Kampf gegen Schweinepest kann noch Jahre dauern Von Oliver Pietschmann, dpa

Wildschweine verenden elend. Hausschweine müssen gekeult werden. Seit
einem Jahr grassiert die Afrikanische Schweinepest in Hessen. Ist ein
Ende absehbar?

Wiesbaden/Friedrichsdorf (dpa/lhe) - Die Nachricht traf viele wie ein
Schock. Landwirte und Behörden gingen in den Krisenmodus. Am 15. Juni
vergangenen Jahres wurde der erste Fall von Afrikanischer
Schweinepest in Hessen bestätigt. Die Folge: Bauern mussten ihre
Bestände keulen. Hunderte Kilometer Zäune wurden errichtet, um ein
Ausweiten der Seuche zu verhindern. Und noch längst sind die für
Schweine fast immer tödlichen Infizierungen und ihre Folgen nicht zu
Ende. «Wir rechnen leider eher mit Jahren als mit Monaten», sagt die
Sprecherin des hessischen Bauernverbandes, Marie-Claire von Spee.

Mit dem Nachweis der Seuche wurden Sperrzonen eingerichtet, mit
Beschränkungen für Landwirte, Jäger und auch die dortigen Bewohner.
Nur kurze Zeit später wurde im Kreis Groß-Gerau auch in
Hausschweinebeständen das für Menschen ungefährliche Virus
nachgewiesen. Tausende Tiere mussten gekeult werden. Wie das Virus
nach Hessen kam, ist unklar.

Kosten über 20 Millionen Euro

Bis Ende Mai 2025 wurden dem hessischen Landwirtschaftsministerium
zufolge alleine für Sachmittel wie Zäune mehr als 20 Millionen Euro
ausgegeben. Personalkosten oder die Ausgaben der betroffenen Kreise
sind nicht mitgerechnet. «Es wurden circa 280 Kilometer Festzaun und
circa 300 Kilometer mobiler Elektrozaun gebaut, letzterer wird
derzeit größtenteils wieder abgebaut», heißt es vom Ministerium. Be
im
Bund setze man sich dafür ein, dass man sich dort an den Kosten
beteilige, da neben Hessen auch Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz,
Brandenburg und Sachsen betroffen seien.

Bauern geben Schweinehaltung auf

Mittlerweile konnten einige Beschränkungen gebietsweise aufgehoben
werden. Doch Bauern geraten finanziell unter Druck. «Insbesondere
durch die Sperrzone 3 betroffene Schweinehalter waren massiv
betroffen und viele haben daraufhin ihre Schweinehaltung aufgegeben»,
sagt von Spee. 

In der mittlerweile aufgehobenen Sperrzone mit nachgewiesenen Fällen
bei Schweinehaltern galten die schärfsten Regelungen: Bauern
erhielten an Schlachthöfen gar kein Geld, Betriebe ohne Versicherung
mussten die Kosten ohne Einnahmen selbst tragen. In der umliegenden
Sperrzone 2 verlaufe zwar mittlerweile die Vermarktung weitgehend
unproblematisch - aber mit wirtschaftlichen Einbußen.

Tausende Kadaver und Kadaverteile entdeckt

«Weit mehr als 2.000 Wildschweine hat es mit dem aggressiven Virus
dahingerafft», sagt der Sprecher des Landesjagdverbandes, Markus
Stifter. Sie wurden positiv getestet. Insgesamt wurden mehr als 5.000
Kadaver oder Kadaverteile wie Knochen gefunden. Auch Kadaverspürhunde
kommen bis heute bei der Suche nach verendeten oder infizierten
Tieren zum Einsatz. 

Erst wenn ein Jahr lang kein infiziertes Schwein gefunden wird,
können die Beschränkungen aufgehoben werden. «Es ist für die Jäge
r
schon eine große Belastung», sagt Stifter. Zunächst habe ein
Jagdverbot in einigen Regionen geherrscht. Jetzt müsse man viele
Schweine jagen, weil die sich in der Zeit ja auch vermehrt hätten.
Das Problem: «Es darf heute nichts nach draußen, das ist nur zur
Eigenverwertung.» Die Alternative sei die Beseitigung der erlegten
Schweine. 

Ganze Populationen müssen getötet werden

«Wir sind nicht mehr in der regulären Jagd, sondern in der
Seuchenbekämpfung», sagt Stifter. Ein Großteil der Schweine aus der
Zone 2 werde nicht verwertet. «Es ist aber trotzdem notwendig. Wir
kriegen die Krankheit nur weg, wenn auch die Wildschweine weg sind.»
In manchen Regionen müsse die ganze Population getötet werden. 

Bei der Jagd würden die Wildschweine aber nicht wieder an denselben
Platz zurückkehren, wenn dort geschossen wurde. «Die Sau ist schlau»,

sagt Stifter. Die bekämen den Jagddruck mit und gingen dort nicht
mehr hin. Nach Angaben des Ministeriums wurden seit der
Wiederaufnahme der Jagd überwiegend ab Mitte März in den beiden
Sperrzonen mehr als 2.400 Wildschweine erlegt.

Noch etwas anderes kam für die Jäger überraschend: «Eine so große

Ausdehnung hatten wir nicht erwartet», sagt Stifter. Das erste
positiv getestete Tier war südlich von Rüsselsheim an einer
Landstraße entdeckt worden. Mittlerweile sind große Teile Südhessens

und über die Landesgrenzen hinaus auch Rheinland-Pfalz und
Baden-Württemberg betroffen. 

Jäger sehen Gefahr weiterer Ausbreitung

Die größte Sorge sei, dass es im Sommer wieder Einträge in
Hausschweinebestände gebe, sagt Stifter. Das sei aus unklarem Grund
auch in anderen Regionen so gewesen. «Es kann sich weiter
ausbreiten.» In anderen Regionen laufe das schon fünf Jahre. Zudem
bestehe weiter die Gefahr eines «sekundären Eintrags», zum Beispiel
über Lasterfahrer - möglicherweise aus dem Ausland. 

«Die gehen hier alle auf dem Zahnfleisch», sagt er über die
mitarbeitenden Behörden. «Wenn jetzt noch woanders was auftritt, das
wäre der Worst Case.» Irgendwann seien die Kapazitäten - etwa bei den

Testern oder Veterinärämtern - erschöpft.

Höhepunkt überschritten?

Im Kerngebiet würden aktuell noch immer infizierte Wildschweine
gefunden, heißt es vom Ministerium. Allerdings sei die Population
bereits merklich reduziert. «Die Fallzahlen scheinen den Höhepunkt
überschritten zu haben.»

In sogenannten weißen Zonen, die vollständig von einem Festzaun
umschlossen sind, würden alle Tiere entnommen. «Um die Afrikanische
Schweinepest tilgen zu können, müssen nach der Etablierung der weißen

Zonen auch im Kerngebiet alle noch überlebenden Wildschweine
entnommen werden», teilte das Ministerium mit. Denn es würden
vermutlich nicht alle Kadaver von verendeten, infizierten Schweinen
gefunden und das Virus habe eine sehr hohe Widerstandsfähigkeit.

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