Stadt, Land, Sport: Wieso Stadtkinder oft fitter sind Von Larissa Schwedes, dpa
Wer als Kind nicht zum Fußball will, hat auf dem Land oftmals nicht
viele andere Möglichkeiten. In der Stadt sieht das ganz anders aus.
Für die Gesundheit von Kindern kann das direkte Folgen haben.
Augsburg/Karlsruhe (dpa) - Auf dem Land spielt man als Kind ständig
im Wald und auf Wiesen, in der Stadt hockt man nur im Kinderzimmer?
Dieses Klischee ist von der Realität überholt worden. Studien legen
sogar nahe, dass genau das Gegenteil der Fall ist - also, dass
Stadtkinder sich mehr bewegen und damit auch seltener an Übergewicht
leiden.
Wer sich weniger bewegt, wird leichter übergewichtig. Und das
wiederum hat gesundheitliche Auswirkungen: Mit Übergewicht steigt das
Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und andere Leiden.
Oft werden schon im frühen Kindesalter die Grundlagen dafür gelegt,
ob und wie man sich auch später im Leben bewegt - oder eben auch
nicht.
Kinder vom Land häufiger übergewichtig
In einer finnischen Untersuchung der Forscherin Elina Engberg von der
Universität Helsinki zeigten sich bei Drei- bis Vierjährigen
Unterschiede zwischen Stadt und Land. Fast ein Viertel (24 Prozent)
der untersuchten Kinder in ländlichen Gegenden waren übergewichtig
oder fettleibig, in städtischen Gebieten waren es 16 Prozent.
Ein Faktor für diese Tendenz auf dem Land: die vor Handys, Computern
und Fernsehern verbrachte Zeit. Die Bildschirmzeit sei bei Kindern
vom Land stärker mit Indikatoren für Fettleibigkeit verknüpft,
erklärt Engberg in einem Kongressvortrag. Dies könne «teilweise durch
die bei Landkindern beobachtete höhere Bildschirmzeit erklärt werden,
während in städtischen Gebieten andere Faktoren eine größere Rolle
für Übergewicht zu spielen scheinen.»
Kinder vom Land auch motorisch nicht fitter
In Deutschland scheint es ähnlich zu sein. Claudia Augste von der
Universität Augsburg hat schon vor rund zehn Jahren in einer
Feldstudie festgestellt, dass Kinder aus dem ländlichen Raum etwas
schlechter abschnitten als Kinder aus der Stadt, wenn ihre
motorischen Fähigkeiten getestet wurden. Es sei also nicht - oder
nicht mehr so, dass Kinder vom Land immer deutlich mehr draußen
herumliefen und daher deutlich fitter und motorisch besser
aufgestellt seien.
Macht Leben auf dem Land also dick und Stadtleben fit? Ganz so
einfach ist es nicht. Entscheidend scheint jedoch die Erreichbarkeit
von Sportangeboten zu sein - und ob es überhaupt die richtigen gibt.
Was gibt es überhaupt - und wie kommen Kinder hin?
«Stadtkinder haben vielleicht bessere Möglichkeiten, was etwa die
Erreichbarkeit von Sportvereinen angeht», erklärt die
Bewegungswissenschaftlerin Augste. Auch die Verfügbarkeit von
Angeboten mache einen Unterschied. Sie empfiehlt, Bewegungsangebote
in unmittelbarer Wohnumgebung zu fördern - dazu gehörten etwa auch
Spielplätze.
Auch Ulrike Burrmann von der Humboldt-Universität zu Berlin, die
ebenfalls in diesem Themenbereich forscht, hält fest: «Auf dem Land
sind Sport- und Bewegungsangebote für Mädchen auch seltener zu
finden.» Dies sei auch ein Grund, den Mädchen auf die Frage nennen,
warum sie nicht im Verein sind - «dass sie gar keinen Verein kennen.»
Auf dem Land sei mehr Unterstützung notwendig, überhaupt zu den
Sportstätten zu kommen.
Unterschiede zwischen Ost und West
Auch gut 30 Jahre nach der Wende seien noch immer Unterschiede
zwischen den westlichen und östlichen Bundesländern zu erkennen,
erläutert Burrmann. «Die Organisationsgrade im Sportverein sind
durchgängig in den neuen Bundesländern nach wie vor geringer, als es
in den alten Bundesländern der Fall ist.» Der Osten ist ländlicher
geprägt als der Westen.
Neben der Frage, ob es passende Sportangebote gibt und wie diese
erreicht werden können, spielt Burrmann zufolge auch eine Rolle,
welche finanzielle Unterstützung Eltern ihren Kindern mit Blick auf
Sportangebote bieten können. Das zeige der Vergleich von sozial
schwächeren und stärkeren Gemeinden.
Burrmanns Kollegin Lena Henning von der Universität Münster hält
fest: «Es ist sinnvoll, dass sich die einzelnen Institutionen
miteinander vernetzen, zum Beispiel auch Schule und Sportverein
gemeinsam an einem Strang ziehen.» Chancen böten sich etwa, wenn der
schulische Ganztag ausgebaut werde. «Für Sportvereine könnte die
Kooperation eine Möglichkeit eröffnen, Zielgruppen zu erreichen, die
sie bislang weniger erreicht haben.»
Übergewicht bei Kindern ein enormes Gesundheitsrisiko
Dass Kinder ungesund viel wiegen, ist ein recht weit verbreitetes
Phänomen: Ein Viertel der Kinder im Alter von sieben bis neun Jahren
hatten in der jüngsten Erhebung der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Übergewicht, elf Prozent waren fettleibig. Jungen sind häufiger
betroffen als Mädchen. Für diesen Befund hat die WHO in 37 Ländern in
Europa Daten von etwa 470.000 Kindern erhoben. In einigen Ländern hat
die Corona-Pandemie das Problem noch verschärft.
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