Spahn: Masken-Vorwürfe entkräftet - Linke fordert Rücktritt Von Basil Wegener, dpa

Die Linke fordert Jens Spahns Rücktritt, die Grünen mehr Aufklärung
zur Beschaffung von Corona-Masken. Von Parlamentariern wird der
Unionsfraktionschef gelöchert - er selbst spricht von Verleumdung.

Berlin (dpa) - Der frühere Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
hält nach einer Befragung durch Parlamentarier hinter verschlossenen
Türen die meisten Vorwürfe gegen sich wegen der
Corona-Maskenbeschaffung für entkräftet. Das machte der heutige
Unionsfraktionschef nach der rund zweistündigen Befragung im
Haushaltsausschuss des Bundestags deutlich.

Spahn argumentierte, in der tiefen Krise und angesichts mangelnder
Informationen über Corona seien Entscheidungen in einer Notsituation
nötig gewesen: «Und es wird gerade versucht, bis an die Grenze der
Verleumdung das in einen anderen Kontext zu bringen.» 

Schwere Vorwürfe im Sudhof-Bericht

Ein Bericht der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof hatte
festgestellt, dass Spahn «gegen den Rat seiner Fachabteilungen» in
großem Umfang in die Schutzmasken-Beschaffung eingestiegen war.
Milliardenrisiken für den Staat entstanden demnach, obwohl mit
Beschaffung erfahrene Behörden bereitgestanden und mehrfach gewarnt
hätten. Sudhof war von Spahn-Nachfolger Karl Lauterbach (SPD)
beauftragt worden.

«Ich halte die meisten Vorwürfe aus dem Sudhof-Papier für
entkräftet», sagte Spahn. «Es war der gesundheitliche Kriegsfall und

wir hatten, um im Bild zu bleiben, keine Gewehre, keine Munition,
keinen Schutz.» Er betonte: «Wir haben getan, was notwendig war, um
Masken zu beschaffen.»

Der Finanzminister und er seien sich einig gewesen: Es solle lieber
Geld kosten als Menschenleben. «Das hat dazu geführt, dass wir in
drei Jahren 440 Milliarden Euro Bundesmittel für die Bewältigung der

Pandemie aufgewendet haben.» Mit dieser enormen Summe seien auch
Schutzschirme für die Krankenhäuser, Impfstoffe und Tests beschafft
worden. 

Spahn: «Es war Wildwest»

Spahn begrüßte, dass der Bundestag eine Enquete-Kommission einsetzen
will. Im Nachhinein habe man damals feststellen müssen, dass viele
Glücksritter Dinge angeboten hätten: «Es war Wildwest.» Die
Entscheidungen seien aber jeweils mit Mehrheit im Bundestag getroffen
worden. Zur Erklärung, warum externe Firmen statt Behörden für die
Beschaffung vorgesehen wurden, sagte Spahn: «Wir waren am Limit, und
wir waren so am Limit, dass wir auch zusätzliche Unterstützung
brauchten.» 

Die heutige Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) verteidigte
Spahn, stellte aber auch klar, dass es in Zukunft - anders als damals
- Beschaffungen direkt durch ihr Ministerium nicht mehr geben solle.
Die Grünen im Bundestag teilten mit, Spahn stehe aus ihrer Sicht im
Verdacht des «Machtmissbrauchs im Amt», wie ihr Gesundheitspolitiker
Janosch Dahmen sagte. 

Aktenführung musste nachgeholt werden

Warken warf Sonderermittlerin Sudhof erneut methodische Mängel und
einige nicht nachvollziehbare Herleitungen vor. Gleichzeitig räumte
sie ein, dass die «Veraktung der Dokumente» aus der fraglichen Zeit
im Ministerium erst später nachgeholt werden musste. «Dass das
Bundesgesundheitsministerium eigentlich ein Gesetzgebungshaus ist und
kein Logistikunternehmen ist, ist klar. Und für die Zukunft sollten
wir diese Verfahren auch anders aufstellen», sagte Warken zudem. Die
Lage in der damaligen Zeit sei aber besonders gewesen. 

Erneut begründete Warken Schwärzungen in dem vorgelegten Bericht mit
persönlichen Daten und Geschäftsgeheimnissen Dritter. Doch die
Stellen müssten nicht geschwärzt bleiben. Sie habe aber zum Stand
jetzt größtmögliche Transparenz geschaffen. 

Grüne: Bund sorgt zu wenig für Prozessrisiken vor

Die Grünen-Haushälterin Paula Piechotta teilte nach Warkens Befragung
mit, dass Sudhofs Bericht durchaus bereits in Teilen zu Änderungen
bei der Strategie des Gesundheitsressorts bei fraglichen Prozessen
geführt habe. «Frau Sudhofs Arbeit war also sehr erfolgreich.» Im
Bundeshaushalt seien noch 1,2 Milliarden Euro für die ausstehenden
Verfahren zu Masken vorgesehen. «Das ist nach unserem Wissen
wahrscheinlich nicht ausreichend», so Piechotta. 

Ihr Parteikollege Dahmen sagte, vor allem stehe der Vorwurf im Raum,
dass ein Unternehmen aus der Heimatregion von Spahn «ohne
Ausschreibung in einem Hoppla-Hopp-Verfahren mit teilweise WhatsApp
und privater E-Mail-Kommunikation» beauftragt wurde, nach wenigen
Tagen völlig überfordert gewesen sei und anschließend auf
Schadensersatzforderungen verzichtet worden sei.

Nach Ansicht der Linken im Bundestag kann die nötige Aufklärung nicht
dem nun wieder CDU-geführten Gesundheitsressort oder einer
Enquete-Kommission überlassen werden, wie ihr Abgeordneter Ates
Gürpinar sagte. Eine solche Kommission soll nach dem Willen der
schwarz-roten Koalition die Corona-Pandemie und das Krisenmanagement
in Deutschland aufarbeiten. 

Rücktrittsforderung von links

Die Linke verlangte Spahns Rücktritt. «Wer so leichtfertig unsere
Steuergelder aus dem Fenster wirft, darf kein wichtiges politisches
Amt mehr ausüben», erklärte Linken-Chefin Ines Schwerdtner. Spahn
habe gegen den Rat seiner Experten windige Milliardendeals
eingefädelt. Daher solle er «der Demokratie einen letzten Dienst
erweisen und noch in dieser Woche als Fraktionschef zurücktreten»,
erklärte sie.

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