Rock am Ring und Rock im Park feiern ausverkauftes Jubiläum Von Irena Güttel und Mona Wenisch, dpa
Rock seit Jahrzehnten: Zum Jubiläumsjahr fahren die
Zwillingsfestivals groß auf. Die Branche hat sich stark gewandelt.
Warum große Festivals weniger Probleme haben als kleinere.
Nürburg/Nürnberg (dpa) - Zum Jubiläum gibt es extra viele Bands und
einige Überraschungen auf den Bühnen: Seit 40 Jahren pilgern
Zehntausende Musikfans zu Rock am Ring, 30 Jahre sind es bei Rock im
Park.
Über die Jahrzehnte hat sich einiges bei den beiden
Zwillingsfestivals in der Eifel und in Nürnberg verändert - wie auch
in der Festivalbranche insgesamt. Fachleute beobachten, dass viele
Open-Air-Spektakel größer, vielfältiger, aber auch teurer geworden
sind.
Auf erstmals vier Bühnen werden vom 6. bis 8. Juni bei Rock am Ring
und Rock im Park 100 Bands auftreten.
Headliner sind in diesem Jahr unter anderem die US-amerikanischen
Metal-Bands Korn und Slipknot, die deutsche Rap-Formation K.I.Z. und
die britische Band The Prodigy.
Am Nürburgring wird das Festival von Überraschungsacts eröffnet. In
Nürnberg stehen am Sonntag drei «very special guests» auf dem
Programm. Kurz vor dem Start wurde bekannt, dass die Band Knocked
Loose auftreten wird.
Mit rund 80.000 Besucherinnen und Besuchern bei Rock im Park und rund
90.000 bei Rock am Ring sind beide Festivals nach Angaben der
Veranstalter ausverkauft.
Als Rock am Ring 1985 startete, feierten rund 70.000 Musikfans vor
nicht mal 20 Bands. Zehn Jahre später entstand das Zwillingsfestival
Rock im Park, auf dem zeitversetzt die gleichen Bands spielen.
Die ersten zwei Jahre rockten die Musikfans noch das Münchner
Olympiastadion, 1997 zog das Festival auf das ehemalige
Reichsparteitagsgelände in Nürnberg um - und ist laut Veranstalter
heute das größte innerstädtische Festival Europas.
«Wegbereiter der modernen deutschen Festivalkultur»
«Rock am Ring und Rock im Park waren und sind zentrale Wegbereiter
der modernen deutschen Festivalkultur», heißt es vom Bundesverband
der Musikclubs und Festivals, Livekomm. «Trendsetter sind heute
zunehmend jüngere, progressivere Festivals, die unter finanziell
widrigen Umständen Nachwuchsmusikerinnen und -musikern eine Bühne
bieten.» Die Strahlkraft der Großveranstaltungen bleibe aber
unbestritten.
So feiern bei Rock am Ring und Rock im Park jedes Jahr viele
Zehntausend Fans - manche sind zum ersten Mal auf einem Festival,
andere kommen bereits seit Jahren regelmäßig. Teilweise seien das
sogar Eltern, die inzwischen mit ihren erwachsenen Kindern kommen,
sagt Rock im Park-Sprecher Matthias Adolph.
Die treuen Fans, die mit den Festivals altern, sind aus Sicht des
Branchenexperten Robert Stolt auch ein Grund, wieso die großen
Festivals weiter wachsen, während die mittleren zum Teil zu kämpfen
haben.
Im vergangenen Jahr seien in Deutschland etwa 50 Festivals verschoben
oder gleich abgesagt worden, sagt Stolt, der das Branchentreffen
«Future of Festivals» leitet. Diese litten unter stark gestiegenen
Produktions- und Personalkosten, die sie aber nur teilweise ans
Publikum weitergeben könnten.
«Die Kosten sind gestiegen, im Gagenbereich aber auch in den
Produktionskosten», hatte Matt Schwarz, Veranstalter von Rock am Ring
und Rock im Park, erklärt. «Durch die Komplexität der Anforderungen
sind wir enormen Steigerungen ausgesetzt.» Die könne und wolle man
nicht komplett auf die Preise umlegen. «Wir wollen niemanden vom
Festival ausschließen.»
Aber auch die finanziellen Interessen der Bands hätten sich geändert.
«Als ich angefangen habe, war das Gagenvolumen ein Viertel von dem,
was es heute ist», sagte er. Die Ticketeinnahmen allein reichten
nicht einmal zur Deckung der Kosten. «Dafür braucht man die anderen
Einnahmen vor Ort.»
Publikum ist vielfältiger geworden
Knapp 1.800 Musikfestivals gibt es der Bundesstiftung Livekultur
zufolge in Deutschland. Diese arbeitet gerade an einer Studie zur
Festivallandschaft hierzulande, die Ergebnisse sollen im September
vorliegen.
Vorstand Karsten Schölermann kann aber schon jetzt sagen: Das
Publikum der Festivals sei vielfältiger und das Line-up gemischter
hinsichtlich des Musikgenres geworden. Was sich aber auch beobachten
lasse: «Die Festivalpreise sind im Vergleich zur allgemeinen Teuerung
überproportional gestiegen.»
Früher seien die jungen Leute von Festival zu Festival gefahren,
erzählt Stolt. Bei Ticketpreisen von 200 bis 300 Euro für das
Wochenende sei das aber nicht mehr möglich.
Dazu kämen das Essen und die Getränke auf dem Gelände, wo ein Burger
an einem Imbissstand schnell mal 15 Euro koste. «Die ältere
Generation kann sich das natürlich leisten. Die haben ein Festival
pro Jahr, zu dem sie immer fahren, und das ist im Budget eingeplant.»
Für jüngere Leute seien deshalb kleinere Festivals attraktiver - oder
gleich welche in Kroatien, Albanien und anderen Ländern, wo es
günstiger sei.
Vorn mehr Erlebnisse, hinten ruhiger
Fakt ist, viele Menschen erwarten heute von einem Festival mehr als
nur gute Musik. Bei Rock am Ring und Rock im Park sollen sich die
Feiernden nicht nur vor den Bühnen, sondern auch auf einem kleinen
Volksfest mit Biergarten und Fahrgeschäften auf dem Gelände vergnügen
können.
In der vierzigjährigen Geschichte hat sich Deutschlands bekanntestes
Rock-Festival Rock am Ring deutlich gewandelt. «Das Bühnengeschehen
ist nicht mehr der einzige Mittelpunkt», hatte Schwarz erklärt.
Auch das Rockerleben hinter den Kulissen ist laut Veranstalter
deutlich ruhiger geworden. «Es war früher schon eine wildere Zeit. Es
werden viele älter, nicht nur wir», sagte er. «Wir haben jedes Jahr
mehr Leute für Massagen und Physiotherapie, die wir den Bands
anbieten.»
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