Ein Zuhause auf Zeit für Berlins verletzte Füchse Von Anja Sokolow und Claus Buhlmann, dpa
Von der Straße in die häusliche Pflege - Mareike Seadini von der
Fuchshilfe Berlin gibt kleinen Raubtieren eine zweite Chance.
Berlin (dpa/bb) - Mitten auf einer Straße, neben ihrem toten
Geschwisterchen, wurde Fuchswelpe Maja gefunden - dehydriert,
unterkühlt, allein. Momentan lebt sie in einem umgebauten Badezimmer
in Berlin, versorgt von Mareike Seadini, der Gründerin der Fuchshilfe
Berlin.
«Wir versuchen immer zuerst, die Tiere zurück zu ihrer Familie zu
bringen», sagt Seadini. «Aber wenn das nicht klappt, kommen sie zu
uns.» Die gemeinnützige Organisation kümmert sich um verwaiste,
verletzte oder kranke Füchse - mit dem Ziel, sie wieder auszuwildern.
Ein Alltag wie mit Babys
Die Pflege der kleinen Wildtiere ist intensiv. «Du stehst morgens
auf, machst Welpenmilch, fütterst, gibst Medikamente, reinigst alles
- wie bei einem Baby», erzählt Seadini. Manche Welpen müssen anfangs
alle zwei Stunden gefüttert werden. «Ich habe auch schon mal einen
mit ins Büro genommen.»
Aktuell betreut die Fuchshilfe 18 Welpen - im vergangenen Jahr waren
es 32. Hinzu kommen erwachsene Füchse mit Verletzungen. «Wir hatten
eine Füchsin mit grauem Star - sie wurde erfolgreich operiert, aber
wir dachten, sie könne nicht ausgewildert werden. Doch sie hat sich
selbst entschieden: ist einfach gegangen», berichtet Seadini.
Physiotherapie für Mia
Ein besonders bewegendes Beispiel für die Fuchspflegerin ist Mia, ein
gelähmter Fuchswelpe. «Ich dachte, wir müssen sie einschläfern»,
erinnert sich Seadini. Doch nach gezielter Behandlung und drei Wochen
Physiotherapie konnte Mia wieder laufen. Heute lebt sie im Gehege -
fast vollständig genesen.
Freiheit statt Kuscheltier
So niedlich die Tiere auch sind - ein Fuchs ist kein Haustier. «Wir
wollen keine Couchfüchse», betont Seadini. «Unser Ziel ist immer die
Freiheit. Sie entfremden sich schnell, wenn sie im Gehege sind - das
ist gut, denn so können wir sie auswildern.» Die Charaktere der Tiere
sind dabei so unterschiedlich wie bei Menschen: ängstlich, frech,
verschmust - jede Pflege erfordert Fingerspitzengefühl.
Ein Netzwerk für den Fuchs
Was als Einzelinitiative begann, ist heute ein Netzwerk: Acht Frauen
betreuen laut Seadini ein Gehege in Wandlitz, acht weitere
Pflegestellen kümmern sich um Tiere wie Maja. Die Wurzeln der
Initiative liegen in einer Tierarztpraxis in Berlin-Neukölln, wo
Seadini als Sekretärin arbeitete. «Dort kam mein erster Fuchs - ein
Unfallopfer mit Schädelhirntrauma. Ich habe ihn gepflegt, und er
wurde erfolgreich ausgewildert.»
Aus Sicht des Berliner Wildtierexperten Derk Ehlert ist es einerseits
positiv, dass Menschen sich um kranke und verletzte Füchse kümmern.
«Andererseits bleibt offen, ob die Tiere wieder ausgewildert werden
können», gibt Ehlert zu bedenken. «Sobald sie an Menschen gewöhnt
sind, ist es schwierig, sie wieder auszuwildern, denn sie müssen ja
selbstständig leben.»
Rechtliche Hürden: Jagdrecht und Eigentum
Außerdem müsse das Jagdrecht beachtet werden. «Das Aufnehmen von
Wildtieren bedarf der Zustimmung des Jägers, das Auswildern in einem
Revier auch», erklärt Ehlert. In der Stadt dürfe zwar nicht gejagt
werden, dort müsse eigentlich aber immer der Grundstückseigentümer
gefragt werden, ob man das Tier wegnehmen darf.
In Berlin gehören Füchse mittlerweile zum Stadtbild. Die
Lebensbedingungen seien viel attraktiver als in der freien Natur. «In
der Stadt sind Füchse eher Sammler als Jäger», sagt Ehlert mit Blick
auf das große Nahrungsangebot, zu dem auch Abfälle gehören.
Gesicherte Zahlen zum Fuchsbestand gibt es nicht. «Wir können keine
Inventur machen», so Ehlert. Die Wildbiologin Sophia Kimmig, die die
Berliner Stadtfüchse für ihre Doktorarbeit erforscht hat, schätzte
ihre Zahl im Jahr 2022 auf etwa 5.000 bis 12.000 Füchse.
Stadtfüchse: Anpassungskünstler im urbanen Raum
Laut Kimmig sind größere Städte wegen ihrer heterogenen Struktur
besonders gut als Lebensraum geeignet. «Der Fuchs braucht nicht
unbedingt viel Grün, sondern vor allem Rückzugsmöglichkeiten wie
Brachflächen und eingezäunte Gelände», so Kimmig. «Die Füchse
sind
extrem gut darin, Orte in der Stadt zu finden, an denen wir Menschen
nicht sind».
Die größten Gefahren für Füchse sind laut Ehlert Krankheiten wie
Staupe und Räude, die die Bestände immer wieder stark dezimierten.
Aber sie erholen sich laut dem Experten auch immer wieder. Der
Straßenverkehr oder Giftköder seien weitere Risiken für Stadtfüchse
.
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