Mit Tabletten leichter gegen Tigermücken vorgehen
Tigermücken breiten sich mit dem zunehmend wärmeren Wetter
hierzulande drastisch aus. Nur soll es ihnen mit Tabletten an den
Kragen - äh Darm - gehen. Und zwar ohne größere Beratung beim Kauf.
Stuttgart (dpa/lsw) - Baden-Württemberg setzt sich für eine
einfachere Abgabe von sogenannten Bti-Tabletten ein, um das
unkontrollierte Ausbreiten der Asiatischen Tigermücke (Aedes
albopictus) zu dämmen. Beim Treffen der Gesundheitsminister im
thüringischen Weimar wurde dieser Vorschlag aus dem Südwesten
einstimmig beschlossen. Die Abgabe ist derzeit nur durch sachkundige
Personen möglich, was das Verfahren deutlich erschwert. Der Bund ist
nun am Zug, die Änderung ins Bundesrecht vorzunehmen. Kommunen in
Baden-Württemberg kämpfen seit Jahren gegen das aus Asien stammende
Tier.
Was macht die Tigermücke so gefährlich?
Die Tigermücke ist klein, aber oho: Mit einer Größe zwischen zwei und
zehn Millimeter und einer auffälligen Schwarz-Weiß-Musterung ist sie
als Überträger von Krankheitserregern wie beispielsweise dem
Chikungunya-Virus und dem Dengue-Virus bedeutsam.
Eine hiesige Asiatische Tigermücke kann allerdings nur tropische
Viren übertragen, wenn diese einen infizierten Reiserückkehrer sticht
und über das Blut die Viren aufnimmt, wie das Gesundheitsministerium
aufklärt. Bei hohen Temperaturen können sich die Viren dann in der
Mücke vermehren und mit einem weiteren Stich auf andere Menschen
übertragen werden. «Je weniger Tigermücken es gibt, umso geringer ist
das Risiko für lokale Übertragungen von tropischen
Infektionskrankheiten ausgehend von infizierten Reiserückkehrern»,
sagte eine Behördensprecherin.
Die ersten Populationen der Asiatischen Tigermücke wurden 2015 in
Freiburg im Breisgau und Heidelberg nachgewiesen. Seitdem hat sich
die Stechmücke immer weiter in den wärmeren Regionen
Baden-Württembergs ausgebreitet, vor allem entlang des Oberrheins,
der Rhein-Neckar-Region und des mittleren Neckars. In den vergangenen
Jahren wurden aber auch Populationen am Bodensee nachgewiesen. Manche
Kommunen wie etwa Kehl, haben die Hoffnung aufgegeben, die
ausgeuferte Tigermücken-Population komplett loszuwerden.
Gab es bereits Krankheitsausbrüche durch Tigermücken in Deutschland?
Nein. Mit Stand 11. Juni wurden noch keine lokal durch die Tigermücke
übertragene Infektionen, wie Dengue oder Chikungunya, in Deutschland
erfasst. Lokal übertragene Infektionen in der EU wurden bisher in
Frankreich, Spanien, Italien, Kroatien berichtet. «Lokal erworben
bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Personen sich innerhalb
dieser EU-Länder infiziert haben», sagte die Sprecherin des
Gesundheitsministeriums.
Wie wirken Bti-Tabletten?
Bti-Tabletten beinhalten Proteinkristalle, die durch das natürlich
vorkommende Bakterium Bacillus thuringiensis israelensis gewonnen
werden. Diese Proteinkristalle wirken bereits in geringer Dosierung
toxisch auf Larven der Stechmücken und Kriebelmücken. Die Tabletten
wirken sehr spezifisch und nur toxisch auf den Darm der Larven. Dort
zerfallen die Proteinkristalle in Toxine. Dies führt schließlich zur
Zerstörung des Darmgewebes, was zum Sterben der Larven führt. Für
Menschen, Haustiere, Vögel oder andere Tiere sind Bti-Tabletten nach
Angaben des Gesundheitsministeriums nicht gesundheitsgefährdend.
Bislang schon konnten laut dem Ministerium Bti-Tabletten erworben und
beispielsweise von Rathäusern abgegeben werden. Nach den neuen
Vorgaben der EU, die seit Anfang 2025 gelten, dürften diese nur noch
nach einem persönlichen Beratungsgespräch durch sachkundiges Personal
abgegeben werden. Diese spezielle Sachkunde haben aber nur sehr
wenige Personen, wodurch der Kauf und die Abgabe der Bti-Tabletten
erschwert wird. Diese Vorgaben sollen mit dem Vorstoß
Baden-Württembergs geändert werden.
Wo und wie wendet man Bti-Tabletten an?
Zur Bekämpfung der Asiatischen Tigermücke können Bti-Tabletten dann
angewendet werden, wenn andere Maßnahmen, wie Entsorgung, Sanierung
oder Abdichten nicht funktionieren. Wenn etwa eine Regentonne nicht
richtig verschlossen werden kann, kann das Wasser mit Bti-Tabletten
alle 14 Tage entsprechend der Anweisung behandelt werden. Ähnliches
gilt für Zisternen, Gullys oder Abläufe, in denen Wasser längere Zeit
steht. Bti-Tabletten sind biologisch abbaubar und sollten daher etwa
alle 14 Tage neu angewendet werden.
Wie unterscheidet sich die Tigermücke von heimischen Mückenarten?
Die Asiatische Tigermücke ist im Vergleich zu den heimischen
Stechmücken tagaktiv und sehr stichfreudig. Sie ist sehr klein,
auffällig schwarz-weiß gemustert und hat charakteristische fünf wei
ße
Streifen an den Hinterbeinen. Das letzte Beinglied ist weiß, so wie
ein weißer Streifen auf dem Kopf und Rücken.
Im Gegensatz zu vielen heimischen Stechmückenarten bevorzugt die
Asiatische Tigermücke kleine Wasseransammlungen als Brutstätte.
Normalerweise dienen schattige Baumhöhlen mit Wasseransammlungen in
Bodennähe als Brutstätten. Allerdings ist die Tigermücke sehr
anpassungsfähig, und so benützt sie als Brutstätten auch gerne
Wasserreste in Blumenvasen, Eimern, Regentonnen oder Pfützen auf
Abdeckplanen oder in Altreifen.
Was sagt der Nabu?
Der Naturschutzbund pocht auf die Beibehaltung der
Beratungsgespräche. «Schon um das Bti nicht unsachgemäß zu
verschleudern beziehungsweise nicht fälschlich einzusetzen», sagte
eine Sprecherin.
Grundsätzlich sollten Stechmücken nicht systematisch ausgerottet
werden. «Sie spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem und sind von
großer Bedeutung für Fische, Amphibien, Fledermäuse oder Vögel.»
Die
Zulassung von Bti basiere auf einer Risikoabwägung, nicht auf
Unbedenklichkeit. Der Einsatz der Tabletten sei in Europa stark
reguliert und durch die EU-Biozidverordnung geregelt. «Seit 2025 gilt
das sogenannte Selbstbedienungsverbot, Voraussetzung für den Verkauf
beziehungsweise die Abgabe sind Sachkunde und fachliche Beratung»,
sagte die Nabu-Sprecherin.
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