Wie synthetische Opioide die Drogenszene verändern Vin Sandra Trauner, dpa

Manche dieser Substanzen sind hunderte Male so stark wie Morphin.
Dealer strecken damit Heroin. Ahnungslose bestellen Fentanyl und Co
im Internet und gehen ein tödliches Risiko ein.

Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Von einer Opioid-Krise wie in den USA sind
Deutschland und Hessen weit entfernt. Dennoch stellen synthetische
Stoffe wie Fentanyl eine große Gefahr dar, wie auf einer
internationalen Tagung in Frankfurt deutlich wurde. «Die Dynamik ist
enorm», sagte der kommissarische Leiter des Frankfurter
Drogenreferats, Oliver Müller-Maar, «wir sind alarmiert.» 

Der Europäischen Drogenbeobachtungsstelle wurden seit 2009 88 neue
Opioid-Varianten gemeldet. Und ständig kommen neue dazu. Denn die
Stoffe sind im Labor schnell, leicht und billig herzustellen, wie der
Freiburger Rechtsmediziner Volker Auwärter erläutert: Eine kleine
chemische Veränderung und schon hat man eine neue Substanz.
Erhältlich sind sie als Pulver, Tabletten, zum Spitzen, als Pflaster,
als Spray oder Liquid für elektronische Verdampfer. 

Unkalkulierbare Gefahren

Was für Schmerzpatienten und bei Narkosen ein Segen ist, wird beim
unkontrollierten Konsum zur unkalkulierbaren Gefahr. Denn der
Konsument weiß in der Regel nicht, was er da nimmt und wie es wirkt.
Fentanyl zum Beispiel wirke 100 Mal stärker als Morphin, Nitazene
könnten 500 Mal so stark sein, erklärt Auwärter: «Einmal kann eine

Messerspitze tödlich sein, einmal reicht eine mikroskopische Menge.»

Eine Überdosierung kann zu einer Atemlähmung führen. Die meisten
Todesfälle - Auwärter spricht von Dutzenden in Deutschland, aber
einer hohen Dunkelziffer - gebe es nicht in der klassischen
Drogenszene wie etwa im Frankfurter Bahnhofsviertel. «Es sind eher
experimentell Konsumierende, die das im Internet bestellen und die
Dosis nicht einschätzen können.» 

Mehr Notfälle im Zusammenhang mit Fentanyl

Auch Nina Kim Bekier, Chefärztin der Klinik für
Abhängigkeitserkrankungen am Frankfurter Bürgerhospital, berichtet
von einer steigenden Zahl von Notfällen, bei denen Fentanyl eine
Rolle spielt - und einer wachsenden Nachfrage nach Opioid-Entzug. 

Die Frankfurter Drogenhilfeeinrichtungen beobachten mit Sorge, dass
synthetische Opioide vermehrt Heroin beigemischt werden. Die Ursache
liege in Afghanistan, erklärt Gesundheitsdezernentin Elke Voitl
(Grüne): Weil dort weniger Schlafmohn angebaut werde, werde Heroin
auf dem Weltmarkt knapp. «Diese Lücke wird durch synthetische Opioide
geschlossen.»

Gestrecktes Heroin auch in Hessen

Das gestreckte Heroin ist längst in Hessen angekommen: Im Januar
wurde bei Schnelltests in einem Frankfurter Konsumraum in 21
Heroinproben Fentanyl nachgewiesen. Rund der Hälfte der getesteten
Proben sei positiv gewesen, berichtete der Präventionsbeauftragte der
Frankfurter Polizei, Lars Küthe. Das Polizeipräsidium habe das
Landeskriminalamt (LKA) informiert. 

Um vor die Lage zu kommen, darin waren sich auf der Tagung alle
einig, würde Drug Checking (Drogenprüfung) enorm helfen. Dabei hätten

Konsumenten die Möglichkeit, ihre Drogen chemisch analysieren zu
lassen. Das könnte sie davor bewahren, unwissentlich unbekannte
Stoffe mit unkalkulierbarer Wirkung zu nehmen. Die Ergebnisse könnten
auch helfen, zu sehen, wie der Markt sich entwickelt. 

Debatte über Drug Checking

Die Bundesregierung hat bereits vor zwei Jahren die Rahmenbedingungen
dafür geschaffen. Hessens inzwischen schwarz-rote Landesregierung hat
aber noch keine Ausführungsbestimmungen erlassen. Daher kann das
Frankfurter Modellprojekt nicht starten. 

Wie diese Tests aussehen könnten, wurde auf der Tagung kontrovers
diskutiert. Während Rechtsmediziner Auwärter vor Schnelltests warnte
- zu ungenau, zu oft falsch -, gaben Vertreter von
Drogenhilfeeinrichtungen zu bedenken, dass ihre Klientel nicht bereit
sei, tagelang auf ein Laborergebnis zu warten.

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