Warum Medikamente kosten, was sie kosten Von Jacqueline Melcher und Marco Krefting, dpa

Hinter den Preisen, die Verbraucher in der Apotheke für
Schmerzmittel, Antibiotika oder Nasenspray zahlen, stecken oft
komplexe Prozesse der Preisbildung. Was gibt das Gesetz vor?

Karlsruhe (dpa) - Ob auf dem Land, in der Großstadt oder auf einer
Insel: Wer mit einem Rezept vom Arzt bei einer Apotheke aufschlägt,
kann sich eigentlich sicher sein, dass das Medikament überall in
Deutschland gleich viel kostet. Dafür sorgt die gesetzliche
Arzneimittelpreisbindung. Doch ausländische Online-Apotheken stellen
das Prinzip zunehmend auf die Probe. Der Bundesgerichtshof (BGH) in
Karlsruhe hat daher nun wichtige Rechtsfragen unter die Lupe
genommen. Heute steht eine Entscheidung an.

Wann gilt die gesetzliche Preisbindung?

Für Medikamente, die man ohne Rezept vom Arzt in der Apotheke kaufen
kann, gibt es keine gesetzliche Preisbindung. Jede Apotheke
entscheidet also selbst, wie teuer sie diese verkauft. Für
verschreibungspflichtige Medikamente sind die Preise hingegen
gesetzlich geregelt - über die Arzneimittelpreisverordnung. Der
Grundgedanke dahinter ist, dass die Medikamente in jeder Apotheke zum
gleichen Preis angeboten werden sollen. Das soll die Apotheken vor
ruinösem Wettbewerb und die vulnerablen Patienten vor einer
Übervorteilung schützen.

Wie wird der Preis für rezeptpflichtige Medikamente gebildet?

Zunächst legt das Pharmaunternehmen den Verkaufspreis für sein
Arzneimittel selbst fest. Der Großhandel und die Apotheken erheben
darauf Zuschläge - die wiederum gesetzlich geregelt sind. Der
Großhandel darf zunächst maximal 3,15 Prozent plus einen Festzuschlag
von 73 Cent je Packung, höchstens aber 37,80 Euro draufschlagen. Die
Apotheken dürfen darauf wiederum einen Zuschlag von drei Prozent plus
einen Fixbetrag von 8,35 Euro je Packung erheben. Dazu kommen 21 Cent
für die Sicherstellung des Notdienstes sowie 20 Cent für die
Förderung zusätzlicher pharmazeutischer Leistungen.

Welche Regeln gibt es für Geschenke und Gutscheine?

Zu der Arzneimittelpreisbindung gehört grundsätzlich auch, dass die
Apotheken beim Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten keine
Werbegeschenke oder Gutscheine für den nächsten Einkauf dazugeben
dürfen. Im Juni 2019 urteilte der BGH, dass selbst Mini-Geschenke wie
Taschentücher oder Traubenzucker von der Apotheke nicht erlaubt sind.
Zuvor waren in der Rechtsprechung noch Kleinigkeiten bis zu einem
Wert von einem Euro zulässig gewesen.

Gilt die Preisbindung auch für Online-Apotheken im Ausland?

Seit Jahren wird darüber gestritten, ob die Preisbindung auch für
Versandapotheken mit Sitz im EU-Ausland gilt. Die Frage beschäftigt
derzeit auch den BGH. Der Bayerische Apothekerverband klagt in
Karlsruhe gegen eine Versandapotheke aus den Niederlanden, die auch
deutschen Kundinnen und Kunden Bonusprämien beim Kauf
verschreibungspflichtiger Medikamente versprach. Das höchste deutsche
Zivilgericht will heute darüber entscheiden, ob das zulässig ist.
(Az. I ZR 74/24)

Was sagt die Rechtsprechung dazu?

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied 2016 in einem
wegweisenden Urteil, dass die Preisvorschriften des
Arzneimittelgesetzes nicht für Apotheken mit Sitz in anderen
EU-Mitgliedsstaaten gelten. Denn das würde den freien Warenverkehr
einschränken und damit gegen EU-Recht verstoßen. Zwar könne eine
Beschränkung des freien Warenverkehrs grundsätzlich mit dem Schutz
der Gesundheit und des Lebens gerechtfertigt werden - doch die
Preisbindung sei für diesen Zweck nicht geeignet. 

Welche Auswirkungen hat das auf den BGH-Fall?

Die Münchner Vorinstanzen hatten der Klage des Apothekerverbands
trotzdem stattgegeben. Sie meinten, das EuGH-Urteil sei hier nicht
anzuwenden, da die Zweifel an der Geeignetheit und
Verhältnismäßigkeit der Preisregelung etwa durch eine Auskunft der
Bundesregierung ausgeräumt wurden. 

In der Verhandlung im Mai deutete sich an, dass der BGH das anders
sehen könnte. Es müssten «harte Fakten» für eine Rechtfertigung d
er
Preisbindung vorliegen, sagte der Vorsitzende Richter, Thomas Koch.
Es müsse bewiesen werden, dass die Arzneimittelversorgung in
Deutschland ohne sie in Gefahr wäre - und nicht etwa über die
Versandapotheken gesichert werden könnte.

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