerlei Unterschiede je nach Zyklusphase
nachweisen. Hauptautorin Lauren Colenso-Semple weist auch darauf hin,
dass viele Frauen womöglich nicht wüssten, in welcher Phase ihres
Zyklus sich ihre Hormone veränderten und wann welche Phase beginne
oder ende - und damit eine mögliche Anpassung des Sportprogramms
unnötig kompliziert werde.
«Cycle-Syncing-Programme ignorieren die Variabilität der Zykluslänge,
das Timing des Eisprungs und Unterschiede bei der Fluktuation von
Hormonen - sowohl von Frau zu Frau oder auch von Zyklus zu Zyklus»,
sagte Colenso-Semple der dpa.
Chelsea FC als Vorreiter
Trotz uneinheitlicher Befunde wird Cycle Syncing im Leistungssport
teils bereits seit einigen Jahren praktiziert und zunehmend
diskutiert. Die Frauenmannschaft des britischen Chelsea FC gilt als
Vorreiter: Schon vor fünf Jahren nutzte der Verein eine App zum
Tracken der Zyklen der Spielerinnen - unter anderem, um mit einem
abgestimmten Training das Verletzungsrisiko zu verhindern.
Neben dem Sport ist auch die möglichst zyklusgerechte Ernährung
Bestandteil des Cycle-Syncing-Konzepts. Eine im Journal «Nutrition
Reviews» veröffentlichte Überblicks-Studie aus Neuseeland sieht
Anzeichen dafür, dass Frauen in der Lutealphase mehr Energie
benötigen als etwa in der Follikelphase.
Sportpsychologin Strahler führt aus: Während der Menstruation könnten
entzündungshemmende Lebensmittel - Leinsamen, Lachs, Walnüsse - sowie
wärmende Speisen helfen, während in der ersten Zyklusphase Proteine
und Vollkornprodukte besonders hilfreich seien.
Es sei außerdem normal, dass in der Lutealphase - also kurz vor der
Menstruation - der Hunger größer sei. Der Körper brauche teils 100
bis 300 Kalorien mehr pro Tag. «Das sind aber keine starren Regeln,
sondern Anregungen, die jede individuell für sich ausprobieren kann.»
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.