Wie der Vermisstenfall Maddie zum Mediensturm wurde Von Christoph Meyer, dpa
Der Fall Madeleine McCann ist unauflöslich mit der britischen
Boulevardpresse verknüpft. Ob die mediale Aufmerksamkeit hilfreich
oder schädlich war, ist so ungewiss wie das Schicksal des Mädchens.
London (dpa) - Es ist ein Mediensturm, der über den beschaulichen
Urlaubsort Praia da Luz in Portugal hereinbricht, als vor etwas mehr
als 18 Jahren ein kleines britisches Mädchen vermisst gemeldet wird.
Die damals dreijährige Madeleine McCann - in Medien meist Maddie
genannt - verschwindet aus ihrem Bett in einer Ferienanlage, während
die Eltern beim Abendessen in einem nahen Restaurant sitzen. Nicht
lange danach wird der kleine Ort von Journalisten überrannt.
Es ist Madeleines Vater Gerry, ein Mediziner aus Schottland, der
damals eine professionelle PR-Maschinerie in Gang setzt. Er will
verhindern, dass seine Tochter aus der öffentlichen Wahrnehmung
verschwindet. Und die britischen Boulevardmedien stürzen sich auf den
Fall. Bald löst er auch weltweit Interesse aus, wie wohl nie ein
Vermisstenfall zuvor.
Zum 18. Jahrestag von Madeleines Verschwinden am 3. Mai schreiben die
McCanns auf ihrer Webseite: «Unsere Entschlossenheit, kein Stein auf
dem anderen zu lassen, ist unerschütterlich.»
Interpol listet mehr als 10.000 Fälle
Von Madeleine, die inzwischen 22 Jahre alt wäre, fehlt bislang jede
Spur. Doch derzeit macht das Thema wieder internationale
Schlagzeilen. Hintergrund ist eine Suchaktion deutscher Behörden in
Portugal. Sie steht im Zusammenhang mit dem mehrfach verurteilten
Sexualstraftäter Christian B., der in dem Fall seit einigen Jahren
als Verdächtiger gilt. Der Fall Maddie ist wieder in aller Munde.
Dabei ist das Verschwinden des Mädchens kein Einzelfall. Die
internationale Organisation zur Polizeizusammenarbeit, Interpol,
listet auf ihrer Webseite 10.614 offene Vermisstenfälle. Darunter
sind viele Kinder, teils sogar Babys. Allein die britische Polizei
führt in ihrem jüngsten Bericht knapp 1.500 langfristig vermisste
Minderjährige.
Schadete der Medienrummel den Ermittlungen?
Bei der portugiesischen Polizei soll der Medienrummel von Anfang an
für Befremden und Misstrauen gesorgt haben. Verstärkt wird das umso
mehr, als die britischen Zeitungen mit angelsächsischem
Überlegenheitsgefühl über die angeblich dilettantischen Ermittler aus
dem südeuropäischen Land berichten.
Zwischenzeitlich stehen Mutter Kate und Vater Gerry McCann selbst
unter Verdacht. Für eine Weile halten die Ermittler es für möglich,
dass das Kind bei einem Unfall gestorben sein könnte und die Eltern
die Leiche verschwinden ließen - und die Medientrommel als
Ablenkungsmanöver nutzen.
Spekuliert wird auch, ob die mediale Aufmerksamkeit den Druck auf
einen möglichen Entführer erhöht haben könnte, das Mädchen zu t
öten,
um einer Entdeckung zu entgehen.
Tagebucheinträge ohne Zustimmung veröffentlicht
Dabei werden die McCanns im Laufe der Zeit selbst zum Opfer der
Sensationsgier des britischen Boulevards. Die Story über Maddie fällt
in eine Zeit, als die britischen Medien zügelloser denn je sind.
Britische Journalisten hören Telefone ab, um an Informationen über
Prominente und Verbrechensopfer zu kommen. Nichts gilt als heilig.
Die inzwischen eingestellte Wochenzeitung «News of the World»
veröffentlicht Tagebucheinträge von Kate McCann aus der Zeit der
Entführung ohne deren Zustimmung - und muss sich später öffentlich
dafür entschuldigen.
Sind die McCanns mit ihrer Strategie gescheitert?
Mehr als eine Million Pfund an Schmerzensgeld und
Entschädigungszahlungen an die McCanns und ihre Freunde fließen in
eine Stiftung, die das Paar gründet. Mit deren Hilfe wollen sie die
Suche nach ihrer Tochter finanzieren. Sie lassen nichts unversucht:
Privatdetektive, Besuch beim damaligen Papst Benedikt, ein Gespräch
mit US-Talkmasterin Oprah Winfrey - alle Hebel werden in Bewegung
gesetzt, um auf das Schicksal ihrer Tochter aufmerksam zu machen.
Lange Zeit sieht es so aus, als seien die McCanns mit dieser
Strategie gescheitert. Doch sollte sich der Verdacht der
Braunschweiger Staatsanwaltschaft gegen Christian B. erhärten, könnte
sich diese Bewertung dramatisch ändern. Auch wenn das ihre noch immer
nicht aufgegebene Hoffnung, ihre Tochter lebend zu finden, zerstören
dürfte. Anders als die britischen Ermittler geht die deutsche
Staatsanwaltschaft fest davon aus, dass Madeleine tot ist.
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