Versandapotheke durfte mit Prämien locken

Eine niederländische Versandapotheke versprach im Grunde: Rezept
einlösen, Bonus sichern. Der Bundesgerichtshof hat geprüft, ob solche
Angebote in Deutschland erlaubt waren.

Karlsruhe (dpa) - Eine im EU-Ausland ansässige Versandapotheke durfte
Kunden in Deutschland vor mehr als zehn Jahren Bonusprämien auf
rezeptpflichtige Medikamente gewähren. Die bis Ende 2020 hierzulande
geltenden Regelungen zur Arzneimittelpreisbindung seien für
Versandapotheken mit Sitz in anderen EU-Ländern nicht anzuwenden,
entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Sie hätten gegen
die Warenverkehrsfreiheit verstoßen. (Az. I ZR 74/24)

Das Unternehmen DocMorris, dessen inzwischen integrierte Tochter
Tanimis Pharma in dem Fall betroffen war, kündigte an, aufgrund des
Urteils seinen Kunden ab sofort wieder einen finanziellen Bonus zu
gewähren. «Wir haben unseren Kunden stets Rezept-Boni zu unseren
Lasten gewährt und werden dies nun auch wieder tun», sagte
Konzernchef Walter Hess laut Mitteilung. Die durchschnittliche
Zuzahlung von Patienten pro Packung habe sich seit 2019 um zehn
Prozent auf 3,30 Euro erhöht. «Der Bonus reduziert diese Belastung.»


BGH setzte Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs an

Das Urteil des ersten Zivilsenats bezieht sich konkret auf Regelungen
des Arzneimittelgesetzes in einer bis 14. Dezember 2020 gültigen
Fassung. Der BGH setzte Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)
an. Dieser hatte für Maßnahmen, die wie eine mengenmäßige
Einfuhrbeschränkung wirken, Hürden aufgestellt. Eine Neuregelung im
Sozialgesetzbuch beziehe sich nur noch auf gesetzlich Versicherte,
sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch.

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) bedauerte
das Urteil. «Vorbehaltlich der Prüfung der schriftlichen
Entscheidungsgründe gehen wir aber davon aus, dass es bei der durch
das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz eingeführten sozialrechtlichen
Preisbindung bleibt», teilte ABDA-Präsident Thomas Preis mit. «Im
Fünften Sozialgesetzbuch ist die Preisbindung gesetzlich festgelegt.»
Sollte die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
in Zweifel gezogen werden, wäre die Politik gefordert,
schnellstmöglich Lösungen mit uns zu erarbeiten.

Gerichte waren bisher auf Seite des Bayerischen Apothekerverbands

Die Versandapotheke Tanimis Pharma mit Sitz in den Niederlanden hatte
2012 Kunden den Angaben nach beim Einlösen eines Rezepts einen Bonus
von drei Euro pro Medikament bei höchstens neun Euro pro Rezept
versprochen. Prämien habe es auch für Menschen gegeben, die per
Formular oder Telefonat an einem Arzneimittelcheck teilnahmen. 

Der Bayerische Apothekerverband sah darin einen Verstoß gegen
Wettbewerbsrecht und die Arzneimittelpreisbindung - und klagte. In
den Vorinstanzen in München hatte er damit noch Erfolg gehabt.

Strittige Frage jahrelang ungeklärt

Für verschreibungspflichtige Medikamente ist die Preisbildung -
anders als bei rezeptfreien - gesetzlich geregelt. Der Grundgedanke:
Die betroffenen Arzneimittel sollen in jeder Apotheke zum gleichen
Preis angeboten werden. Das solle die Apotheken vor ruinösem
Wettbewerb und die Patienten vor einer Übervorteilung schützen,
erklären die Apothekerverbände.

Umstritten war seit Jahren, ob die Preisbindung auch für
Versandapotheken im EU-Ausland gilt - oder ob das gegen den freien
Warenverkehr der EU verstößt. Das Oberlandesgericht (OLG) München
hatte entschieden, die Preisbindung sei nicht unionsrechtswidrig. Der
Gesetzgeber habe davon ausgehen können, dass die Regelung ein
geeignetes Mittel sei, um die Arzneimittelversorgung in Deutschland
zu sichern. Das OLG gab der Klage des Verbands daher statt.

Der BGH verwies allerdings auf die Maßstäbe des EuGH. Der Kläger habe

keine ausreichenden Daten oder andere «harte Fakten» vorgelegt zum
Beleg, dass ohne die Arzneimittelpreisbindung eine flächendeckende
Arzneimittelversorgung nicht aufrechterhalten werden könne und
deshalb die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet sei, erläuterte
Richter Koch.

Da der Senat im Ergebnis auf Basis der alten Regelung also keinen
Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sah, kommt
es dem Urteil zufolge nicht darauf an, ob die gewährten Boni gegen
eine inzwischen in Kraft getretene Neuregelung im Sozialgesetzbuch
verstoßen. Es fehle an der Wiederholungsgefahr, sagte Koch. Schon
deshalb sei die Klage abzuweisen.

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