Rattenplage in Rheinland-Pfalz: Mythos oder Realität? Von Bernd Glebe, dpa
Ratten ernähren sich von Abfall und Nahrungsresten. Die Tiere leben
in der Kanalisation, schlüpfen aber auch durch Löcher und Spalten in
Keller oder auf Dachböden. Und sie übertragen Krankheiten.
Mainz (dpa/lrs) - Ratten gehören zu den ungebetenen Gästen in den
Städten. Den schwarz-grauen und bräunlichen Allesfressern werden
Beschädigungen von Gebäuden und Leitungen, Verunreinigungen von
Lebensmitteln und das Übertragen von Krankheitserregern
zugeschrieben. Gibt es zu viele dieser bis zu 30 Zentimeter langen
Tiere, muss gehandelt werden.
Warum? Ratten werden im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes als
sogenannte Gesundheitsschädlinge betrachtet. Über 100 verschiedene
Krankheiten können Wanderratten nach Angaben des Bundesumweltamtes
auf den Menschen übertragen.
Bekanntes Problem in den Städten
Kämpfen einzelne Kommunen in Rheinland-Pfalz mit Rattenplagen? Was
kann und muss getan werden, damit keine Gesundheitsgefahren
entstehen? Nach Einschätzung des rheinland-pfälzischen Städtetags
stellen Ratten vor allem im städtischen Raum ein bekanntes Problem
dar.
«Die Tiere finden dort durch ungesicherte Abfallbehälter oder
Nahrungsreste im öffentlichen Raum sowie der Vielzahl von
Unterschlupfmöglichkeiten günstige Lebensbedingungen», erklärt die
geschäftsführende Direktorin Lisa Diener. Das führe zu vielfältigen
Schäden.
Ein landesweiter Überblick über die Ausbreitung von Ratten in den
rheinland-pfälzischen Städten liegt dem kommunalen Spitzenverband
nicht vor. Einige Städte berichteten aber vereinzelt von einer
Zunahme des Befalls, insbesondere im Zusammenhang mit illegalen
Müllablagerungen oder unsachgemäßer Entsorgung von Abfällen, sagt
Diener.
In der Praxis setzten viele Städte auf vorbeugende Maßnahmen mit dem
Ziel, das Nahrungs- und Nistplatzangebot für Ratten deutlich zu
reduzieren. Dazu zählten eine sachgerechte Abfallentsorgung, bauliche
Sicherungen zur Vermeidung von Zugängen zu Gebäuden sowie
Aufklärungsarbeit in der Bevölkerung, berichtet die geschäftsführen
de
Direktorin.
Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz
Nicht nur in den rheinland-pfälzischen Städten, auch in den Kreisen
rüsten sich die Verantwortlichen gegen die Zunahme von Ratten. Eine
unkontrollierte Ausbreitung der Tiere berge erhebliche Risiken für
die öffentliche Gesundheit, die Infrastruktur sowie die
Landwirtschaft, mahnt eine Sprecherin des Gemeinde- und Städtebunds.
In Rheinland-Pfalz beobachten die Kommunen die Situation aufmerksam.
Durch Kot und Urin, die oft Krankheitskeime enthalten, können die
Tiere Lebens- und Futtermittel verunreinigen. Das bedeutet eine
Gefahr für die Gesundheit von Menschen und Haustieren. Dass Ratten
eine bedeutende Rolle als Überträger von Tierseuchen spielen, betont
auch der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd. Für
Krankheitserreger besteht eine Meldepflicht nach dem
Infektionsschutzgesetz.
In den vergangenen Jahren ordneten mehr als 20 Kreisverwaltungen in
Rheinland-Pfalz Maßnahmen zur Bekämpfung von Rattenplagen an,
berichtete Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) auf Anfrage des
Abgeordneten Stephan Wefelscheid von den Freien Wählern.
