Ansteckung in der Schule: Forscher wollen Keime mit UV-C verringern Von Kristin Kruthaup, dpa
Wie lassen sich Menschen in öffentlichen Räumen gegen Keime schützen
- etwa in der Schule? Während der Pandemie war diese Frage zentral.
In Leipzig wird nun mit UV-C-Strahlung experimentiert.
Leipzig (dpa) - Das vermeintliche Klassenzimmer in
Leipzig-Heiterblick sieht einem echten erstaunlich ähnlich - und doch
ist hier so einiges anders: Statt echten Oberschülern sitzen 30 mit
Luft gefüllte Puppen auf den Stühlen, sie tragen T-Shirts und
darunter elektrische Heizmatten. So sollen sie der Körpertemperatur
eines echten Menschen möglichst nahekommen.
Von der Decke des Raumes hängen an mehreren Stellen Temperaturmesser
und schmale Röhren aus Metall, durch die Luft aus dem Raum abgesaugt
und gemessen werden kann. Und dann stehen etwa in den Ecken Geräte,
die aussehen wie ein Teleskop und die Luft ansaugen und mit
UV-C-Strahlung behandeln können.
Forscher: Neues Labor ist bundesweit einzigartig
Bei dem vermeintlichen Klassenzimmer handelt es sich um ein neues
Reallabor auf dem Gelände des Lichtspezialisten NEL. Für den Bau des
knapp 200 Kubikmeter großen Labors haben sich die großen Leipziger
Forschungsinstitutionen - die HTWK Leipzig, die Universität Leipzig,
das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und das Leibniz-Institut
für Troposphärenforschung - mit der Wirtschaft zusammengetan.
Gefördert wird das Ganze mit mehr als 2,5 Millionen vom
Bundesforschungsministerium. «In dieser Art und Größe ist das neue
Labor nach unseren Recherchen bundesweit einzigartig», sagt
Rüdiger Hennig, Leiter beim Industriepartner NEL. Und Prof. Stephan
Schönfelder von der HTWK Leipzig ergänzt. «Für die Forschung ist es
ein Glücksfall so etwas zu haben.»
Lässt sich UV-C-Strahlung in öffentlichen Räumen nutzen?
Das Forschungsprojekt BeCoLe untersucht, ob und wie sich mit Hilfe
von UV-C-Strahlung die Belastung von Krankheitserregern in
öffentlichen Räumen verringern lässt. «Der einfachste und
effizienteste Schutz in öffentlichen Räumen wie Klassenzimmern gegen
Krankheitserreger ist immer noch das Lüften», erklärt Prof.
Schönfelder. Doch nicht in allen öffentlichen Räumen - etwa im Kino
oder Theater - lassen sich Fenster öffnen. Und im Winter ist es für
längeres Lüften oft auch einfach zu kalt.
Eine Alternative sind dann mechanische Filtersysteme wie
Hepa-Schwebstofffilter. Doch diese seien häufig lauter, erklärt
Florian Wallburg, wissenschaftlicher Mitarbeiter im
Forschungsprojekt. Die Forscher in Leipzig wollen nun herausfinden,
wie mit Entkeimungssystemen, die auf UV-C basieren, Räume von Viren
und Bakterien befreit werden können.
UV-C-Strahlung ist potenziell gesundheitsschädlich
UV-C-Strahlung ist ein Bereich der ultravioletten Strahlung, der
zwischen 100 und 280 Nanometern Wellenlänge liegt. Die Strahlung kann
Bakterien und Viren abtöten - sie kann jedoch auch potenziell
gesundheitsschädlich sein - etwa für Augen und Haut.
Bisher werde UV-C-Strahlung etwa in der Lebensmittelindustrie
eingesetzt, etwa in Schlachtereien, erklärt Hennig. Auch beim
Entkeimen von Trinkwasser komme es zum Einsatz. In Leipzig wird nun
in dem Reallabor geprüft, wie Keime sich im Raum verteilen und
inwiefern mit UV-C-Geräten die Keimbelastung reduziert werden kann.
Neben dem Labor gibt es die «Giftküche»
Gleich neben dem vermeintlichen Klassenzimmer ist beim
Lichthersteller NEL ein kleiner Raum, den die Forscher scherzhaft die
Giftküche nennen. Dort stehen allerlei Röhrchen und Stangen. Hier
steht der selbst entwickelte Zerstäuber, mit dessen Hilfe Partikel
aerosolisiert in den Raum eingebracht werden können. Dazu nehmen die
Forscher keine echten Viren, sondern ungefährliche Ersatzviren. So
können sie dann verschiedene Situationen simulieren.
Das kann etwa die Situation sein, dass der Lehrer, der vorne im
Klassenzimmer steht, Corona oder Influenza hat und die Aerosole von
dort kommen. Wie verteilen sich die Teilchen nun im Raum? Was kommt
bei der Schülerin in der letzten Reihe an, was bei jener in der
ersten? Mithilfe des Reallabors können die Forscher das nun
verlässlich messen und erfassen.
Derzeit werden drei UV-C-basierte Systeme im Labor getestet
In Leipzig prüfen die Forscher die Entkeimung des Raumes derzeit mit
Hilfe von drei UV-C-basierten Systemen. Das eine sieht aus wie ein
Oberlicht. Es gibt die ultraviolette Strahlung gegen die Decke ab -
die Idee ist, dass warme Luft nach oben steigt, dort die Keime durch
das Licht abgetötet werden und dann die keimfreie Luft wieder
hinuntersinkt.
Ein anderes System steht in den Ecken des Klassenzimmers. Es sieht
aus wie ein Teleskop, kann die Luft ansaugen und dann mit
UV-C-Strahlung behandeln. In der Industrie gibt es diese Modelle
bereits und sie sind marktreif, wie Hennig erklärt. Wenn es
funktioniert, könnten sie künftig eine Alternative beziehungsweise
Ergänzung zum Infektionsschutz in öffentlichen Räumen sein.
Erste Tests mit UV-C-Strahlung sind positiv
Mithilfe von Simulationsmodellen habe man zeigen können, dass mit den
UV-C-Geräten keiminfizierte Aerosole deutlich reduziert werden
können, sagte Wallburg. Die ersten Tests sind also positiv. Außerdem
habe man durch die Versuche in dem Reallabor das Infektionsrisiko und
die Bekämpfung mit UV-C-Strahlung realitätsnah berechnen können.
Sollte es zu einer erneuten Pandemie kommen, ist also womöglich
UV-C-Strahlung in öffentlichen Räumen eine Alternative. Es gibt
derzeit aber auch noch viele Fragezeichen - und am Ende ist auch
nichts so günstig wie einfach zu lüften.
Eins ist aber sicher: Die Grundlagenforschung in Leipzig schafft viel
zusätzliches Wissen und realitätsnahe Berechnungen, wie Menschen im
öffentlichen Raum effizient gegen Keime geschützt werden können.
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