SED-Beauftragter: Auf Unrechtsopfer mehr Rücksicht nehmen

Die gesundheitlichen und psychischen Probleme früherer Heimkinder,
politischer Häftlinge oder Dopingopfer müssten in der Praxis stärker

berücksichtigt werden. Dabei soll die Forschung helfen.

Erfurt (dpa/th) - Der Thüringer Landesbeauftragte zur Aufarbeitung
der SED-Diktatur, Peter Wurschi, beklagt den Umgang mit
SED-Unrechtsopfern. Die Langzeitfolgen, mit denen Betroffenen zu
kämpfen haben, würden von Ärzten, Behörden und auch zunehmend in
Altenpflegeheimen noch nicht ausreichend ernst genommen, so Wurschi. 

Eine Veranstaltung zum Abschluss des Forschungsprojekts
«Gesundheitliche Langzeitfolgen von SED-Unrecht» am Mittwoch richte
sich deshalb an Personen aus Medizin, Therapie, Politik aber auch an
Menschen in der öffentlichen Verwaltung und Betroffenenarbeit. Es
gebe nach wie vor ein «Wissensdefizit», so der
Politikwissenschaftler, «dass man mit in dieser Hinsicht
traumatisierten Menschen zusammenarbeitet und dass diese Problemlagen
keine persönlichen sind, sondern eigentlich aufgrund ihrer Biografie
entstanden sind».

Gesetzesnovelle ermöglicht leichteren Zugang zu Hilfeleistungen

Ein Forschungsverbund der Universitätskliniken Jena, Leipzig,
Magdeburg und Rostock hat über einen Zeitraum von vier Jahren
wissenschaftliche Erkenntnisse zur gesundheitlichen Situation von
Betroffenen des SED-Unrechts untersucht. Die Erkenntnisse flossen
auch in eine Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze im
September 2024 ein. Für Opfer von SED-Unrecht soll es demnach künftig
deutlich einfacher werden, einen Anspruch auf Hilfeleistung oder eine
Reha-Maßnahme zu erhalten, so der Jenaer Psychologieprofessor und
Sprecher des Forschungsverbunds, Bernhard Strauß. Bislang sei dafür
der akribische Nachweis eines unmittelbaren kausalen Zusammenhangs
nötig gewesen. Das sei in der Praxis aber nahezu «eine
Unmöglichkeit», so Strauß. 

Stichprobenvergleich zeigt Krankheitsanfälligkeit bei Unrechtsopfern

Vergleichende Stichprobenuntersuchungen mit Opfern von
Stasi-Zersetzungsmaßnahmen und Personen mit DDR-Sozialisation, die
keine Zersetzung erlebt haben, hätten etwa biologische Unterschiede
gezeigt, so Strauß. «Zum Beispiel haben die Zersetzungsopfer
auffälligere Entzündungsparameter. Also das ist ja ein Indikator auch
für eine höhere Anfälligkeit für körperliche Erkrankungen», so
der
Mediziner. Künftig sollen nachweislich von SED-Unrecht Betroffene
deshalb bereits Hilfe erhalten können, wenn ihr Krankheitsbild einem
für Unrechtsopfer typischem Bild entspreche. 

Forschung schätzt allein die Zahl der Dopingopfer auf bis zu 25.000

Ein entsprechender Kriterienkatalog soll nun in Zusammenarbeit unter
anderem des Bundesjustiz- und des Bundessozialministeriums mit einem
Expertengremium erarbeitet werden, so Strauß. Die aktuelle Forschung
schätze die Zahl der DDR-Dopingopfer in Spitzen- und Breitensport auf
bis zu 25.000 Personen. Die Zahl der von Zersetzung Betroffenen sei
deutlich schwieriger zu schätzen, liege nach Ansicht des Experten
aber mindestens im fünfstelligen Bereich.

Der Landesbeauftragte sieht in den Forschungsergebnissen auch eine
späte Anerkennung für viele der Betroffenen. «Dass vonseiten der
Wissenschaft nachgewiesen wird, dass ihr Gefühl beziehungsweise ihr
Gesundheitszustand, mit dem sie sich auseinanderzusetzen haben,
wirklich von der Repression aus DDR-Zeiten auch ursächlich mitkommt,
ist eine große Befriedigung», so Wurschi.

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