Eine Vielzahl an Gebietskörperschaften führt zudem zusätzlich
Maßnahmen durch, um die Zahl der Tiere in den Kanalisationen zu
senken, wie die Umweltministerin erläutert. Außerdem hätten mehrere
Kreisordnungsbehörden der Erlass einer landesweiten
Rattenbekämpfungsverordnung für Rheinland-Pfalz angeregt.
Kein Rattengift mehr für Privatpersonen?
Der Gemeinde- und Städtebund blickt derweil mit Sorge auf eine
Entscheidung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,
die Zulassung des Rattengifts für Privatpersonen möglicherweise nicht
zu verlängern. Eine Einschränkung der verfügbaren Mittel ohne
gleichwertige Alternativen könnte die Handlungsfähigkeit der
professionellen Schädlingsbekämpfung beeinträchtigen. Private
Anwender sollten weiterhin fachlich beraten und kontrolliert
eingebunden werden, um eine flächendeckende Rattenbekämpfung
sicherzustellen.
Die für die Zulassung zuständige Behörde sieht das Rattengift
kritisch. Der Behörde zufolge kann es einen qualvollen und tagelangen
Tod der Tiere durch inneres Verbluten zur Folge haben. Zudem berge es
Gefahren für Haustiere und Umwelt. So könnte es auch an andere Tiere
als Ratten geraten, beispielsweise auch, wenn sie die Kadaver der
Ratten fressen.
Prüfung bis Jahresende
Derzeit befinden sich diese sogenannten Rodentizide im Verfahren zur
Wiederzulassung und können daher nach Angaben der Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin bis zu dessen Ende am 31. Dezember
2025 weiterhin genutzt werden.
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) warnt vor dem Einsatz
des Rattengifts. Ratten, die vergiftete Köder gefressen haben,
sterben nicht sofort, erklärt Geoökologin Maren Goschke. Die Tiere
würden geschwächt und zu leichter Beute für ihre natürlichen
Fressfeinde. Greifvögel wie der Mäusebussard, Rotmilan oder Turmfalke
sowie Eulen, Marder, Füchse sowie auch Hauskatzen nähmen so die
Giftstoffe mit den Ratten auf.
Nach Angaben der BUND-Expertin kommt es außerdem zu einer
Anreicherung der Giftstoffe im Ökosystem, da diese sich in der Umwelt
und in Organismen nur sehr langsam abbauten. Offen ausgelegte oder
unsachgemäß gesicherte Köder stellten auch eine direkte Gefahr für
Haustiere und Kinder dar.
Ganzheitlicher Ansatz mit Fokus auf Prävention
Goschke plädiert dafür, auf nachhaltige und präventive Methoden bei
der Eindämmung von Ratten umzustellen. «Die Einschränkung oder
Nicht-Verlängerung der Zulassung bestimmter Rodentizide für den
Privatgebrauch sehen wir als Chance, den Fokus von der rein
chemischen Bekämpfung hin zu einem integrierten
Schädlingsmanagement zu lenken.»
Zu dem ganzheitlichen Ansatz gehören laut BUND Bekämpfungsmethoden
mit Schlagfallen, die Förderung natürlicher Feinde mit dem Erhalt von
Lebensräumen für Greifvögel, Eulen, Wiesel, Iltisse und Füchse sowi
e
ein Fokus auf Prävention.
Dazu gehört der Entzug von Nahrungsquellen mit einer korrekten
Müllentsorgung mit verschlossenen und bissfesten Tonnen. Auf dem
Kompost sollten keine Lebensmittelreste oder offen zugängliches
Futter liegen gelassen werden und das regelmäßige Reinigen von
Abfallbehältern sollte Standard sein. Auch sollten keine Essensreste
über die Toilette entsorgen werden, da das die Tiere anlocken kann.
Genauso wichtig ist für den Schutz vor Ratten nach Empfehlung der
Expertin, Löcher und Spalten in Gebäuden, an Türen und Toren sowie
Kellern und Dachböden abzudichten, um den Ratten
Unterschlupfmöglichkeiten zu rauben.
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