Deutscher Pharmadeal - Biontech greift nach Curevac Von Christian Schultz, dpa

Einst galten beide als große Biotech-Hoffnungsträger, sie lieferten
sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen beim Corona-Impfstoff, stritten um
Patente. Nun greift Biontech aus Mainz nach Curevac aus Tübingen.

Mainz (dpa) - Großes Zusammenrücken in der deutschen Biotech-Branche:
Das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech will den Rivalen Curevac aus
Tübingen übernehmen. Beabsichtigt sei, alle Aktien von Curevac zu
erwerben, teilte Biontech am Donnerstag mit. Mit dem Kauf wollen sich
die Mainzer weiteres Know-how auf dem Weg zu Krebstherapien auf
mRNA-Basis ins Haus holen. 

Die Transaktion wird ein Milliardenvolumen haben. Es ist bereits der
zweite milliardenschwere Deal, den Biontech binnen kurzer Zeit
verkündet. 
Am Wettlauf um einen Corona-Impfstoff im Jahr 2020 hatten sich
Biontech und Curevac beteiligt. Biontech war erfolgreich, Curevac
nicht.

Die Übernahme-Nachricht ließ den Kurs der Curevac-Aktie nach oben
schießen: Er stieg zum Handelsbeginn an der US-Technologiebörse
Nasdaq um knapp 35 Prozent auf 5,48 US-Dollar. Biontech-Papiere
legten zunächst um 2,15 Prozent zu auf 107,73 US-Dollar.

Transaktion soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein

Bei der geplanten Transaktion wollen die Mainzer nach eigenen Angaben
jede Curevac-Aktie in Biontech-Aktienhinterlegungsscheine («American
Depositary Shares», kurz: ADS) tauschen. Es werden demnach rund 5,46
US-Dollar für jede Curevac-Aktie angesetzt, das entspräche einer
Bewertung des Tübinger Unternehmens von etwa 1,25 Milliarden
US-Dollar (1,08 Mrd. Euro). 

Nach Abschluss der Übernahme, die vorbehaltlich behördlicher
Genehmigungen bis Ende 2025 angepeilt wird, werden Curevac-Aktionäre
voraussichtlich zwischen 4 und 6 Prozent an Biontech halten, wie es
hieß. 

Auf dem Weg zur kompletten Übernahme sieht sich Biontech auf einem
guten Weg. Aktionäre, die zusammen 36,76 Prozent der Curevac-Aktien
halten, hätten Vereinbarungen unterzeichnet, ihre Aktien
vorbehaltlich der Bedingungen anzudienen, darunter die
Biotech-Holding Dievini von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp. Die
Bundesregierung habe bestätigt, dem Geschäft grundsätzlich positiv
gegenüberzustehen. Biontech gehe daher davon aus, dass die
Kreditanstalt für Wiederaufbau, die im Namen der Bundesrepublik
Deutschland 13,32 Prozent an Curevac hält, die Transaktion
unterstützen werde. 

Biontech peilt ersten Krebs-Zulassungsantrag Ende 2025 an

So kämen dann schon 50,08 Prozent der Curevac-Aktien zusammen.
Bedingung für das Übernahmeangebot ist eine Mindestannahmeschwelle
von 80 Prozent. Laut Biontech soll später bei einer vorgesehenen
Umstrukturierung Curevac-Aktionären, die ihre Anteilsscheine zunächst
nicht angedient haben, pro Aktie die gleiche Gegenleistung geboten
werden. 

«Diese Transaktion ist für uns ein weiterer Baustein in Biontechs
Onkologie-Strategie und eine Investition in die Zukunft der
Krebsmedizin», sagte Biontech- Chef und -mitbegründer Ugur Sahin. 

Biontech, einst mit seinem Covid-Impfstoff auf mRNA-Basis bekannt und
reich geworden, forscht an Krebs-Immuntherapien und peilt einen
ersten Zulassungsantrag in den USA bis Ende dieses Jahres an, für
eine Art Chemotherapie der nächsten Generation gegen
Gebärmutterkrebs. 

Bei einer solchen Therapie kommen Antikörper-Wirkstoff-Konjugate zum
Einsatz. Wirkstoffe der Chemotherapie sollen mit Hilfe von
Antikörpern gezielter an Krebszellen gebracht werden. Ein anderes
Standbein, auf das Biontech bei Krebstherapien setzt, ist die
mRNA-Technologie. Sie setzt an den Bauplänen körpereigener Eiweiße
an, berühmt wurde sie durch Corona-Impfstoffe, wie das von Biontech
und dem US-Konzern Pfizer entwickelte Vakzin.

Forschungsstandort Tübingen soll erhalten bleiben

Auch Curevac forscht seit Jahren an der mRNA-Technologie. Die
Tübinger galten einst neben Biontech und anderen als einer der
Hoffnungsträger bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Virus.
Dann zog das Unternehmen seinen ersten Impfstoffkandidaten wegen
einer vergleichsweise geringen Wirksamkeit aus dem
Zulassungsverfahren zurück, in der Folge kam es auch zu
Patentstreitigkeiten zwischen Curevac und Biontech. Zuletzt hatten
die Tübinger Stellen abgebaut und wollten sich auf die Forschung
fokussieren. 

«Für mich ist diese Transaktion weit mehr als nur ein geschäftlicher

Schritt», sagte Curevac-Chef Alexander Zehnder. «Seit über zwei
Jahrzehnten verfolgen beide Unternehmen ähnliche Ziele und sind dabei
oft Herausforderungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln angegangen.»
Das solle nun unter einem Dach zusammengebracht werden. Der Tübinger
Forschungs- und Entwicklungsstandort von Curevac soll erhalten
bleiben. 

Curevac-Gründer Ingmar Hoerr bewertete die geplante Übernahme
durchweg positiv und sprach von einem guten Zeichen für Europa. Damit
entstehe neben dem Branchen-Giganten Moderna aus den USA ein solcher
in Europa, sagte Hoerr, der sich im Frühjahr 2020 von seinem Posten
bei den Tübingern zurückgezogen hatte, der Deutschen Presse-Agentur. 


Extrem positiv sei auch, dass mit einer Übernahme die
Patentstreitigkeiten zwischen Curevac und Biontech ein Ende fänden,
diese hätten ausgebremst. Die Streitigkeiten waren bis vor das
Bundespatentgericht gegangen. 

Kooperation mit US-Konzern bringt Biontech Milliarden

Für Biontech kommt die Transaktion kurz nach der angekündigten
Kooperation mit dem US-Konzern Bristol Myers Squibb. Die dreht sich
um die Entwicklung eines der vielversprechendsten
Krebs-Wirkstoffkandidaten namens BNT327. Der soll Effekten von
Tumoren entgegenwirken, die das körpereigene Immunsystem
unterdrücken. Mit dieser Vereinbarung verbunden sind
Milliardenzahlungen des US-Konzerns an Biontech.

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