Angeklagter: Medikamente nach Anordnung gegeben

Der Angeklagte im Saal A 0.009 des Aachener Landgerichts ist
selbstbewusst und spricht oft unverblümt. Der Krankenpfleger
berichtet von Nachtdiensten, Klinikalltag, Medikamenten und äußert
Kritik.

Aachen (dpa/lnw) - Im Mordprozess gegen einen Krankenpfleger vor dem
Landgericht Aachen hat der Angeklagte bekräftigt, dass er in seinen
Nachtschichten Medikamente fast ausschließlich nach Anordnung gegeben
habe. Falls wegen des Zustands der Patienten eine weitere Gabe
notwendig gewesen sei, habe er die ärztliche Anordnung nachträglich
eingeholt, sagte der Krankenpfleger. Das sei «in 99,5 Prozent der
Fälle» so gewesen. Falls ein Medikament ohne Wirkung blieb, sei ein
vergleichbares Präparat genommen worden. 

Dem Mann, der im Nachtdienst allein auf der Palliativstation des
Rhein-Maas Klinikums in Würselen bei Aachen tätig war, wird Mord in
neun Fällen sowie 34-facher Mordversuch an Patienten vorgeworfen. Er
soll zwischen Ende Dezember 2023 und Mai 2024 insgesamt 26 Patienten
eigenmächtig stark sedierende Medikamente gespritzt haben, teilweise
in Kombination mit Schmerzmitteln und teilweise mehrfach. Das habe in
neun Fällen zum Tod der Patienten geführt.

Der Angeklagte sagte erneut, dass nach seiner Meinung bei
Palliativpatienten, die keine Aussicht auf Heilung haben,
Beruhigungs- oder Schmerzmittel häufig zu gering dosiert würden. «Wir

Krankenpfleger stupsen die Ärzte schon ganz gerne mal an», sagte er
und verwies auf die Möglichkeit, das Thema bei Visite oder Übergabe
anzusprechen. Er bekräftigte seine frühere Aussage, er sei kein
Euthanasie-Pfleger und habe sich an Patienten-Verfügungen gehalten.
In den Nachtdiensten hätten Ärzte wenig gestört werden sollen. Er sei

nicht immer einverstanden gewesen mit Reanimationen an teils über
90-jährigen Patienten. 

Psychische Probleme in Corona-Zeit

Der an Händen und Armen tätowierte Mann berichtete auch, dass er
während einer Tätigkeit in Köln psychische Probleme hatte. In der
Corona-Zeit habe er auf der Station Angst vor einer Corona-Infektion
gehabt und oft Patienten an Corona sterben sehen. Er habe Angst
gehabt, der Stress sei nicht weniger geworden. «Da ist mir eine
Synapse durchgeknallt», sagte der Mann. 

Die Kollegen hatten in ihren Aussagen dem Krankenpfleger bescheinigt,
dass seine Station stets tipptopp gewesen sei. Zugleich wurde er von
einigen Kollegen als schroff und als Einzelgänger beschrieben. Der
44-Jährige drückt sich unverblümt und direkt aus, berichtet
selbstbewusst vom Klinikalltag und kritisiert die Organisation des
Betriebs. Seine relativ häufigen Arbeitsplatzwechsel begründete er
mit der Bezahlung.

Unterdessen hat die Kölner Staatsanwaltschaft in dem Fall einen Teil
des Ermittlungsverfahrens von der Staatsanwaltschaft Aachen
übernommen. Dies betrifft nach Angaben der Kölner Staatsanwaltschaft
den Zeitraum von April 2010 bis Januar 2011 sowie von Februar 2014
bis September 2020, als der Beschuldigte im Krankenhaus Köln-Merheim
gearbeitete. Derzeit würden Akten ausgewertet, um dann mit der
Polizei Köln die nächsten Ermittlungsschritte anzugehen. Der «Kölne
r
Stadt-Anzeiger» berichtete. 

Auch die Kriminalpolizei in Aachen ermittelt in dem Fall weiter. Kurz
vor Prozessbeginn im März war die Anklage erweitert worden. Bislang
plant das Gericht Verhandlungen bis in den September hinein.

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