Corona-Kommission des Bundestags kann starten Von Sascha Meyer, dpa

Der Kampf gegen die Pandemie mit Schließungen und Masken war ein
harter Einschnitt für alle - mit Folgen bis heute. Nach langem Streit
kommt nun eine breite Auswertung. Kann das Gräben überbrücken?

Berlin (dpa) - Gut zwei Jahre nach dem Ende der letzten bundesweiten
Corona-Beschränkungen geht der Bundestag eine umfassende Aufarbeitung
der Pandemie und ihrer Folgen an. Das Parlament beschloss mit breiter
Mehrheit die Einsetzung einer Enquete-Kommission. Dafür stimmten
Union, SPD, Grüne und Linke. Bei der AfD gab es Nein-Stimmen und
Enthaltungen. Das Gremium mit Abgeordneten und Experten soll im
September die Arbeit aufnehmen und bis Mitte 2027 einen Bericht mit
Erkenntnissen und Empfehlungen vorlegen.

SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt sagte: «Die Kommission soll
untersuchen, was gut funktioniert hat, aber auch, wo es Defizite gab
- und wie wir daraus konkrete Lehren für künftige Krisen ziehen
können.» Unions-Fraktionsvize Albert Stegemann (CDU) sagte, es gehe
um eine ehrliche Analyse der Corona-Zeit. Im Gegensatz zu
parteipolitischen Schuldzuweisungen ermögliche es die konstruktive
Auseinandersetzung, Vertrauen in staatliches Handeln zu stärken. 

Grüne und Linke tragen die Kommission mit, auch wenn sie daneben
einen Untersuchungsausschuss zu Maskenkäufen des damaligen Ministers
Jens Spahn (CDU) fordern. Helge Limburg (Grüne) sagte, man hoffe,
dass die Kommission «einen kleinen Beitrag zur gesellschaftlichen
Versöhnung leisten kann». Die AfD forderte einen U-Ausschuss für eine

«schonungslose» Corona-Aufarbeitung statt eines «Kommissiönchens»
,
wie der Abgeordnete Stephan Brandner sagte. Ates Gürpinar (Linke)
machte deutlich, man werde niemals einen Untersuchungsausschuss mit
den Stimmen der AfD durchsetzen. 

Krise von «historischer Tragweite»

Die künftige Kommission heißt: «Aufarbeitung der Corona-Pandemie und

Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse». Die Pandemie habe
Bürger und Bürgerinnen, Zivilgesellschaft, staatliche Institutionen,
Unternehmen, Kunst und Kultur von 2019 bis 2023 mit Herausforderungen
«von historischer und seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gekannter
Tragweite» konfrontiert, heißt es im Antrag. Um schwerwiegende Folgen
besonders für Risikogruppen abzuwenden, sei es auf Solidarität
angekommen - und eine Abwägung der Folgen für Wirtschaft und
Gesellschaft und eine verhältnismäßige Gestaltung von
Grundrechtseingriffen.

Das Untersuchungsziel

Eine umfassende, wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung der Pandemie
und des staatlichen und gesellschaftlichen Handelns sei unerlässlich,
um belastbare Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen, heißt es
zum Untersuchungsziel. Leitend solle sein, «dass alle Maßnahmen und
Entscheidungen immer nur vor dem Hintergrund des Informationsstands
zum betreffenden Zeitpunkt bewertet werden können». Trotz vieler
Untersuchungen etwa auch in den Ländern hätten viele den Eindruck,
die Pandemie sei noch nicht ausreichend aufgearbeitet.

Die Enquete-Kommission

In der vorigen Wahlperiode, gleich nach der akuten Krise, kam eine
Auswertung der Schutzmaßnahmen mit Masken, Tests und Schließungen auf
Bundesebene nicht zustande. Diskutiert wurde etwa über einen
Bürgerrat, die Ampel-Koalition einigte sich aber nicht. Auch
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mahnte eine Aufarbeitung an:
«Das, was wir nicht offen ansprechen, nährt einfach nur
Verschwörungstheorien und neues Misstrauen.» Union und SPD
vereinbarten dann im Koalitionsvertrag eine Enquete-Kommission. Sie
ist ein Format für große, komplexe Themen. Das französische Wort
«enquête» bedeutet Untersuchung.

Die Zusammensetzung

Der Kommission sollen 14 Abgeordnete und 14 Sachverständige
angehören. Als Vorsitzende ist die CDU-Abgeordnete Franziska
Hoppermann nominiert. Die Union kann fünf Abgeordnete benennen, AfD
und SPD jeweils drei, die Grünen zwei und die Linke einen
Abgeordneten. Die Sachverständigen sollen im Einvernehmen benannt
werden - mit angemessener Beteiligung von Ländern und Kommunen und
ausgewogener Vertretung der Wissenschaftsdisziplinen und
Gesellschaftsbereiche. Kommt kein Einvernehmen zustande, sollen die
Fraktionen die Experten wie nach dem Abgeordneten-Schlüssel benennen.

Der Auftrag

Beleuchtet werden soll eine Reihe von Aspekten: 

* Die Früherkennung mit Pandemieplänen und Vorsorge.
* Das Krisenmanagement mit den Bund-Länder-Runden der
Ministerpräsidentenkonferenz, Krisenstäben und der Einbindung
wissenschaftlicher Expertise.
* Der rechtliche Rahmen und die parlamentarische Kontrolle. Die
Maßnahmen gegen die Virus-Ausbreitung mit Auswirkungen auf Kinder und
Jugendliche, Ältere und Sterbende.
* Impfungen und das Beschaffen von Schutzausrüstung wie Masken und
Tests.
* Hilfen für Unternehmen und den Arbeitsmarkt. Auswirkungen auf
Kultur, Tourismus, Ehrenamtler und Vereine.

Die Arbeitsweise

Die Kommission soll öffentliche Anhörungen von Experten,
Interessenvertretern und Betroffenen abhalten und Gutachten einholen
können. Perspektiven und Erfahrungen von Bürgern könnten
«insbesondere durch öffentliche Formate einbezogen werden», heißt e
s
im Antrag. Auch eine «altersgerechte Befragung» von Kindern und
Jugendlichen ist möglich. Die «laufende Erkenntnisgewinnung» und
Ergebnisse sollen der Öffentlichkeit in geeigneter Form zugänglich
gemacht werden - mit Berücksichtigung besonders schutzbedürftiger
Informationen.

Der Abschlussbericht

Die Kommission soll dem Bundestag bis zum 30. Juni 2027 einen
umfassenden Abschlussbericht mit Erkenntnissen und
Handlungsempfehlungen vorlegen. Es kann auch Zwischenberichte zu
abgeschlossenen Aspekten geben, was eine frühere parlamentarische und
politische Befassung damit ermöglichen soll. Alle Mitglieder der
Kommission können auch Sondervoten abgeben. Mit dem Abschlussbericht
veröffentlicht werden sollen auch Protokolle der Sitzungen, wenn die
Kommission nicht öffentlich getagt hat.

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