Mutmacher für Krebspatienten - Tumor-OP rettet 62-Jährige Von Christian Brahmann, dpa
Diagnose Krebs, unheilbar, keine Operation möglich: Susanne Viehmeier
will aber nicht aufgeben. Dank einer neuen OP-Technik genießt die
62-Jährige drei Jahre später ihr Leben und schmiedet Pläne.
Hannover/Wolfsburg (dpa/lni) - Intensivstation Zimmer 13, Susanne
Viehmeier wacht aus der Narkose auf und bekommt die Nachricht:
«krebsfrei». Ein Wendepunkt im Leben der 62-Jährigen, die drei Jahre
zuvor als unheilbar krank galt. Damals hatte sich die Wolfsburgerin
schon um ihre Bestattung gekümmert. Jetzt kehrt sie zur Hochschule
Hannover (MHH) zurück, um mit ihrer Geschichte anderen Mut zu
machen.
Einem Ärzteteam um MHH-Chirurg Moritz Schmelzle ist es gelungen, die
Krebspatientin zu retten. «Es hat geklappt und die Erholung schreitet
voran», sagt Viehmeier rund drei Monate nach ihren Operationen der
Deutschen Presse-Agentur. Im April war ihr ein Tumor entfernt worden,
der zuvor als inoperabel eingestuft worden war.
Ärzte: Erstmals neue OP-Technik angewandt
Die Mediziner der MHH sprechen von der weltweit ersten Operation mit
einer neuen Technik. «Innerhalb von viereinhalb Stunden konnte der
bösartige von den Gallengängen ausgehende Tumor entfernt werden»,
erklärt die Hochschule dazu. «Die Behandlung von Frau Viehmeier
zeigt, welche Fortschritte wir in der systemischen und operativen
Tumortherapie gemacht haben», sagt Professor Schmelzle.
Für die Operation wurde nach Angaben der Ärzte eine jahrzehntealte
Idee, ein krankes Organ außerhalb des Körpers zu operieren, im Körper
umgesetzt, indem die Leber vom Blutkreislauf des restlichen Körpers
getrennt wurde. Die Mediziner verwendeten dazu eine Technik, die
üblicherweise als Herz-Lungen-Maschine genutzt werde.
Zwei Operationen innerhalb weniger Tage
Mit dem bösartigen Tumor sollte ein Leberlappen entfernt werden. Der
andere Leberlappen konnte laut Professor Schmelzle die Funktion
allein übernehmen, weil die Patientin acht Tage vor der eigentlichen
OP schon einmal operiert worden war. Dabei sei die Leber gesplittet
und der Blutkreislauf umgelegt worden, sodass der Leberlappen habe
wachsen können.
Die Eingriffe überhaupt erst ermöglicht, habe die Anwendung eines
neuen Medikaments, berichtet der MHH-Chirurg. Durch eine
experimentelle Therapie außerhalb des Standards habe der Tumor an
Größe verloren und damit bessere Voraussetzungen für die OP
geschaffen.
MHH-Chefarzt: Die Leber kann regenerieren
Direkt nach der Operation hatte die Leber der Patientin nach den
Berichten noch ein Viertel des ursprünglichen Volumens. «Aber das
Gute an der Leber ist, dass sie regenerieren kann», erklärt
Schmelzle. Nach einer Behandlung fange das Organ wieder an, zu
wachsen. Es erreiche irgendwann die Ausgangsgröße wieder. «Ich würd
e
schätzen, dass sie schon etwa die Hälfte der ursprünglichen Größe
wieder erlangt hat», sagt Schmelzle.
Patientin Susanne Viehmeier erinnert sich bei ihrem MHH-Besuch, dass
sie kurz nach der Diagnose im Jahr 2022 in ein Loch gefallen sei. Sie
habe Urlaubspläne zum 60. Geburtstag gestrichen und bange Richtung
Weihnachten geschaut. Ihre Lebenserwartung sei damals auf wenige
Monate geschätzt worden. «Heute fühle ich mich wohl, keine weiteren
Beschwerden, keine Medikamente», sagt Viehmeier drei Monate nach der
erfolgreichen OP.
Chirurg: Operation für andere Patienten schon geplant
Die Wolfsburgerin ist vor allem dankbar für die vielen Stützen.
«Hätte mich mein Hausarzt nicht rechtzeitig weitergeschickt, hätte
ich keine Chance gehabt», sagt Viehmeier. Ihr Mann Holger, mit dem
sie seit 47 Jahren zusammen sei, habe immer an ihrer Seite gestanden,
berichtet die 62-Jährige. Auch ihre beiden Töchter, deren Männer und
die Enkel sowie ein sensationeller Freundeskreis hätten ihr durch die
schwere Zeit geholfen.
Für den Chirurgen Schmelzle hat der Fall über Viehmeier hinaus
Bedeutung. «Wir hoffen mit der Technik einer größeren Anzahl von
Patienten helfen zu können», sagt er. Mit der Methode werde man
sicher nicht alle Tumor-Patienten heilen können. Nach der
Veröffentlichung hätten sich aber schon mehrere Erkrankte
vorgestellt, von denen einige in den nächsten Tagen und Wochen in der
MHH operiert werden, kündigt der Chefarzt an.
Gerettete Krebspatientin will anderen Mut machen
Auch Viehmeier weiß, dass die Prognose für viele Patienten mit
ähnlicher Diagnose schlecht bleibt. «Man wird nicht jeden operieren
können, man kann nicht jedem Patienten helfen», sagt sie. Aber wenn
ein paar Menschen Hilfe bekommen könnten, sei schon eine Menge
erreicht.
Für sie selbst stehe als Nächstes die Taufe des zweiten Enkels an.
Anstatt sich um das eigene Begräbnis zu sorgen, macht die 62-Jährige
wieder Termine, auf die sie sich ganz ohne Sorge freuen kann, weil
sie «krebsfrei» ist.
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